Review

Episoden 037 bis 068

037: Winter, Winter

Eine schöne saisonale Folge ist „Winter, Winter", die sich um einen Schneemannbau-Wettbewerb dreht, den die Zwillinge ausgerufen haben. Bei Heißgetränken und Würstchen sollen die Dorfbewohner am Hausboot Schneemänner bauen, woraufhin Mona und Lisa den schönsten küren wollen. Doch leider liegt noch gar kein Schnee und sieht es zunächst auch überhaupt nicht danach aus, als würde es schneien. Mittels eines Reims, den sie aufgrund seines ungewöhnliches Versmaßes gleich zweimal singen müssen („Du kannst nicht woll'n, dass ganz vergebens harrt die / Gesellschaft hier auf Schnee bei uns'rer Party!") rufen die Zwillinge Galaktika herbei, die jedoch nicht helfen kann, da sie keinen Einfluss auf das irdische Wetter habe. Darauf reagieren die Zwillies erbost und lassen ihre Wut über das Wetter an der armen Andromedanerin aus. Als es dann doch endlich zu schneien beginnt, geschieht dies zunächst von den Hausbootbewohnerinnen unbemerkt (ein schöner Moment für die jungen Zuschauer, sich über sie lustig zu machen oder ihnen zuzurufen), doch dann kann die Sause endlich steigen. Man versammelt sich am Hausboot und baut vergnügt, Spencer tanzt mit seiner „Schneefrau" aus der Reihe. Doch der Schneefall wird immer stärker, so sehr, dass die fleißigen Bauer die Möhren und Kohlenstücke unter der Schneedecke nicht mehr wiederfinden und darüber in Streit geraten. Das war aber noch die harmloseste Auswirkung, eine regelrechte Schneekatastrophe bricht sich bahn; zwischenzeitlich gilt Nepomuk gar als vermisst und Kasimir hat „den Schneebesen oben vergessen". Am Ende wird natürlich alles gut und Spencer gewinnt, weil er Lexis Pilzhaus kurzerhand zu einem Schneemann ummodelliert hat. Diese Folge, für die das Runddorf in eine herrliche Winterkulisse mit viel Kunstschnee getaucht wurde, thematisiert neben einer kurzen Geschlechter- bzw. Sprachdebatte um Schneemann und -frau die oftmals unerfüllte Erwartungshaltung an das Wetter, es doch bitte im Winter kräftig schneien zu lassen, zeigt aber auch, welch zweischneidiges Schwert der Schnee sein kann, wenn er dann da ist: Einerseits lädt er zu kreativem Spiel im Freien ein und vermittelt winterliche Atmosphäre, andererseits kann er, wenn er kein Ende mehr nimmt, zu einem echten Ärgernis bis hin zu einer handfesten Gefahr werden. Damit lädt „Winter, Winter" auch ein erwachsenes Publikum ein, es sich mit ihr pünktlich zum Wintereinbruch in der warmen Stube vor dem Fernsehgerät gemütlich zu machen.

038: Spencer will nicht mehr

Um Kritikformen und -fähigkeit geht es in „Spencer will nicht mehr": Der Gute ist nämlich schwer beleidigt, nachdem er von „Achim aus Ratzeburg" einen bitterbösen Brief bekommen hat, in dem seine komplette Sendung niedergemacht wird. Zwar schickt ein gewisser Achim aus Buxtehude (!) einen Brief gegenteiligen Inhalts kurz darauf per Rohrpost, was Spencer wieder motiviert, dennoch nimmt er sich die Kritik weiterhin sehr zu Herzen und versucht, seine Sendung entsprechend zu verbessern. Da die Quietschbeus ein Stein des Anstoßes waren, fordert Spencer sie unwirsch auf, „schnell, kurz und knapp" zu singen, woraufhin diese ihrerseits beleidigt reagieren, Spencer musikalische Kompetenz absprechen und sich gänzlich zu singen weigern. Verhandlungs- und Überzeugungsversuche scheitern, die Band braust auf ihrem Motorrad davon. Spencer versucht, sie einzuholen und erlegt Elvis auf, ihn im Studio zu vertreten. Der verunsicherte, bemitleidenswerte Elvis beginnt zunächst, von seinen Kakteen zu reden, um anschließend eine Stepptanz-Einlage (!) abzuliefern, was irrsinnig komisch ist. Zudem stellt er fest, gar nicht Fingerschnippen zu können, weshalb er verbal mittels „Schnipp!" zur nächsten Szene überleitet. Spencer raunt derweil auf seiner Tour durchs Dorf mehrere Bewohner an, dieses und jenes müsse sich alles ändern. Die Situation eskaliert jedoch vollends, als die Quietschbeus sich scheinbar bereit erklären, Spencer Anweisungen folge zu leisten, nach ihrem „schnellen, kurzen und knappen" Song aber gleich drei anonyme beleidigende Briefe identischen Inhalts an Spencer schicken. Spencer, nun völlig am Ende, verlässt das Studio und singt seinerseits ein Lied, in dem er beteuert, keine Lust mehr zu haben. Zurück im Studio kommt ihm die Idee, sich eine neue Identität zu geben und sich zu verkleiden. Als Handwerker Recneps Ollah verrichtet er Hilfsarbeiten im Dorf und bekommt dadurch mit, dass die Bewohner ihren alten Spencer vermissen, wodurch sich letztlich alles wieder zum Guten wendet. Diese vordergründig sehr witzige und damit überaus gelungene Folge zeigt, dass (nicht nur) bei Kritik der Ton die Musik macht und man sich von vereinzelten negativen Meinungen nicht gleich aus dem Konzept bringen lassen sollte - schon gar nicht, wenn das auf Kosten verdienter Freunde und Kollegen geschieht. Somit vermittelt diese Folge wichtige soziale Botschaften, die sowohl im Berufs- als auch im Privatleben vielen Menschen bis heute nicht geläufig zu sein scheinen.

039: Denkmalschutz

Auf schön verrückte Weise wirft diese Folge unterschiedliche Themen zusammen, ausgehend von Nepomuks Enthüllung seines neuen Denkmals, die feierlich mit Festreden und Musik von den Dorfbewohnern begangen wird - was natürlich nicht frei von lustigen Pannen gelingt. Dass sein Schloss unter Denkmalschutz steht, muss Nepomuk mehrfach betonen, als sich die Dorfbewohner aufgrund der Geschichtsträchtigkeit des Gemäuers Steine herauszuklopfen beginnen, um sie als Souvenirs mitzunehmen - für viele Kinder dürfte es das erste Mal gewesen sein, mit diesem Thema konfrontiert zu werden. Als weiteres Ärgernis entpuppt sich der vornehmlich aus Altpapier bestehende Müllhaufen an der Kreuzung, denn diverse Dörfler scheinen über keinerlei Umweltbewusstsein zu verfügen; zudem wird Kasimirs Gutmütigkeit ausgenutzt, als Spencer ihn beauftragt, den Müll wegzuräumen. Inspiriert vom Künstler Christo war dann offenbar die Idee Nepomuks, sein Schloss mit dem Altpapier zu verhüllen, die zahlreiche weitere Dorfbewohner nachkamen und ihre Behausungen schmuckvoll unter Papier verstecken - außer Spencer, der lieber sich selbst als Schlusspointe in Papier verpackt. Gar nicht gut weg kommt diesmal Lexi, der als unsympathischer Bildungsbürger mit elitärem Habitus und unkollegialem Verhalten gezeigt wird. Umweltbewusstsein und Kunstverständnis vermittelt demnach diese Folge, die u.a. eine schöne schnittfreie Kamerafahrt durch das Runddorf bietet und erneut mit viel Wortwitz und dem Dorf-typischen Chaos auch älteren Zuschauern viel Spaß macht.

