Review

Gesamtbesprechung

Auch wenn sich der Mensch dank der Schöpfung seiner Technik immer mehr auf Gottes Ebene stellt, ist es doch die vollkommene Erkenntnis über seine eigene Existenz, die er am meisten fürchtet

Neon Genesis Evangelion konnte selbst weit außerhalb der Animewelt einen gewissen Bekanntheitsgrad erlangen. Bei der großen und eingeschworenen Evangelion-Fangemeinde gilt NGE noch immer als DIE Kult-Animeserie überhaupt. Diesen Status hat sich die Serie bis heute erhalten können. Dafür sind nicht nur die für damalige Verhältnisse exzellenten Zeichnungen verantwortlich, sondern auch die zeitlose Geschichte. Nach wie vor schafft es die Serie mühelos, jeden Zuschauer mit der Faszination und dem Mysterium der EVAs anzustecken.
Die Komplexität der Geschichte nimmt (nicht nur im übertragenen Sinne) biblische Ausmaße an. Dabei fängt sie, zugegeben, eigentlich relativ simpel an.
Shinji Ikari wird völlig unerwartet von seinem verhassten Vater Gendô in die geheime Organisation NERV gebracht. Dort soll er Kampfroboter, die so genannten EVAs, zur Verteidigung der Menschheit steuern. Er trifft auf die seltsame EVA Pilotin Rei Ayanami, die nach einem Einsatz schwer Verletzt in die Krankenstation gebracht wird. Shinji wird schnell klar das sie ein besseres und vertrauteres Verhältnis zu ihrem Vater haben muss als er selbst. Seinen Hass gegen ihn kann er allerdings immer noch nicht ablegen.
Doch für weiteres Grübeln bleibt ihm wohl kaum Zeit, denn sein erster Einsatz gegen einen „Engel“ wartet bereits auf ihn.
Während sich die ersten Zeilen vielleicht recht unspektakulär lesen, garantiere ich euch, dass Evangelion mit jeder Folge enorm an Komplexität und Spannung dazugewinnt. Gerade wenn man glaubt man hätte eine Sache durchschaut, so wird man rucki zucki von etwas ganz Neuem überrascht.
Wer sind die Engel überhaupt? Warum greifen sie uns an? Was liegt im Keller der Forschungsstation verborgen und darf von keinem Menschen gesehen werden? Aus was wurden die EVAs eigentlich hergestellt und warum riechen sie im Inneren nach Blut? Und überhaupt, wer beabsichtigt hier was?
Um das Mysterium von Neon Genesis Evangelion vollkommen aufzudecken müsste man im wahrsten Sinne bei Adam und Eva anfangen. Außerdem ist es selbst nach mehrfacher Sichtung nahezu unmöglich jedes Detail bewusst wahrzunehmen. Gerade gegen Ende werden dann auch zunehmend existenzielle Fragen aufgeworfen.
Wer sind wir Menschen überhaupt? Wo kommen wir eigentlich her?
Und hier liefert NGE erschreckende sowie auch bewegende Antworten. Allerdings spalteten gerade die letzten beiden Folgen die Meinungen der Fans in einem bis dahin ungekannten Maß. Während die eine Seite Luftsprünge vor Begeisterung machte, zuckte die andere Seite nur müde mit den Schultern. Wie dem auch sei, der Druck der Fangemeinde war auf Hideaki Anno folglich so groß, dass nach der Serie noch zwei weitere Filme Ende der 90er folgen mussten. Allerdings gibt es bis heute noch keine eindeutige „Auflösung“ der Saga.
Viele Fragen bleiben immer noch ungelöst. Vermutlich ist aber genau diese Tatsache für den legendären Ruf der Serie mitverantwortlich.

Der Mensch ist auf dem unaufhaltsamen Weg zur Perfektion seiner selbst. Nahezu jede Grenze kann durchbrochen und jede Hürde überwunden werden. Hat sich der Mensch vielleicht nicht schon längst zu etwas Höheren entwickelt, ohne das er es selbst wahrgenommen hat? Vielleicht.
Aber auch wenn sich der Mensch dank der Schöpfung seiner Technik immer mehr auf Gottes Ebene stellt, ist es doch die vollkommene Erkenntnis über seine eigene Existenz, die er am meisten fürchtet

Mein Schlusswort:
Jede Menge kaputte Typen, Roboter mit großkalibrigen Schusswaffen und die Entdeckung menschlicher Abgründe sind alles Markenzeichen von NGE, die es zu dem machen was es ist: Ein Kult-Klassiker der nach wie vor seines Gleichen sucht.
Ich garantiere: Selbst Nicht-Animefans werden diese Serie zu schätzen wissen.

Ach ja, wenn ihr noch Bummeltips für Neo Tokyo 3 braucht sagt mir rechtzeitig Bescheid, bevor die Türme wieder unten sind.

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