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Persien im 6. Jahrhundert: der Straßenjunge Dastan beeindruckt König Sharaman durch seine Kampfeskünste, aber auch durch seinen Charakter. Der Herrscher und sein Bruder Nizam nehmen sich des Jungen an. Fünfzehn Jahre später führt Dastan gemeinsam mit den leiblichen Söhnen des Königs die persische Armee ins Feld. Während der Belagerung der Stadt Alamut gelangt Dastan in den Besitz eines Dolches, der sich alsbald als keine gewöhnliche Klinge offenbart. Mit dem „Dolch der Zeit" ist sein Träger in der Lage, die Zeit für einige Sekunden zurückzudrehen und die Geschehnisse entsprechend zu beeinflussen. Eine mächtige Waffe, die nicht in falsche Hände geraten darf. Doch Dastan wird Opfer einer Verschwörung und muss mit der gefangenen Prinzessin Tamina fliehen - und bald werden die freigesetzten Mächte nicht nur sein Schicksal, sondern jenes der ganzen Welt bestimmen...

Sich im Ideen- und Konzeptefundus anderer Medien zu bedienen ist in der Filmbranche ein völlig normaler Vorgang und jeder Einfall, der Produzenten, Drehbuchautoren und Regisseuren nicht selbst kommen muss ist ein willkommener. Aber warum auch nicht hochklassigem Ausgangsmaterial zu Leinwandruhm verhelfen. Bei Romanen gilt spätestens seit Peter Jacksons epochaler „Der Herr der Ringe"-Trilogie nichts mehr als unverfilmbar, Comicverfilmungen zählen mittlerweile fast durchgängig zu den Highlights eines Kinojahres und selbst auf Freizeitparkattraktionen („Pirates of the Caribbean") und Spielzeugfiguren („Transformers", „G.I. Joe") Basierendes erlebt zumindest an der Kasse Höhenflüge. Dem jüngsten Medium hingegen, dem Videospiel, schlägt nicht nur immer wieder die Skepsis diverser Sittenwächter entgegen, sondern daraus geht in filmischer Version einfach nichts brauchbares hervor. Muten die Spiele selbst durch gut ausgearbeitete Geschichten und Charaktere und eine entsprechend aufwendige Präsentation in pompösen gerenderten Zwischenseqenzen immer cineastischer an, versagen Filme wie die des berüchtigten Uwe Boll („Far Cry", „Alone in the Dark") oder die von Paul W.S. Anderson begonnenen „Resident Evil"- und „Mortal Kombat"-Reihen künstlerisch kläglisch, enttäuschen Fans durch konsequente Vorlagenuntreue und stümperhafte Umsetzung. Zwar machten es Xavier Gens mit seinem „Hitman" (2007) und Christophe Gans‘ visuell eindrucksvoller „Silent Hill" (2006) zuletzt etwas besser, doch einen entscheidenen Sprung vorwärts brachten auch sie die Gameverfilmungen nicht. Dies soll nun jedoch standesgemäß dem akrobatischen persischen Prinzen gelingen, der 1989 auf diversen Systemen debütierte und sich besonders durch die von Ubisoft entwickelte „The Sands of Time"-Trilogie (2003, '04, '05) ins Bewusstsein der Zocker schwang, kletterte und kämpfte.

Jene Trilogie, bestehend aus „The Sands of Time", „Warrior Within" und „The Two Thrones" (zum Start des Films noch um das aktuelle „The Forgotten Sands" erweitert) dienen Erfolgsproduzent Jerry Bruckheimer und Regisseur Mike Newell als Vorlage für ihren „Prince of Persia: Der Sand der Zeit", an dessen Drehbuch immerhin auch Serienschöpfer und Gamedesigner Jordan Mechner mitarbeitete. Und auch wenn sich dies nicht unbedingt im Sinne einer ausgeklügelten Story, tiefsinnigen Figuren und nicht mal einer unbedingten Vorlagentreue bezahlt macht, so ist den Verantwortlichen hier trotzdem eindeutig die bisher beste Gameverfilmung gelungen, mindestens dann, wenn man vorangegangene (Mach)Werke als Maßstab anlegt. Aber von diesem Kontext, der eben mehr an Mängel und Makel orientiert ist, löst sich „Prince of Persia: Der Sand der Zeit" sehr schnell und trumpft lieber mit den eigenen Qualitäten auf. Ein Publikum mit Faible für ein orientalisches Setting dürfte begeistert sein, berauscht sich der Film doch zu Anfang sehr an weitschweifenden Wüstenlandschaften und Städten, gleitet darüber, wie die Hand des Lüstlings über den Schenkel der Begehrten, was durchaus etwas aufdringlich und anbiedernd wirken kann.