040: Der Schimpfkönig

Kindlicher als viele andere Folgen ist die recht alberne „Der Schimpfkönig", die zwei Handlungsstränge miteinander vereint: den um Poldis neuen „Trick", „Ich will dich fressen!" zu sagen, also ausnahmsweise korrekte Grammatik zu verwenden, um den Überraschungsmoment seines jeweiligen Gegenübers auszunutzen und es zu fressen sowie den um Gefluche und Geschimpfe, angefangen mit Elvis, der seine Lulu zitiert, die ihn wutentbrannt und schimpfend wie ein Rohrspatz aus dem Eisenbahnwaggon geworfen hat, bis hin zu Kasimir, der gern anderen beim Schimpfen zuhört und seine eigenen Schimpfwörter erfunden hat. Elvis rennt aufgekratzt als „bester Warner westlich von Wülferode" (Spencer) durchs Runddorf, findet jedoch kaum Gehör, wird nicht ernstgenommen und fällt in erster Linie störend auf. Lediglich die Quietschbeus sind ähnlich nervös, ist der Jungdrache doch sauer auf sie, weil sie gerade einen Drachenverhöhnsong gesungen haben. Leider ergibt das alles wenig Sinn, da Poldi niemanden ernsthaft fressen will und auch die kleinsten Zuschauer mittlerweile längst wissen dürften, dass Poldi keine Dorfbewohner frisst. Kasimir arbeitet unterdessen weiter an seiner Niedlichkeit, indem er andere aufmerksam beim Schimpfen belauscht und kolportiert, er habe sich eigene ganz böse Schimpfwörter ausgedacht, weil ihm die gebräuchlichen nicht gefielen: Hümpeldingerwaffra und dessen Steigerung Hümpeldingeroberwaffra. Nicht einmal den Grund für Lulus Streit mit Elvis erfährt man, lediglich, dass sie diesen längst wieder vergessen habe. Immerhin zeigt diese Folge, wie schnell es sich böse schimpft, ohne dass es auf Dauer so gemeint wäre, was sicherlich eine wichtige Botschaft ist, die die meisten kleinen Schimpfopfer unter den Zuschauern hoffentlich bereits kannten.

041: Spencers Musikfestival

Einen kindgerechten Einblick in die Herausforderungen bei der Organisation eines Musikfestivals, hier spaßigerweise von Spencer stets „Musikfestivalfest" genannt, bietet diese Folge. Nepomuk ist so gar nicht damit einverstanden, dass es in seinen ihm heiligen Gemäuern stattfinden soll, manch ein Reim will erst noch gefunden, ein Text fertiggeschrieben oder ein Stück -komponiert werden und die Quietschbeus sind sich noch gar nicht sicher, ob sie überhaupt auftreten werden. Zünglein an der Waage ist Karl-Gustav, der sich einfach nicht entscheiden kann und viel hin und her überlegt: „Einerseits... aber andererseits..." Erstmals thematisiert die Serie damit seine Entscheidungsfindungsschwierigkeiten, die von nun an zu einer Art Running Gag avancieren sollten. Natürlich klappt am Ende glücklicherweise doch noch alles und in der Natur der Folge liegt es, dass sie das mit diesmal gleich mehreren musikalischen Beiträgen feiert. Die Puppenspieler leisten dabei ganze Arbeit und auch die Stückauswahl ist gelungen, wenn auch sicherlich nicht jedermanns Sache. Es besteht aber die Chance, dass die jüngsten Zuschauer in ihrer Kreativität angeregt werden, wenn sie sehen, dass im Prinzip jeder ein kleines, nettes Lied zustande bringen und daran nicht nur Freude haben, sondern anderen auch Freude schenken kann.

042: Poldi hat Mandelentzündung

Der arme Poldi leidet unter einer Mandelentzündung und klagt daher über starke Halsschmerzen. Einerseits würden die Dorfbewohner ihm gern helfen, andererseits misstrauen sie dem Jungdrachen - immerhin könnte es sich um eine Falle handeln. Will Poldi sie am Ende fressen? Mit viel Witz zeigt diese Folge, wie schnell einem Unrecht getan werden kann, aber auch, dass man manchmal etwas Mut aufbringen muss, wenn man wirklich jemandem helfen möchte. Höhepunkte sind die Dialoge, die sich die als Rotkäppchen verkleidete Mona mit Poldi liefert und die Elvis-Attrappe, die Nepomuk ausgerechnet aus einer Kohlrübe zum Leidwesen Elvis' nachbaut. Mit dieser möchte man Poldi auf die Probe stellen und tatsächlich zerfetzt er sie zum allgemeinen Entsetzen leidenschaftlich, als sie ihm zugeworfen wird - um hinterher zu beteuern, dass er natürlich ganz genau gewusst habe, dass das nicht der echte Elvis ist. Herzallerliebst dann, wie rührend sich schließlich sämtliche Dorfbewohner um den Patienten kümmern, so dass er rasch gesundet.

043: Maskenball

Diese Folge ist eine inhaltlich ganz besondere: Zum einen läutet sie Neros (nur zwei Folgen andauerndes) Comeback ein, für das er beinahe so etwas wie richtige Dialoge bekommt, zum anderen parodieren sich die Dorfbewohner gegenseitig, nehmen also die verschiedenen Charakteristika der Figuren auf die Schippe. Außerdem bekommt man erstmals das Innere Kasimirs Fahrstuhls zu sehen (weiß jedoch noch immer nicht, was sich im ersten Stock befindet). Auch qualitativ ragt „Maskenball" stark hervor und dürfte eine der witzigsten Episoden der gesamten Serie sein. Das beginnt schon mit dem maskenballorganisationsbedingten Chaos zu Beginn, in dem Spencer kaum zu Wort kommt und erst laut werden und zum militärischen Befehlston übergehen muss (nicht nur „Raus!", sondern auch „Rein!"). Da sich die Dorfbewohner nicht darauf einigen können, wer welches der von Lulu geschneiderten Kostüme trägt (jeder Dörfler existiert auch in Form eines Kostüms), wird kurzerhand Galaktika herbeigerufen, die in denselben zackigen Ton verfällt (!) und nicht nur die Kostüme verdeckt zuteilt (so dass niemand weiß, wer welches bekommt), sondern auch eines für sich und den schwarzen Unhold Nero dazuschmuggelt, denn beide wollen mitfeiern. Während die Dorfbewohner nun fröhlich feiern, sich gegenseitig tatsächlich nicht erkennen und dadurch, dass sie in ihren Rollen bleiben möchten, mit verstellten Stimmen ihr jeweiliges Alter Ego parodieren, möchte Nero Unfrieden stiften, indem er Poldi dazu zu verleiten versucht, jemanden zu fressen - doch Galaktika gibt auf ihn Acht, außerdem sind die vergnügten Dorfbewohner kaum anfällig für Neros Versuche, unerkannt zu sabotieren. Durch Neros Anwesenheit und seine perfide Taktik mischt sich jedoch etwas Düsteres in die ansonsten so lustige Folge, was - im kleinen, auch für die Kleinsten verträglichen Rahmen, versteht sich - beinahe so etwas wie Halloween-Atmosphäre erzeugt, eben diese bestimmte Mischung aus Feierlaune und kultiviertem Grusel. Bei Begegnung mit seinem Alter Ego bekommt übrigens manch Runddörfler einen Spiegel vorgehalten, was hier und da zu etwas Selbstkritik führt. Eine großartige Folge für die ganze Familie, die richtig Lust auf einen Maskenball macht - und auf weitere Begegnungen mit den Bewohnern des Spencer-Dorfs.

