Nach "Death Sentence" und "Gesetz der Rache" steht mit "Auftrag Rache" in kürzester Zeit mittlerweile der dritte Film auf dem Programm, der sich mit dem Thema Selbstjustiz beschäftigt.
Und während ersterer mit Kevin Bacon ganz klar die "Death Wish"-Reihe mit Charles Bronson als *Rächer der Unterwelt* als Vorbild hatte, wich "Gesetz der Rache" mit Gerard Butler von der herkömmlichen "Ein Mann sieht rot"-Variante ab, und verpackte die Selbstjustiz-Thematik in ein wendungsreiches, komplexes und actionreiches Verwirrspiel, dass in einem gnadenlosen Psycho-Duell endete.
"Auftrag Rache" mit Mel Gibson schlägt widerum eine ganz andere Kerbe ein und präsentiert dem Zuschauer einen eher ruhigen und dialogreichen Vertreter des Genre, der anfangs gar nicht an das übliche Rächer-Szenario erinnert, vor allem aber im Finale ganz auf den genretypischen Rachefeldzug zugeschnitten ist, der von Bond-Regisseur Martin Campbell mit aller Härte und Konsequenz inszeniert worden ist.
Campbells Film erzählt uns auch nicht die Story vom sattsam bekannten und mehr zufällig verübten Alltagsverbrechen, dem auch hier wieder das Kind des Protagonisten zum Opfer fällt.
Die Ermordung der jungen Emma, einzige Tochter des altgedienten Bostoner Cops Thomas Craven, unterscheidet sich zwar in ihrer Brutalität nicht von den anderen Werken, doch hinter dem Motiv steckt etwas ganz anderes.
Emma wurde weder das Opfer einer Gang, noch wurde sie von einem perversen Triebtäter brutal vergewaltigt und bestialisch ermordet. Auf dem ersten Blick sieht es auch hier so aus, als wäre sie reinzufällig in die Schußbahn der Kugeln geraten, die augenscheinlich für ihren Vater bestimmt waren. Doch nach dem ersten Schock ist der Jagdinstinkt des Cops geweckt und er entdeckt Einzelheiten, die ihn zu einer unglaublichen, unfassbaren Wahrheit führen.
Und so entwickelt sich "Auftrag Rache" in erster Linie zu einem packenden, spannenden Thriller vor dem Hintergrund einer gigantischen Verschwörung, die bis in höchste Regierungs- und CIA-Kreise reicht.
Mel Gibson als Cop bekämpft seine Wut und seine Trauer in dem er das tut, was er sein ganzes Berufsleben lang gemacht hat: er ermittelt und kommt der Wahrheit gefährlich nahe. Die mächtigen Männer im Hintergrund setzen alles daran, alle Zeugen zum Schweigen zu bringen - doch sie haben die Rechnung ohne Thomas Craven gemacht - einem Mann, der nach der kaltblütigen Ermordung seiner Tochter nichts mehr zu verlieren hat und vor allem im rauen Finale einen gnadenlosen Rachefeldzug startet, der im krassen Gegenteil zu der bis dahin eher ruhigen Gangart dieses dramatischen Thrillers steht.
So reißerisch der Titel klingen mag, so ruhig ist der Film inszeniert. Wer hier eine Actionorgie wie bei "Gesetz der Rache" oder endlose Feuergefechte wie bei "Death Sentence" erwartet, der wird möglicherweise von Mel Gibsons neuestem Film enttäuscht sein.
Bis es hier handfest zur Sache geht und Mel Gibson erstmals zur Waffe greift vergeht schon eine gute Stunde, doch bis dahin lebt der Film nicht von pausenloser Action, sondern vor allem auch von dem intensiven Spiel seines Hauptdarstellers und einer - für einen Film diesen Kalibers - eher ungewöhnlichen Bildsprache.
Man sollte sich schon auf diesen Film und die vollkommen unerwartete Auseinandersetzung mit der Thematik mit aller Konzentration einlassen, um auch den metaphorischen Charakter einzelner Szenen verstehen zu können:
wenn beispielsweise Mel Gibson sich das Blut seines Kindes von den Händen wäscht und es langsam vom Waschbecken in den Abfluss läuft und dort für immer verschwindet, dann wird in dieser Szene ausgedrückt, wie seine Tochter endgültig von ihm geht - und das auf eine Art, wie sie Worte, Gestik oder Mimik niemals ausdrücken können.
Und wenn in der letzten Szene Mel Gibson seine tote Tochter erscheint und sie beide auf ein helles Licht zulaufen, so mag diese Szene auf den ersten Blick seltsam erscheinen und auch nicht einer gewissen Theatralik entbehren, doch sie drückt nichts anderes aus, als dass Vater und Tochter im Tode wieder vereint sind.
"Auftrag Rache" ist das, was man zumindest in diesem Genre kaum vermuten würde: eine ruhige Mischung aus Thriller- und Rachedrama, das vor allem in den wenigen actionbetonten Momenten die unweigerliche Härte, die man von diesem Genre erwartet, mit aller Konsequenz ausspielt und trotz seiner dialoglastigen Inszenierung, vor allem aber wegen der wendungsreichen Entwicklung der Geschichte, niemals langweilig wird, den Zuschauer von Beginn an fesselt und ihn mit einem schockierenden Finale fast aus dem Kinosessel haut.
Ein starker, ungewöhnlicher Film und nur Leuten zu empfehlen, die sich auf eine ruhigere Gangart einlassen können und kein endloses Dauerfeuer erwarten.