Nach dem kurzen Prolog, während dem man den zukünftigen persischen Prinzen als armen, aber edlen Straßenjungen kennenlernt und der so gehetzt vorbeizieht, dass man nicht wirklich nachvollziehen kann, was genau der weise König Sharaman da nun für ein Juwel auf den Straßen seines Reiches entdeckt haben will, geht es direkt zur Schlacht um die heilige Stadt Alamut. Während die Brüder Garsiv und Tus über ihr Vorgehen beraten sorgt der wilde Dastan lieber für Belustigung unter dem Fußvolk und tritt zum Straßenkampf gegen einen Muskelprotz an. Aber der vermeindlich ungestüme Raufbold hat Herz, Verstand und vor allem Geschick am rechten Platz und beim Angriff der persischen Armee klettert und schwingt er sich über die Stadtmauern Alamuts und verschafft seinen Brüdern mit seinen Künsten den entscheidenden Vorteil. Hierbei führt „Prince of Persia: Der Sand der Zeit" Highlight und Problem zugleich ein: die Aktionen des Prinzen sind toll anzusehen, werden nicht so weit übertrieben, dass man ihn ständig durch eine CGI-Figur ersetzen müsste, und überzeugen durch Jake Gyllenhaals echten Einsatz, jedoch ist sowohl diese erste als auch jede weitere Actionsequenz vom „zu heftig geschnitten"-Syndrom befallen. Der zuvor sanft gleitende Lüstling zuckt plötzlich unbeholfen an der Begehrten herum, scheint nicht so recht zu wissen, welchem Reiz er sich nun genauer widmen sollte und seine Choreographie gerät völlig aus dem Takt.

Noch während der Eroberung Alamuts fällt Dastan ein seltsamer Dolch in die Hände, dessen Hüterin, Prinzessin Tamina, ihn unbedingt vor dem Zugriff der Perser hat schützen wollen. Wenig später trifft König Sharaman ein und äußert Zweifel am Vorgehen seiner Söhne, zumal von den angeblichen Waffenschmieden, mit deren Erzeugnisse Alamut die Feinde Persiens beliefert haben soll, nichts zu finden ist. Wenn er hier auch deutlich in Richtung gewisser zurückliegender Ereignisse der US-Regierung winkt, so hält sich „Prince of Persia: Der Sand der Zeit" doch nicht lange mit Politik auf. Ein Geschenk, das Dastan von seinem älteren Bruder Tus überreicht bekam und welches er nun dem König übergeben soll, um für Tus um die Hand Prinzessin Taminas zu bitten, stellt sich als vergiftet heraus und der des Mordes beschuldigte Dastan muss fassungslos fliehen, Tamina im Schlepptau. Als sie in der Wüste ihr Lager aufschlagen entdeckt Dastan zufällig die verblüffenden Kräfte des Dolches, mit denen er für einige Momente in der Zeit zurückgehen kann, solange der Sand im Griff des Dolches ausreicht. Die überaus streitbare Prinzessin hätte ihr Heiligtum selbstverständlich gerne wieder, während Dastan zu begreifen beginnt, was wirklich hinter dem Angriff auf Alamut steckte.

Das zu durchschauen fällt natürlich nicht sonderlich schwer und allein die Anwesenheit eines Eyeliner-verstärkten Ben Kingsley als von Anfang an sinister dreinschauender Onkel Nizam lässt den wahren Drahtzieher der Ereignisse vermuten. Da die einhundertsechsehn Filmminuten von „Prince of Persia: Der Sand der Zeit" aber nicht mit permanentem Durchblick zu füllen wären, wählt der Film nun der Umweg über Trampelpfade und allerlei Geheimgänge hin zum Ziel. Was genau nun ganz konkret hinter der Macht des Dolches und den Plänen Nizams steckt bleibt lange verschleiert, beziehungsweise spielt es zwischendurch einfach keine große Rolle. Wenn Dastan und Tamina sich zankend durch die Wüste schlagen, die Prinzessin standesgemäß einen Ohnmachtsanfall vortäuscht und beide anschließend von Sklavenhändlern aufgelesen werden regieren klar die Nebenschauplätze und damit im Falle von „Prince of Persia: Der Sand der Zeit" glücklicherweise auch die Unterhaltung. Gyllenhaal und die ihre britische Blässe gegen knackige Bräune eintauschende Gemma Arterton liefern sich amüsante Wortgefechte, Alfred Molina als Sklavenhändler Amar, der in seinem Lager Straußenrennen veranstaltet und am meisten von allem das Zahlen von Steuern verabscheut, ist ein vollauf gelungener, showstehlender Nebencharakter. Zwar werden manche Tiraden Taminas und Amars bis kurz vor die Nervgrenze getrieben, dennoch bietet der Film damit auch abseits seiner Kampf-, Action- und effektgestützten Szenen Kurzweil, unerzwungenen Witz und einen ganzen Schwung verschmitzten Charmes, der Blockbustern so oft völlig abgeht.