044: Ein Zeugnis für Galy

Reichlich bizarr ist diese Folge ausgefallen, in der die gute Galaktika dringend ein Zeugnis aus dem Spencer-Dorf benötigt, das ihr bescheinigt, dass sie den Dorfbewohnern eine große Hilfe ist. Da sie dafür zunächst noch eine gute Tat vollbringen muss, sucht sie verzweifelt nach einer Möglichkeit, sich mit ihren andromedanischen Kräften einzubringen. Dabei verschlimmert sie die jeweilige Situation jedoch nur und bringt sogar die Dorfbewohner gegen sich auf, wenn sie Elvis innerhalb eines Gesprächs sowohl mit Spencer als auch mit seiner Lulu in den unpassendsten Momenten hin- und herbeamt (großartig) oder Nepomuks Schloss so sehr absichert, dass er sich in einem Gefängnis wähnt. Stilistisch aus dem Rahmen fällt diese Folge aus mehreren Gründen: Zum einen lernt man Galaktika hier einmal von einer anderen Seite kennen; statt wie sonst besonnen über den Dingen stehend wirkt sie aufgekratzt, mitunter beinahe zickig und verzweifelt. Zum anderen wurde mit dem ständig Poldis Deutsch korrigierenden Lexi ein penetranter, nichtsdestotrotz lustiger Running Gag eingebracht. Und zu guter Letzt erhielt Lulu hier eine andere Sprecherin. In der Szene, in der Galaktika den immer hungrigen Poldi sättigt, wurde mit Spezialeffekten gearbeitet, indem diverse Speisen ins Bild hineingeschnitten wurden. Poldi singt übrigens abermals sein „Poldi heiß‘ ich armes Schwein..."-Liedchen, diesmal jedoch mit angepasstem Text. Auch Galy darf ein Lied singen, dafür entfällt der sonst obligatorische Quietschbeus-Song. Letztlich zeigt diese Episode, wie schwierig es sein kann, jemandem zu helfen, der gar keine Hilfe benötigt. Möglicherweise ist dies bereits ein Schritt in die spätere Ausrichtung der Serie, in der die Dorfbewohner sich zunehmend selbst zu helfen wissen und nicht mehr auf andromedanische Hilfe von außen angewiesen sind.

045: Kasis Kastanien

Eine höchst interessante Folge haben wir hier: Kasi hat einen neuen, sperrigen Kastaniengrill, den er nicht ohne Hilfe auf sein Baumhaus bekommt. Lulu und Nepomuk wollen ihm helfen, wobei Nepi tatkräftig anpackt, während Lulu ihm mit ihren möchtegernschlauen Kommentaren bei gleichzeitigem Nichtstun so sehr auf die Nerven geht, dass er ihr eins auswischen will und kurzerhand Kasis kompletten Kastanienvorrat für sich beansprucht, die Baumfrüchte als neues Zahlungsmittel etabliert und eine Bank gründet, denn: zukünftig gibt es nichts mehr umsonst! Zugegeben, die Ausgangssituation ist reichlich konstruiert und bemüht und ihre unmögliche Art passt so gar nicht zur sonst eher smarten Lulu, doch was dann folgt, ist ein Lehrstück in Sachen Kapitalismus: Nepomuk nimmt die Rolle der besitzenden Oberschicht ein, die ihren Reichtum durch Ausbeutung erlangt hat (immerhin stiehlt er strenggenommen Kasis Kastanien) und verteilt je 30 Kastanien an jeden Dorfbewohner, unter denen fortan nicht mehr das soziale Miteinander obere Priorität genießt, sondern die Gier nach dem neuen Zahlungsmittel - ohne Nepomuks Besitzstand in Frage zu stellen. So möchte jeder möglichst viel abbekommen; Lulu verbreitet die Neuigkeiten, die sie als Fortschritt empfindet, die Quietschbeus wollen nicht mehr ohne Entlohnung singen usw. Sehr anschaulich zeichnet diese Episode die negativen Folgen einer kapitalistischen Gesellschaftsordnung nach, bis hin zum Einfluss auf „staatliche Behörden", als Spencer Elvis‘ Einwohnermeldeamt gegen Kastanien eintauscht - was als Allegorie auf die zunehmende Privatisierung staatlicher Institutionen verstanden werden darf. Für ein Kindersendungsformat ist der systemkritische Gehalt dieser Folge höchst ungewöhnlich und manch Erwachsener könnte aus ihr ebenfalls noch etwas lernen.

046: Die Schnitzeljagd

Elvis ist sauer, weil seine Bahnkursbücher zu Papierschnitzeln verarbeitet wurden. Doch Nepomuk hält die im Dorf ausgelegten Papierschnitzel für Umweltverschmutzung und liefert sie in einem Sack im Studio ab. Nun ist Improvisationsvermögen gefragt, denn die Schnipsel dienten als Fährten für die großanberaumte Schnitzeljagd! Da jedoch weder Spencer noch Elvis wirklich etwas einfällt, rufen sie kurzerhand Galaktika, die die Fährten erneut auslegt – gegen das Versprechen, sie hinterher wieder einzusammeln. Auch sie hält also den Umweltschutzgedanken aufrecht. Bereits dieser Auftakt sorgt für eine wichtige Begriffserklärung: Heutzutage sagt man ja eher Schnipsel als Schnitzel und weiß gar nicht mehr, worauf das Schnitzel in „Schnitzeljagd“ zurückgeht – eben nicht auf Nahrungsmittel. Nun kann es endlich losgehen. Die Quietschbeus singen an der Kreuzung, dem Treffpunkt aller Teilnehmerinnen und Teilnehmer, ein fröhliches Lied und geben sich überaus siegessicher. Poldi hingegen ist enttäuscht, dass es um keine „panierten Schnitzel“ geht und mag nicht mehr mitmachen. Nepomuk will wie üblich seine Ruhe haben, wurde aber gegen seinen Willen als Station, bei der es etwas zu erfragen gilt, ausgewählt, woraufhin er widersprüchliche Angaben macht. Spencer leitet, moderiert, beobachtet und kommentiert das Spiel, alle anderen machen mit – und müssen sich manch Herausforderung stellen und diverse Aufgaben lösen. Natürlich geht es dabei gewohnt turbulent und dadurch unterhaltsam zu. Seltsamerweise wird im Finale aber gar nicht mehr nach den Lösungen der einzelnen Wissensaufgaben gefragt. Sei’s drum, diese Folge macht Spaß und dem jungen Publikum bestimmt Lust, selbst eine Schnitzeljagd zu unternehmen. Besonders schön auch Nepis Entgegnung auf Spencers Frage, woher er käme: „Vom Walde.“

047: Arche Moli

Es regnet im Spencer-Dorf - und wie! Es tropft von den Decken, Lexi fürchtet schon Pilzbefall seines Pilzhauses und Poldi kann sich vor lauter Nässe nicht mehr am Bimsstein seines Kraters schubbern. Der arme Elvis ist schwer erkältet und verliert gar seine Stimme. Da liegt es nahe, vom Schlimmsten auszugehen - einer biblischen Sintflut. Dafür braucht man natürlich eine Arche und Kasi hat den rettenden Einfall, das Hausboot der Zwillinge als eine solche zu nutzen - die „Arche Moli". Mit viel Sprachwitz und einigen herrlichen eingestreuten Erwachsenensprüchen steckt diese verregnete Folge voller Anspielungen auf religiöse Mythologie und bietet Konfliktpotential, als es nicht nur darum geht, was alles auf die enge Nussschale der Zwillies mitgenommen werden darf, sondern auch wer. Einmal mehr erscheint Lexi in diesem Zusammenhang wenig sympathisch, als er am liebsten Poldi zurücklassen würde. Für die Kulissen betrieb man sicherlich einiges an Aufwand, um den Regen zu simulieren und sie so richtig feucht und düster erscheinen zu lassen und am besten macht man es sich für diese trotz der existenzbedrohenden Situation spaßige Episode bei Schietwetter in der muckeligen Bude so richtig gemütlich.

048: Dornröschen:

Nach „Schneewittchen" und „Sechse kommen durch die ganze Welt" ist „Dornröschen" die dritte Märchenfolge, was bedeutet, dass die Runddörfler das klassische Märchen der Gebrüder Grimm aufführen - auf ihre eigene Weise: Liebevoll und witzig, mit viel Improvisationen, Nachfragen und stückfremdem Gequassel untereinander. Spencer führt als Sprecher durch die Aufführung, während Lulu zeitweise die inhaltliche Logik des Stücks infrage stellt und die Quietschbeus das Kunststück vollbringen, 100 Jahre in einem zweiminütigen Lied zusammenzufassen. Am besten erwischt es aber Karl-Gustav, der schließlich Lisa küssen darf - im Rahmen des Stücks, versteht sich. Diese Episode bringt den Kleinen auf amüsante und lockere Weise den Märchen-Klassiker näher und wer ihn schon kennt, darf sich über die individuelle Interpretation freuen.

