Mit Filmen von „Uns“ Uwe Boll ist es so, wie mit einem Unfall. Kommt man in die Situation ihn sehen zu müssen, dann geht man vom schlimmsten aus. Selbst das weg schauen fällt dann schwer. Sei es noch so grausam. Natürlich bin ich keiner von der Sorte, der bei einem Unfall als Gaffer behindert, aber ich meinte das ganze eher als Metapher.
Boll scheint so langsam, und nach unzähligen cineastischen Gurken, gelernt zu haben, wie man einen Film inszeniert. Man braucht halt nicht immer nur Geld und Stars, sondern auch etwas Fingerspitzengefühl bei der Themenauswahl. Waren es früher noch Videospiele, welche hauptsächlich grauenhaft umgesetzt wurden (BloodRayne, Alone in the Dark, House of the Dead) oder der Versuch auf den „Herr der Ringe-Zug“ auf zu springen mit „Schwerter des Königs“ (gut, ist auch nen Videospiel gewesen). Alles war ganz großer Murks. Selbst das beliebte Wort „Edeltrash“ kann man hier nur mit Bauchschmerzen anwenden.
Doch heute ist das etwas anders. Boll scheint trotz seines Egoismus, und seiner prolligen Art etwas mehr Grips zu haben, als der geneigte Kritiker erwartet hätte.
Die Aktualität der neuesten Bollwerke ist nicht von der Hand zu weisen. „Siegburg“ war roh, brutal und durchaus realistisch. „Rampage“ ein filmischer Tritt in den Hintern mit der Amokläufer-Thematik, wieder brandaktuell.
Doch hier nun, mit „Darfur“ zeigt Boll ein von den Medien fast komplett ignoriertes Szenario, das schlimmer kaum sein könnte. Der krieg im Sudan ist grauenhaft, brutal und einfach kaum fassbar. Boll zeigt in seiner „unnachahmlichen“ Direktheit auf, wie die ganze Chose dort abläuft. Dem Zuschauer bleibt im wahrsten Sinne des Wortes die Kippe im Hals stecken.
Die Darsteller, welche Boll sich hier wieder auf die Besetzungscouch geholt hat, sind alte Gesichter. Billy Zane (Titanic, Inside a Skinhead), Kristanna Loken (BloodRayne, Terminator 3), Edward Furlong (Terminator 2, Siegburg) und Matt Frewer (Dawn of the Dead, Quicksilver Highway) kennt heute nahezu jeder Filmschauer. Doch diese 4 Protagonisten spielen meiner Ansicht nach eher eine untergeordnete Rolle. Sie sind der Zuschauermagnet. Der Hauptdarsteller ist die Szenerie und die Gräuel des Krieges.
Boll inszeniert „Darfur“ gekonnt einfach. Die 4 „Hauptdarsteller“ plus 2 weiteren Mitarbeitern verkörpern einen Trupp von amerikanischen Journalisten, welche den Völkermord in diesem Land beweisen und dokumentieren wollen. Sie treffen mitsamt zweier AU Soldaten aus Nigeria in einem kleinen Dorf ein. Sie führen Interviews, beschäftigen sich mit den Menschen dort und spielen mit den Kindern. Doch alles mit reichlich Fingerspitzengefühl. Als am Horizont eine Gruppe der Dschandschawid, der arabischen Miliz auftaucht, ist ein Massaker vorprogrammiert. Die Journalisten und die Soldaten werden nicht gerade zimperlich zum fortgehen gezwungen. Drei der Männer wagen sich aber zurück, und erleben das wahre Grauen.
Das Uwe Boll alles andere als ein Mann der leisen Töne ist, sollte jeder bisweilen gemerkt haben. Auch das er gerne mal mit grafischer Gewalt über die Stränge schlägt. Zeigte er beispielsweise in „Seed“ den Tod eines Babys durch verhungern, so treibt er es in „Darfur“ auf die Spitze. Er zeigt unter anderem, wie einer der Milizionäre ein Kleinkind vor den Augen der Mutter auf einem Speer aufspießt, ein Baby brutal auf den Boden geworfen wird, Frauen vergewaltigt und Männer mit Macheten zerhackt werden. Ultraharter Tobak der kaum einen kalt lassen wird.
Am Ende bleibt ein flaues Gefühl im Magen, ein Kopfschütteln und die Ohnmacht gegenüber diesen realen Gräueltaten.
Fazit
Boll liefert mit Abstand sein bisher bestes Werk ab, und nimmt ein Thema auf, das leider viel zu wenige zur Kenntnis nehmen. Leider werden durch den Namen Boll diesen Film meiden, andere werden ihn als viel zu grausam und plakativ abtun, das ist aber absolut nicht der Fall. Einen Oscar hat der Deutsche nicht verdient, aber ein gut gemeintes Lob ist schon drin. Uwe, mach weiter so. Sehe ich aber den Trailer zu „Max Schmeling“, denke ich eher an ein Strohfeuer..
7/10