Obwohl sich die Story nicht gerade im stetigen Fluss befindet, sondern vielmehr zickzackförmig voranhüpft und zig Wirkungen einfach ohne das Aufzeigen der Ursache passieren (Kostümwechsel, wer wann wen plötzlich irgendwo wiederfindet,...), ist dies nicht zum Schaden von „Prince of Persia: Der Sand der Zeit". Es geht schnell von einem Schauplatz zum nächsten und was wie ein teils unsteter Rhythmus wirkt überdeckt vielmehr immer wieder recht geschickt, dass der Film über weite Strecken über einen bestimmten Punkt hinaus nichts neues mehr zu erzählen hat und sich dementsprechend auf Abwechslung verlassen muss. Eben jene liefern Action, Witz und eine angenehm pathosfreie Dramatik, in deren Zuge nicht wenige Nebenfiguren ihr Leben lassen. Die Duelle des Prinzen leiden zwar wie erwähnt unter zu unübersichtlichem Schnitt, geraten aber trotzdem einigermaßen mitreißend und immer dynamisch, Gyllenhaals durchtrainierter Körper, seine Jumps'n‘Runs und Schwerthiebe haben Kraft und Eleganz, außerdem ist sein Dastan ein konzentrierter Actionheld, der sich während des Kampfes die flotten Sprüche (meistens) verkneift. Artertons Tamina bekommt den Wortwitz leider weniger günstig abgesprochen, faselt irgendwann nur noch reichlich kryptisch über Schicksal und Bestimmung, Götterwill und Menschenopfer, dafür erweist sich Molina als verlässlicher Gaglieferant, der mit seinem Anti-Steuer-, Pro-Straußenrennen-Gehabe tatsächlich bis zum Ende zündet.

Abgesehen von originellen und bezüglich der Vorlage originalen Elementen, wie dem Dolch der Zeit und seiner visuell gelungenen Umsetzung und dem halsbrecherisch im Parcour-Style über Häuserdächer, Pferderücken und Gegnerköpfe sprintendem Prinzen (und natürlich Straußenrennen!), sowie dem kostüm- und ausstattungstechnisch prunkvoll präsentiertem Setting ist „Prince of Persia: Der Sand der Zeit" Abenteuerkino, dass sich deutlich nicht nur bei der zugrundeliegenden Spieleserie bedient. Da wird sich an „Die Mumie" (1999) oder „Indiana Jones und der letzte Kreuzzug" (1989) ebenso angelehnt, wie an Ubisofts momentan beliebte Spieleserie „Assassin‘s Creed", mit der viele Einstellungen fast mehr gemein haben, als mit „Prince of Persia" selbst. Die später im Auftrag Nizams auftauchenden Hassasinen, schwarzmagisch begabte Meuchelmörder, erinnern zudem in einigen Szenen stark an die furchteinflößenden Nazgûl aus „Der Herr der Ringe", garantieren mit ihren unterschiedlichen Tötungsmethoden aber widerum Abwechslung in den Kampfszenen. Auf diese richtet sich der Fokus weit öfter als in den Games, was im Vergleich zu dem vermissenswertesten Kernelement führt: Dastan tritt ausschließlich gegen Fleisch und Schwert, nicht gegen Geist und Mechanik an. Die in den Spielen typischen, tödlichen Fallenkonstruktionen hätten dem Film in irgendeiner Form sicher nicht schlecht zu Gesicht gestanden und hätten für mehr Spannung sorgen können, als das fortwährende Stahl auf Stahl und Faust ins Gesicht.

„Prince of Persia: Der Sand der Zeit" ist nicht frei von Bugs und beinahe jedem Pro folgt ein Contra, bei der Gewichtung sind die Vorzüge des Films seinen Nachteilen jedoch klar höher anzurechnen. Das die Spieletrilogie etwas wenig, andere Vorbilder dafür umso reichlicher zitiert werden, wirkt sich nicht störend aus, da es zum einen nicht billig abgekupfert wirkt, dem Film zum anderen eine größere Dimension eröffnet, bei deren Gestaltung Bruckheimer und Newell zwar jedem Risiko fern bleiben, sich und ihr Werk damit aber gekonnt der Nerd- und Insiderecke entziehen. Das macht „Prince of Persia: Der Sand der Zeit" zu einem veritablen Fantasy-Action-Abenteuer, das mit hohem Tempo, schönem Orient-Setting und ohne CGI-Overkill (vom Showdown abgesehen), vor allem aber durch tolle Darsteller besticht. Hier bekommt sicher niemand die Rolle seines Lebens zu spielen, allerdings umgehen die Klasse Ben Kingsleys, Alfred Molinas und Richard Coyles die Fallstricke der Stereotypie ihrer Figuren ebenso gekonnt, wie Jake Gyllenhaal als augenzwinkernder Free-Form-Fighting-Prinz überzeugt und Gemma Arterton nicht nur optisch, sondern auch mit kratzbürstiger Entschlossenheit gefällt. „Prince of Persia: Der Sand der Zeit" macht durchgehend Spaß und Prinz Dastan kann sich sein selbstgefälliges, spitzbübisches Grinsen erlauben - und darf auch gern ein zweites Mal durch sein Reich turnen.

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