049: Weibliche Sängerin zum Singen gesucht

Die Zwillinge streiten sich ja mal gern, doch diese Folge hätte das Tuch zwischen ihnen beinahe auf ewig zerschnitten: Die Quietschbeus rufen ein Sängerinnen-Casting für ihren neuesten Song ins Leben, Lulu, Mona und Lisa erscheinen zum Vorsingen. Die Wahl der Band fällt auf Mona, doch noch bevor sie das Stück einsingen kann, vergiftet Lisa ihre Schwester mit Essig, so dass deren Stimme weg ist und gibt sich den Quietschies gegenüber als Mona aus. Die Suche nach einem Quietschgirl und was sie schließlich auslöst, fungiert als Allegorie auf das Showgeschäft und den Konkurrenzkampf mit seinen harten Bandagen, der entbrennt, sobald kleine Lichter ihre fünf (oder mehr) Minuten Ruhm wittern. In der Gegenwart, in der Castingsendungen im TV Hochkonjunktur haben, ist diese Episode inhaltlich aktueller denn je. Ferner erklärt und übersetzt sie viele Anglizismen der Musikbranche und erläutert möglicherweise erstmals, woran Mona und Lisa überhaupt zu unterscheiden sind (die Haare!). Letztendlich lohnt sich jedoch all der Aufwand mit all seinen Konflikten, denn die Quietschbeus führen schließlich ihren bis zu diesem Zeitpunkt vielleicht besten Song auf!

050: April, April

Spencer hat den Schalk im Nacken und schickt seinen Assistenten Elvis sprichwörtlich in den April, indem er ihn bittet, seinen „Kreisbogen" bei Lexi abzuholen, damit er weiter an seiner Karte des Runddorfs arbeiten könne. Doch was Elvis nicht ahnt: Es gibt gar keinen Kreisbogen. So wird er von Pontius zu Pilatus und zurück geschickt, von manch Dorfbewohner für bescheuert erklärt und droht tatsächlich, langsam aber sicher den Verstand zu verlieren. All seiner Verzweiflung zum Trotz liefert er jedoch auch die entscheidenden Inspirationen für den neuen Quietschbeus-Song, der sich mit der Tradition der Aprilscherze befasst. Ja, Elvis kann einem gerade in dieser Folge extrem leid tun. Jemand wie Kasimir sieht das genauso und verurteilt Spencer für seinen seiner Meinung nach aus dem Ruder laufenden Scherz, woraufhin Spencer gar handgreiflich gegenüber dem Kastanienbewohner wird! Andererseits trägt Elvis eine Mitschuld, da er in seiner Überheblichkeit partout niemandem gegenüber eingestehen will, dass er gar nicht weiß, was ein Kreisbogen ist und im Gegenteil sich sogar über andere lustig macht, die dies offen zugeben. „Hochmut kommt vor dem Fall" (außer im Duden) ist somit eine der Aussagen dieser Folge, die gleichsam mit Spencer mitlachen und mit Elvis mitleiden lässt, vor witzigen Dialogen nur so strotzt und natürlich gegen Ende die eine oder andere Wendung bereithält.

051: Das muß aber alles ganz riesig schnell gehen

In der vorausgegangenen Folge war es noch April, nun ist es schon Herbst: Nach der Sommerpause meldet sich Spencer aus dem warmen Studio zurück, in dem Elvis neben ihm im Mantel steht - es handelt sich um die neueste Kreation seiner Freundin Lulu und er ist mächtig stolz auf sie (Kreation und Lulu). Es fehlt jedoch noch ein Knopf, was jedem auffällt und somit zum Running Gag wird - sogar Lulu höchstpersönlich spricht ihren Elvis darauf an! Von Vorfreude erfüllt sind die Quietschbeus, die im Winter auf Tour gehen werden und sich ihre Bühnenkostüme von Lulu schneidern lassen. Doch da sich die Combo aus dem Runddorf auch überregional größter Beliebtheit erfreut, trudelt eine Rohrpost nach der anderen ein, die Zusatzkonzerte noch vor dem bisher anvisierten Tour-Starttermin offeriert: Die Dortmunder Westfalenhalle, die Kieler Ostseehalle und die Wiesbadener Rhein-Main-Hallen wünschen sich die Beus herbei! Dadurch wird die Zeit für Lulu natürlich immer knapper. Außerdem nervt Lexi mit seiner penetrant pedantischen Art, mit der er einen Overall mit speziellen Taschen für seine Stifte („12,8 statt 13 Zentimeter!") von Lulu einfordert. Zeit für Elvis bleibt der tapferen Schneiderin da leider kaum noch, sodass er weiter ohne Knopf und nun auch noch gekränkt herumlaufen muss. Schließlich greift Elvis selbst zu Nadel und Faden und singt dabei ein kurzes schwermütiges Lied. Was er in diesem Moment nicht ahnt: Seine Lulu, die sich auch schon mit Gesang ihre Arbeit zu versüßen versucht hatte (die beiden sind sich manchmal ähnlicher als es den Anschein hat), hat kurzerhand die Arbeit Arbeit sein lassen und sich viel lieber ihrem Faschingskostüm gewidmet, in das sie schließlich schlüpft und zu Elvis eilt, um sich mit ihm zu vertragen und der gemütlichen Zweisamkeit zu frönen. Ja, Elvis kann einem auch in dieser Folge über Zeitmanagement regelrecht leidtun. Lulu wiederum erinnert mich hier an die fleißige und freundliche Schneiderin in der Buxtehuder Hauptstraße! Das Dorf wurde hübsch herbstlich hergerichtet, sogar ein Windchen weht. Die plötzlich über ungeahnte Popularität verfügenden Quietschbeus singen ein Lied über Nacht, Kerzenschein und den sonnigen Morgen - und rauben Spencer mit dem Brummen ihres Bassverstärkers anschließend den letzten Nerv. Da dieser Vorgang nichts zur eigentlichen Handlung beiträgt, lässt sich nur erahnen, dass da persönliche Erfahrungen des Drehteams Pate standen - möglicherweise ein Insider-Gag. Lulus Verhalten gegen Ende der Episode versieht diese mit einem wichtigen Statement zugunsten einer gesunden Work-Life-Balance und hat hoffentlich geholfen, manch Burnout vorzubeugen. Insofern eine überaus wichtige Folge!

052: Die Mona ist immer so frech

Was Vorurteile bewirken können und wie verkehrt sie oft sind, zeigt in natürlich unnachahmlicher „Hallo Spencer"-Manier diese Folge, in der die Zwillinge den Fußboden ihres Hausboots neu gestrichen haben und deshalb die neue Pinnwand in Spencers Studio mit einem Gesuch nach einer externen Schlafmöglichkeit für eine Nacht einweihen. Doch während die vordergründig immer so nette Lisa sofort bei Lulu und Elvis im Eisenbahnwaggon unterkommt, möchte kaum jemand die angeblich immer so freche Mona bei sich aufnehmen - außer der ja stets hilfsbereite Kasi, doch der hat die ganze Nacht Kastanien eingekocht und schläft ein, bevor er Mona hinauf ins Baumhaus bitten kann. Tatsächlich macht es im anfänglichen Dialog zwischen den Geschwistern den Eindruck, als sei Mona nahezu unerträglich frech, denn sie geht nicht gerade zimperlich mit Lisa um. Doch wie der Schein trügt, zeigt sich, als Lisa sich kräftig im Eisenbahnwaggon danebenbenimmt und so unverschämt ist, die Gastfreundschaft ihrer Gastgeber mit Füßen zu treten. Der verzweifelten Mona nimmt sich schließlich Poldi an, der in seiner liebenswerten Naivität einen feuchten Kehricht auf Monas schlechten Ruf gibt und sie zum Pfannkuchenbacken am Krater mit anschließender Nachtruhe auf dem warmen Moos einlädt. Diese menschliche Verhaltensmuster karikierende Folge hält nicht nur eine wichtige Botschaft höchst unterhaltsam und sogar richtiggehend emotional verpackt bereit, sondern charakterisiert die beiden Zwillies auf bisher kaum dagewesene Weise individuell, während die Quietschbeus wieder einen echten Hit im Gepäck haben. Ganz tolle Folge mit einem weiteren interessanten Detail: Anscheinend sind Mitternachtssnacks im Runddorf nicht Ungewöhnliches.

053: Lexis große Liebe

Im Spencer-Dorf ist der Poesiebuch-Wahn ausgebrochen, von Spencer glatt als Seuche bezeichnet: Fast jeder möchte jedem irgendetwas Nettes ins Poesiebuch schreiben, lediglich Nepomuk verweigert sich beharrlich dem neuen Trend und Spencer beobachtet die Szenerie aus seinem Studio heraus. Auch die Zwillinge verstehen sich wieder so gut, dass Lisa ihrer Schwester Mona Liebeszeilen ins Büchlein schreiben möchte, sich in einer Situation jedoch gezwungen sieht, die Seite, die noch keinen Empfängernamen enthält, zu zerknüllen und aus dem Fenster zu werfen. Ausgerechnet der sonst so vernunftverhaftete Lexi findet diesen - und projiziert die Zeilen auf sich. Hals über Kopf verliebt er sich in die Absenderin... Mit viel augenzwinkernder Ironie greift diese Folge den in den '80ern populären Poesiebuch-Trend auf und exerziert an Lexi die Phasen plötzlicher erster Verliebtheit durch, der fast den Verstand zu verlieren droht und sogar in Ohnmacht fällt. Dabei handelt es sich doch um ein Missverständnis - und doch wieder nicht, wie die weitere Entwicklung zeigt. Die Beziehung Lexis zu Lisa wird in dieser Episode neu definiert, man lernt Lexi von einer vollkommen neuen Seite kennen (gar eifersüchtig und von gewalttätigen Gedanken getrieben wird der Gute) und für diversen Sprachwitz ist natürlich auch wieder Platz. Eine schöne Folge letztlich über die irrationale Kraft der Liebe.

054: Die Stellvertreter

Den berühmtem Begrüßungsspruch murmelnd blättert Elvis geistesabwesend in seinen Karteikarten (dem Einwohnermeldeamt?), muss jedoch entsetzt feststellen, dass Spencer gar nicht da ist und er für ihn einspringen muss! Vor lauter Aufregung bekommt er es nicht einmal mehr hin, die Begrüßung fehlerfrei zu artikulieren. Der Ärmste ist dem Wahnsinn nahe, das reinste Nervenbündel! Kurz nachdem er das Studio verlassen hat, betritt Spencer dasselbe im Ausgehmantel, jedoch nur kurz. Er erklärt den Zuschauerinnen und Zuschauern, dass ihm eine Erbschaft in Aussicht gestellt worden sei und er den Notartermin wahrnehmen wolle. Eine entsprechende Mitteilung hat er auf ein breites Transparent geschrieben, das er jedoch in einzelne Stücke zerreißt und heimlich im Dorf verteilt, um den Bewohnerinnen und Bewohnern ein Rätsel aufzugeben. Weshalb er es so kompliziert macht, bleibt unklar - sicher ist aber, dass er damit reichlich Verwirrung stiftet. Elvis glaubt unterdessen, Poldi habe Spencer gefressen, dabei hat der Jungdrache sich lediglich Lulus Speckkuchen gemopst und verzehrt. Im Studio finden sich Lulu und Lexi ein, die sich nicht einigen können, wer von ihnen nun Spencer vertreten soll, jedoch beide ohnehin nicht Fingerschnippen können. Sie entdecken jedoch eine interessante technische Eigenheit des Studios: Durch einfaches Hauen auf den Monitor werden Splitscreens der Dorfschauplätze erzeugt, zweifaches Hauen wiederum kommt einem Spencer-Fingerschnipp gleich. Die Überwachungsmöglichkeiten der Studiotechnik erscheinen in dieser Episode jedoch besonders fragwürdig, führt sie doch dazu, dass Lulu ihren Elvis „in flagranti" dabei erwischt, wie er sich von den Zwillingen mit Kuchen verwöhnen lässt und dass man Nepomuk mir nichts, dir nichts beim Schlafen beobachten kann. Thematisiert wird dieses Eindringen in die Privatsphäre indes natürlich nicht. Die Quietschbeus singen ein fatalistisches Lied und halten Spencers Puzzleteil für einen Songtext. Der Urheber des Verwirrstücks kehrt schließlich ernüchtert ins Dorf zurück, denn Tante Elvira hatte letztlich gar nichts zu vererben... „Die Stellvertreter" vermittelt einen Eindruck davon, dass niemand so ohne Weiteres zu ersetzen ist, man mit Improvisationsgeschick aber zumindest die zeitweise Abwesenheit wichtige Schlüsselpositionen bekleidender Personen überbrücken kann. Mich erinnert das unweigerlich an den Betrieb, das junge Publikum dürfte andere Assoziationen gehabt haben. Zudem wird ein gewisses Postengerangel um den Stellvertreterposten zumindest angedeutet. Diese Folge ist recht witzig, inhaltlich aber etwas albern. Spencers Motivation für sein Puzzlespiel bleibt im Dunkeln, im Grunde genommen ist sein Handeln unverantwortlich - immerhin gefährdet er den Ablauf seiner eigenen Sendung. Außerdem stellt er seinen Assistenten vor laufender Kamera bloß, indem er ihn ins offene Messer laufen lässt. Damit mache ich mir aber vermutlich schon zu viele Gedanken, denn „Die Stellvertreter" ist eine der Episoden, die den Anschein erwecken, für ein noch etwas jüngeres Publikum als die üblichen „Hallo Spencer"-Folgen konzipiert worden zu sein.

055: Die Wahrsagerinnen

Wie Aberglaube funktioniert und welch negative Auswirkungen dieser haben kann, wenn man es mit ihm übertreibt, zeigt auf höchst amüsante Weise diese Folge, in der die Zwillinge Mona und Lisa sich als steng genommen scharlatanerische Wahrsagerinnen betätigen und damit das Runddorf ins Chaos zu stürzen drohen - beispielsweise wenn Nepomuk mit schmiedeeisernen Hufeisen die Fensterscheiben seines Schlosses zerwirft, denn sowohl Hufeisen als auch Scherben bringen bekanntermaßen Glück. Viel Wort- und Sprachwitz begleitet das immer absurder werdende Verhalten der Dörfler aufgrund aus der Luft gegriffener „Wahrsagungen" der Zwillies, die damit für so viel Verunsicherung sorgen, dass Irrationalität um sich greift, die letztlich erst für das eigentliche Unglück sorgt - das sich u.a. in einer nicht mehr nachvollziehbaren Panik vor einem (vermeintlichen) Erdbeben äußert. Die Quietschbeus fassen alles in einem wunderbaren Song zusammen und die Moral von der Geschicht‘ sollten sich vermutlich weniger die jungen Zuschauer als für all diesen Hokuspokus anfällige Erwachsene zu Herzen nehmen.

056: Das große Quiz

Die öffentlich-rechtliche Serie „Hallo Spencer" parodiert in dieser Folge erfrischend frech nicht minder öffentlich-rechtliche Gaga-Gameshows, indem Spencer durch eine solche leitet, ihm zunächst Elvis, dann Lulu assistiert und die Dorfbewohner als Kandidaten auftreten, während Lexi als rechtlicher Beistand fungiert und damit Unmut auf sich zieht - wenn er einzelne Antworten nicht gelten lassen will oder Elvis‘ Teilnahme rechtlich anzweifelt, da dieser in die Vorbereitungen involviert war. Die Quizfragen sind dabei absurd einfach und die Antworten der Runddörfler ebenso witzig wie das Spencer-typische Chaos, das die Sendung begleitet. Einem Nepomuk z.B. ist das von vornherein zu doof, weshalb er absichtlich falsch antwortet. Ein gelungener generationsübergreifender Spaß, der sogar als „Eurovision" inkl. der damals üblichen Logoeinblendung angekündigt wird - und den gestressten und frustrierten Elvis mehrmals drohen lässt, lieber ZDF zu schauen!

057: Drachensteigen

Pünktlich zum Herbst wollen die Dorfbewohner Drachen steigen lassen. Doch wie baut man welche? Um das zu erfahren, versammeln sich alle an Poldis Krater, denn wer könnte das besser erklären als Jungdrache Poldi? Dieser scheint als Drachenbau-Tutor hier voll in seinem Element und darf einmal seinerseits die Runddörfler belehren - normalerweise ist es ja eher andersherum. An seine persönlichen Grenzen stößt er jedoch, als er selbst zu fliegen versucht - was ihm einfach nicht gelingen will. Nachdem er sich bei seinen Flugversuchen sogar verletzt hat, ruft er verzweifelt Galaktika herbei, die damit auch mal wieder in einer Folge auftaucht. Doch anstatt ihn fliegen zu lassen, erklärt sie ihm, dass es ja auch Drachensteigen heiße, woraus Poldi neues Selbstbewusstsein schöpft und als erfahrener Kletterer seinen Freunden hilft, indem er ihnen die Drachen aus Holz und Papier aus den Bäumen und von den Dächern holt. Insofern tritt die Andromedanerin diesmal pädagogisch sehr wertvoll auf, statt kurzerhand alle Problemchen aus der Welt zu schaffen. Darüber hinaus ermutigt die Folge, sich selbst einen Drachen zu basteln und ihn im Winde flattern zu lassen. Der typische Witz der Serie kommt auch hier nicht zu kurz und Poldi mit grünen Pflastern auf der Schnauze ist schon ein nicht alltäglicher Anblick. Der Jungdrache glänzt hier gleich mehrmals als Drachensachverständiger und hat damit eine schöne Sternstunde innerhalb der Serie.

058: Ich bin der Kasi von der Post

Analog zur Folge 54, in der Spencer zu Beginn fehlte, ist es hier Elvis, der vermisst wird - von Spencer, der völlig irritiert feststellen muss, dass auch das Visophon offenbar einen technischen Defekt erlitten hat und selbst die gute alte Rohrpost nur „Nieten" sendet. Elvis betreut derweil seine Lulu im Eisenbahnwaggon, denn sie hat sich einen Infekt eingefangen. Kurzerhand wird der stets hilfsbereite Kasimir eingespannt, Nachrichten nicht nur zwischen Spencer und Elvis zu übermitteln, sondern auch Botendienste fürs halbe Dorf zu übernehmen, bis ihm die Söckchen qualmen. Nepomuk betreibt neuerdings eine Schlossapotheke und gibt einen Wermut-Tee heraus, der Lulu zur raschen Genesung verhelfen soll. Vor ein wirkliches Problem aber stellt Kasimir der Lavastein, der von Poldis Krater zu Nepi transportiert werden soll. Kurzerhand errichtet Kasi eine Dorfpost, die am stärksten von den sich gegenseitig Liebesbriefe schreibenden Lexi und Lisa in Anspruch genommen wird. Und Lulu schreibt den Quietschbeus, dass ihre Kostüme fertig sind, womit Bezug auf die Episode „Das muß aber alles ganz riesig schnell gehen" genommen wird. Natürlich ist Kasimir bald überfordert, wodurch diese Folge für die Arbeit von Briefträgerinnen und Briefträgern sowie Paketbotinnen und Paketboten sensibilisiert. Bereits in dieser ersten Episode des Jahres 1986 wird viel geflucht - Spencer beleidigt Elvis als „Hundesohn" und Kasi schimpft auf die faulen Dörfler; den Wahnsinn, dem Post- und Paketdienstkundinnen und -kunden, vor allem aber -mitarbeiterinnen und -mitarbeiter später im Zuge des Online-Shopping-Siegeszugs ausgeliefert sein würden, hat aber auch „Hallo Spencer" noch nicht vorhersehen können. Die Quietschis jedenfalls singen von alldem unbeeindruckt ein Gute-Besserungs-Lied für Lulu, die dank des Wermut-Tees jedoch längst genesen ist. Ein Glück!

059: Die Flöhe sind weg

Bildhauer Nepomuk hat zur Präsentation seines neuesten Kunstwerks „Die fünf sich Kratzenden" geladen und die Bewohner des Spencer-Dorfs haben sich allesamt in Schale geworfen, um dem wichtigen gesellschaftlichen Ereignis beizuwohnen. Den kompletten Titel hat der Künstler bisher geheim gehalten, lediglich „Die fünf sich..." bekanntgegeben, um für zusätzliche Spannung zu sorgen. Das Dumme jedoch: Er leidet unter akuter Inspirationslosigkeit und steht noch immer grübelnd vor einem unbearbeiteten Steinblock. Da kommt der rettende Einfall: Er erfindet kurzerhand einen Flohzirkus, der ihm entfleucht wäre - und beobachtet fortan die sich unter Phantom-Flohbissen kratzenden Dorfbewohner, um nach ihrem Vorbild die Skulptur fertigzustellen. Die Kraft der Autosuggestion ist Thema dieser Folge, die zeigt, wie sich ein Kollektiv ständig zu kratzen beginnt, in der Annahme, von entflohenen Flöhen befallen zu sein. Das ist natürlich von der ersten bis zur letzten Minuten garniert mit dem „Hallo Spencer"-typischen Humor, der auch diese Folge zu einem großen Vergnügen macht - und vielleicht den einen oder anderen Zuschauer dazu verführt, sich selbst zu kratzen...

060: Max und Molly und die Sonne

Mit der sechzigsten Folge wurde das Spencer-Universum plötzlich und unerwartet massiv erweitert: Ohne, dass sie vorgestellt werden würden, sind plötzlich Pinguin Max und seine Freundin Molly da - zwei überdimensionale neue Figuren, die mit ihrem bananenförmigen Gefährt namens Banamobil offenbar zu Besuch ins Dorf kamen und Freunde von Spencer sind. Beide sind um ein Vielfaches größer als die bekannten Puppen, da in ihnen ganze Menschen und nicht nur Hände stecken. Das verleiht ihnen leider eine recht plumpe, monströse Erscheinung. Diese erste von mehreren Max-und-Molly-Folgen erinnert an den experimentellen Charakter der allerersten „Hallo Spencer"-Folgen und widmet sich thematisch der Sonne: Max bezeichnet die Sonne als seine Freundin und möchte wissen, wohin sie nachts stets entschwindet. Während er den naiven Plan hegt, ihr hinterherzufliegen, zeigt der zum Videothekar aufgestiegene Elvis Ausschnitte von Videokassette (eingelegt von einem Roboterarm) eines realen Lehrfilms mit faszinierenden Nahaufnahmen des Himmelskörpers auf einem der gleich drei (!) neuen Fernseher in Spencers Studio, dessen Wirken im Laufe der Folge kindgerecht zu erklären versucht wird. Dabei richtet man sich offensichtlich vor allem an ein Vorschulpublikum, das die wesentlich witzlosere, unironischere und naivere Ausrichtung der Folge wenig hinterfragen dürfte. Neu sind auch die Knubbels, eine Gruppe Inselbewohner, mit denen Max und Molly ebenfalls befreundet sind und denen sie einen Besuch abstatten. Bei ihnen handelt es sich wieder um Puppen in der üblichen Größe. Die Reisen Max' und Mollys außerhalb des Runddorfs werden mit realen Außenaufnehmen unterlegt und so faszinierend dieser leider uneingeführte und nicht erklärte Bruch mit der Serientradition für die überraschten jungen Zuschauer gerade auch wegen seiner Rarität auch sein mag (es wurden nur wenige Folgen dieser Art gedreht), so ist er letztlich doch vor allem ein ziemlich unpassender Fremdkörper, der viele liebgewonnene „Hallo Spencer"-Charakteristika vermissen lässt.

061: Max und Molly und der Wassertropfen

Am Ende der lückenhaften und chronologisch falsch sortierten DVD-Box habe ich dann doch noch die zweite „Max und Molly"-Folge entdeckt, in der Max und Molly sich darüber wundern, dass die Weltmeere nicht überlaufen, obwohl so viele Flüsse in sie hineinfließen und sich deshalb über den Kreislauf des Wassers informieren möchten (daher bitte nicht beim Lesen meiner bereits zuvor verfassten Rezension über die dritte „Max und Molly"-Folge wundern). Diese Folge beginnt überraschenderweise mit einem eigenen Vorspann für diese Art Episoden, die sich vornehmlich um den Pinguin Max und seine Freundin Molly drehen, der aber anscheinend bereits für die nächste Folge wieder über Bord geworfen wurde. Max und Molly fliegen nach einer Unterredung mit Elvis und dem mit Limonade kleckernden Spencer mit ihrem Banamobil zur Nordsee, wo niemand Geringerer als Jochen Busse (der übrigens auch als Autor der Serie tätig war) mit seiner Frau am Strand liegt. Busse alias Herr Wasserzieher, wie er hier heißt, imitiert stimmlich einen Wassertropfen, was der tumbe Max nicht kapiert. Davon inspiriert zeigt Videothekar Elvis einen nicht sonderlich aussagekräftigen Film über Wassertropfen. Die Knubbels werden ebenfalls konsultiert, können Max und Molly ihre Fragen aber auch nicht beantworten. Zurück am Strand lernen Max und Molly auch die Kinder der Wasserziehers kennen und Herr Wasserzieher erklärt Max in Ruhe, was es mit dem Wasserkreislauf auf sich hat. Anschließend lädt er Max und Molly in die Ferienwohnung ein, im Gegenzug dürfen sie hinterher im Banamobil mitfliegen, wo Busse immer wieder in seiner Wassertropfen-Stimme spricht - bevor der erlösende eigene Abspann eintritt. Auch mit viel Wohlwollen betrachtet macht diese Folge, die sich an Kleinkinder - und nur an diese! - wendet, doch wenig Spaß und lässt jeglichen gelungenen Witz vermissen, der andere „Hallo Spencer"-Episoden auch für Erwachsene zum Vergnügen macht. Das Konzept mit den überdimensionalen Puppen und Außendrehs mit echten Menschen widerspricht doch arg den liebgewonnenen Runddorf-Geschichten und schaut man sich diese Folge an, weiß man, was man an ihnen hat...

062: Max und Molly und die Buchstaben

Leider wird aufgrund des Fehlens zahlreicher Folgen auf der fälschlicherweise mit „Die komplette zweite Staffel" betitelten DVD-Box abermals meine Chronologie unterbrochen, so dass ich über Folge 61 - die zweite „Max und Molly"-Folge - nur weiß, dass sie sich auf vermutlich ähnliche Weise mit Wasser, Flüssen etc. auseinandersetzt, wie es die vorherige mit der Sonne tat. Dieser dritten Folge mit dem überdimensionalen Känguru und dem Riesenpinguin jedenfalls wird eine absolute Ausnahmestellung zuteil, doch dazu später mehr. Zunächst einmal tauchen zwei Knubbels unbemerkt von Spencer und Elvis in Spencers Studio auf und klauen einen Buchstaben der Leuchtschrift nach dem anderen. Durch die Relation wird deutlich, dass die Knubbels nicht nur kleiner als Max und Molly, sondern auch als die Dorfbewohner sind. Außerdem können Sie sich unsichtbar machen bzw. zwischen Insel und Spencers Studio hin und her beamen. Als ob das nicht schon seltsam genug wäre, verschlechtert sich - weshalb auch immer - Spencers Gesundheitszustand mit jedem entwendeten Buchstaben. Elvis fungiert erneut als Videothekar und zeigt Zeichentrickbuchstabenfilme, die sich jeweils mit einem bestimmten Buchstaben beschäftigen und Beispiele dafür zeigen, welche Wörter sich mit ihnen bilden lassen. Lexi und Poldi haben neue Synchronstimmen, was hier besonders (negativ) auffällt, da sie kaum noch Ähnlichkeit mit den gewohnten Stimmen aufweisen. Die übertriebene audiovisuelle Einführung des Banamobils, das letztlich lediglich im Schritttempo durch die Peripherie zuckelt, blieb offensichtlich nicht auf die erste Max-und-Molly-Folge beschränkt, sondern findet hier seine Wiederholung, erneut unter sinnbefreiter Zuhilfenahme des „Senso"-Gamepads aus den 1970ern, das aus Sicht des Drehteams anscheinend noch immer einen gewissen Futurismus ausstrahlte... So weit, so bekloppt. Aber dann! Max und Molly begeben sich auf die Suche nach den verschwundenen Buchstaben, womit sie einen Außendreh einläuten. Sie beginnen ihre Suche am Bahnhof und dieser entpuppt sich kein geringerer als der der Märchenstadt Buxtehudes, wo Hase und Igel ihr legendäres Wettrennen veranstalteten und der Hund mit dem Schwanz bellt! Damit wäre auch das Geheimnis gelüftet, wo sich das Spencer-Dorf befindet - es ist ein Teil der guten alten Kleinstadt an der Este vor den Toren Hamburgs, deren Ambiente diese Folge plötzlich ungemein aufwertet. Vom Bahnhof geht es auf den Marktplatz in der Innenstadt, wo Max und Molly von zahlreichen Buxtehuder Komparsen Ersatzbuchstaben erhalten - eine Außenaufnahme mit echten Menschen also. Im weiteren Verlauf stellt sich heraus, dass die Buchstaben alle zwei Jahre auf der Knubbelinsel einer Kontrolle unterzogen werden. Spencer sind die kleinen Gesellen offenbar bekannt und er kann sie sogar auf der Insel anvisophonieren, wo sie Buchstaben tanzen wie auf der Waldorf-Schule. Zum Schluss wird mit dem Auftauchen zweier Buchstabenspenderinnen in Spencers Studio, die wegen Buchstabenmangels ebenfalls über Unwohlsein klagen, ein weiteres Tabu gebrochen, denn erstmals betreten echte Menschen (zwei Mädchen) Spencers Studio. Alles in allem ist diese Folge ausgemachter Schwachsinn pseudopädagogischen Müllfernsehens, über das selbst plietsche Vorschulkinder bereits ungläubig den Kopf schütteln dürften, aber, hey: Buxtehude!

063: Spencer präsentiert: Das tapfere Schneiderlein

Diese rare Episode ist im Grunde genommen nur bedingt eine „Hallo Spencer"-Folge, denn Spencer und Elvis zeigen mit dem Märchen „Das tapfere Schneiderlein" lediglich einen eigenständigen Film. Da sie zudem quasi gar nicht zu bekommen ist, spare ich sie hier aus.

064: Spencer präsentiert: Mimosa

Wie schon in der vorausgegangenen Episode treten Spencer und Elvis hier lediglich als Filmvorführer auf, nämlich des finnischen Zeichentrickfilms „Mimosa" aus dem Jahre 1983, der auch außerhalb des „Hallo Spencer"-Sujets im öffentlich-rechtlichen Regionalprogramm ausgestrahlt wurde.

065: Wir spielen: Robin Hood

Obwohl laut Episodenführern in der Chronologie erst an Position 65, wurde diese erste „Wir spielen"-Episode bereits vor eigentlich früheren Episoden erstausgestrahlt: am 10.01.1986. Sie manifestierte die schöne Tradition im Runddorf nachgespielter Märchen und klassischer Sagen, die ohne „Wir spielen"-Präfix durch bereits drei vorausgegangene Märchen-Episoden begründet wurde. Hier nahm man sich Robin Hood, der von Kasimir gespielt wird, vor, während Spencer sowohl als Erzähler durch das Kostümstück führt als auch als König auftritt. Lexi spielt den Ritter Sir Richard of the Lee und Elvis mimt den fiesen Bischof. Der humoristische Clou dieser Folge ist auch hier, dass stets ersichtlich wird, dass es sich um eine Art Theateraufführung handelt, in der Kasi auch schon mal mit der altertümlichen Sprache hadert und sich über Improvisationen ausgetauscht wird. So half man sich beim Bogenschützenwettbewerb mit einer Seilvorrichtung, damit Kasi auch wirklich ins Schwarze trifft. An der Kreuzung stehen nun die Orte Sherwood und Nottingham auf dem Wegweiser und die Quietschbeus liefern Gesangseinlagen. Das ist alles sehr niedlich gemacht und reduziert die Robin-Hood-Sagen aufs Wesentliche, um sie auf spielerische, amüsante Weise Kindern näherzubringen. Ein weiterer guter Beitrag zu dieser Art besonderer, aus der Reihe fallender Episoden, deren komisches Potential man zuvor jedoch noch stärker auszuschöpfen wusste, wenn man Streitereien zwischen den Schauspieler(inne)n und Pannen integrierte.

066: Der Steg

Der erste „Max und Molly"-Block war vorbei, die beiden „Spencer präsentiert"-Episoden ebenfalls und in Folge 65 spielten man Robin Hood. „Der Steg" bedeutete den Auftakt einer neuen Reihe „herkömmlicher" „Hallo Spencer"-Folgen und wirkt, als sei man heilfroh gewesen, endlich wieder Geschichten aus dem Runddorf erzählen zu können, so motiviert und kreativ erscheint diese. Vorgebliches Thema sind diesmal Schutzmaßnahmen gegen dieses und jenes, ausgehend davon, dass die Zwillinge ein Schallschutzfenster in ihr Hausboot eingebaut haben. Wenngleich dies auch Inhalt des grandiosen Quietschbeus-Lieds ist, handelt diese Folge vornehmlich vom Streiten und Vertragen: Die Zwillinge zanken sich mal wieder bitterlich, so dass die Dorfbewohner beschließen, die beiden zu trennen. Lisa zieht erst einmal zu Lulu und Elvis in den Eisenbahnwaggon und damit beide auch ja nicht wieder aufeinandertreffen, entfernen Spencer & Co. den Steg, der das Hausboot mit dem Festland verbindet. Was sie jedoch nicht ahnen: Lisa ist längst zurück bei ihrer Schwester und hat sich mit vertragen... Nichts wird so heiß gegessen, wie es gekocht wird und auf einen Streit folgt häufig schneller als man denkt die Versöhnung, wie diese Folge mit viel Humor zeigt. Wie zukünftig öfter kommt es zu Missverständnissen, die sich erst am Schluss aufklären, beispielsweise als die Zwillinge am Fenster spielen und es von außen aussieht, als gingen sie mit Gegenständen aufeinander los. Für einen köstlichen Running Gag muss der arme Elvis herhalten, der gleich dreimal ins Wasser stürzt. Der gewohnte Wortwitz blüht hier wieder prächtig auf und variiert sogar Schiller, wenn Spencer, der hier seinen Karo-Anzug gegen sommerlichere Bekleidung tauschte, sich im Dialog mit Poldi befindet. „Der Steg" ist ein weiteres typisches Beispiel für eine Folge, mit der Erwachsene möglicherweise sogar mehr Spaß haben als Kinder und zeigt die Serie in Hochform!

067: Die Zwillinge haben übermorgen Geburtstag

Auch unmittelbar nach „Der Steg" dreht sich eine ganze Folge um Mona und Lisa, denn die Zwillinge haben in zwei Tagen Geburtstag und wollen sich gegenseitig mit schönen Geschenken überraschen, wissen beim besten Willen aber nicht, womit genau. Als beide sich bei Schlossherr Nepomuk einquartieren, um in Ruhe und von der Schwester unbemerkt an ihrem Geschenk basteln zu können, kommt es zu einer folgenschweren Verwechslung und zu allem Überfluss verplappert sich Nepomuk, was die Pläne der Geschwister über den Haufen wirft. Das einmal mehr vorherrschende allgemeine Chaos dieser Folge basiert auf einem Problem, das wohl jeder kennt: Die Wahl des richtigen Geschenks. Leidtragender ist Nepomuk, der eigentlich nur helfen will, letztlich aber für beide sprichwörtlich zum Prügelknaben wird. Die Zwillinge und der sonst so ernste Nepomuk bilden den humoristischen Mittelpunkt dieser Folge, die neben Verwechslungskomik auf viel Sprachwitz setzt, wenn Elvis Redewendungen allzu wörtlich interpretiert, Mona (oder war es Lisa?) ihre „Kretativität" sucht, die sie für einen Gegenstand hält und Nepomuk nicht nur „Nepi", sondern diesmal sogar „Mucki" genannt wird, der wiederum mit zahlreichen (natürlich kindgerechten, nichtsdestotrotz frechen) Beleidigungen kontert. Auch Lexis Liebe zu Lisa wird erneut aufgegriffen und das Quietschbeus-Lied diesmal als Probe gezeigt, doch leider war das anscheinend alles etwas zu viel für nur 30 Minuten, denn die Folge endet reichlich abrupt, ohne den Geburtstag der Zwillies zu zeigen und damit ihre eigentliche Pointe auszuspielen: dass sich beide letztlich das Gleiche schenken. Daraus hätte man eigentlich auch gut eine weitere Episode machen können... schade.

068: Der Fremde

Diese Folge beginnt bereits ungewöhnlich, nämlich mit einem Prolog noch vor dem Vorspann. In diesem sieht man einen Fremden im Dorf, den in dieser Folge noch namenlosen Kripo-Kommissar Egidius Soltanelle. Laut JoergWausW aus dem „Hallo Spencer"-Diskussionsforum wird dieser von Lorenz Claussen gespielt, dem ersten Sprecher Lexis und Karl-Gustavs. Man habe diesen Charakter eigens für ihn entworfen, weil er aus Zeitgründen 1984 aus der Serie als fester Mitarbeiter ausgestiegen war. Mit dem nur sporadisch auftauchenden „Egi" konnte er der Serie jedoch weiterhin erhalten bleiben. Neben der „Egi"-Premiere wird auch erstmals die Hallerstraße erwähnt, die später eine wichtige Rolle als Spencers Stadtwohnsitz einnehmen wird. Dort sei nämlich eine Palette mit zweihundert Paar Rollschuhen aus dem Kaufhaus Behrmann entwendet worden und der Kommissar fahndet nun nach dieser im Spencer-Dorf. Zu einem Missverständnis kommt es, als er Nepomuk verdächtigt, weil dieser als Künstler Paletten beherbergt - jedoch gänzlich andere als die gesuchten. Die Kulissen wurden etwas düsterer als gewohnt gestaltet und das Licht sparsamer eingesetzt, dadurch eine geheimnisvolle, latente/diffuse Gefahr suggerierende Atmosphäre erzeugt. Gefahr wittert auch Elvis, als die Kunde von einem geheimnisvollen Fremden auch ihn erreicht und er vor lauter kleinbürgerlicher Furcht vor dem Unbekannten zum AfD-/Pegida-Jünger mutiert und sich als Anführer eines fremdenfeindlichen Mobs aufspielt (selbstverständlich alles im kindgerechten kleinen Serienrahmen). Schön, wie man die Zusammenhänge von Vorurteilen, Spießbürgerängsten und Xenophobie hier klar verständlich aufzeigt - was einmal mehr beweist: Zu wenige Erwachsene schauen „Hallo Spencer"! Etwas harsch finde ich lediglich, dass Elvis mit seiner gern einfältigen, aber mir doch eigentlich irgendwie sympathischen Krämerseele zum wiederholten Male für die Verkörperung negativer Charaktereigenschaften herhalten muss. Zugegeben, ganz so unbegründet ist seine Angst dann doch nicht, denn der Hamburger Polizist, der ständig in Funkkontakt mit der Einsatzleitung steht, macht Lulu Avancen, die sich sogar kurz in ihn verliebt. So witzig diese ungewohnt „erwachsene" Szene auch ist, letztlich ist sie etwas zu viel des Guten. Die Quietschbeus hingegen beweisen klassisches Musikverständnis und interpretieren „An die Freude" aus Beethovens 9. Sinfonie („Freude, schöner Götterfunken...") als Kontrast zur allgemeinen Verunsicherung und Missgunst. Eine angenehm aus der Reihe fallende Episode von tieferer Bedeutung für die Serie!

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