Der Comicheld ist zurück - und weiß nicht mehr, auf welcher Seite er steht.
Die Fortsetzung des überaus erfolgreichen ersten Teils von "Blade" kann leider nicht das halten, was ihr Vorgänger verspricht. Hauptgrund hierfür könnte der Regiewechsel sein, denn in Teil zwei zeichnet mit Guillermo del Toro ein Mann verantwortlich, der eine gänzlich andere Handschrift aufweist als der Macher von "Blade" eins, Stephen Norrington. Während Norrington sich klar zur Computeranimation und Special-Effects-Machine bekannte, setzt del Toro verstärkt auf klassische Gruseleffekte wie schummriges Licht und wabernden Nebel, auch in die Maske investiert er wesentlich mehr Feinarbeit als sein Vorgänger. Doch das Konzept geht nicht auf. Zwar projeziert del Toro mit seiner Masche eine ganze Menge Gruselatmosphäre auf die Leinwand, doch weil Blade einer Comicfigur nachempfunden ist, sind bei der filmischen Umsetzung des Stoffes eher krachbunte High-Tech-Effekte gefragt als dunkle Gestalten die durch unterirdische Katakomben schleichen.
Die Story beginnt mit der ersten großen Schwäche des Films, dem Drehbuch. Bereits nach wenigen Minuten wird der Zuschauer mit einer gravierenden Ungereimtheit im Brückenschlag zwischen Teil eins und zwei konfontiert: Blade (Wesley Snipes) taucht in Prag auf um Whistler (Kris Kristorfferson) zu befreien. Letzteren haben die Vampirbosse einfrieren lassen und halten ihn seitdem gefangen. Doch wir erinnern uns: Whistler nahm sich in Teil eins das Leben indem er sich mit einer Pistole erschoß. Zwar sieht Blade in einer Erinnerungssequenz den Tod Whistlers vor seinem geistigen Auge, doch das war's auch schon. Getreu dem Motto "Den ersten Teil haben die meisten ohnehin schon wieder vergessen", wartet der Zuschauer vergebens auf eine Erklärung dafür, warum Whistler nun doch nicht gestorben ist. Verständlich, daß diese Lücke einen reichlich unprofessionellen Eindruck hinterläßt.
Wie auch immer, während Blade hackend und stechend seinen alten Kampfgefährten aus der Tiefkühltruhe holt, gehen in einem Prager Krankenhaus alarmierende Dinge vor sich. Und diese Dinge haben einen Namen: Jared Nomak (Luke Goss). Nomak ist ein Reaper und damit Angehöriger einer neuen Superrasse von Vampiren. Diese ernährt sich wahlweise von menschlichem Blut, fällt aber auch über 'normale' Vampire her und ist somit die ultimative Bedrohung für beide Spezies. Und weil die Reaper den Vampiren in ihrer Entwicklung weit voraus sind, können sie von diesen kaum umgebracht werden. Womit erneut Blade ins Spiel kommt. Eben noch erbittert bekämpft, versuchen die Vampire den kampferprobten Daywalker als Verbündeten zu gewinnen. Immerhin sind die Reaper auch eine Bedrohung für ihn.
Blade läßt sich auf das Zweckbündnis ein und gemeinsam mit einem schwerbewaffneten Vampirteam, welches sich den herrlich martialischen Namen 'Bloodpack' gegeben hat, beginnt die Jagd auf Jared Nomak und seine Reaper...
Die Grundidee ist nicht uninteressant. Ein übermächtiger Gegner zwingt zwei, sich bis dato im wahrsten Sinne des Wortes bis aufs Blut bekämpfende Parteien, zur Zusammenarbeit. So weit so gut. Doch leider bleibt es nicht bei diesem Zweckbündnis und Blade verliert im Laufe der Geschichte zunehmend an Glaubwürdigkeit. Aus dem erbitterten Vampirhasser des ersten Teils wird ein verliebter Zweifler, der nicht mehr recht weiß, auf welcher Seite er steht. Zwar wird keine echte Liebesgeschichte erzählt (... wäre ja auch noch schöner), doch das sich der Daywalker und Vampirfürstin Nyssa (Leonor Varela) sehr zugetan sind, wird unmißverständlich angedeutet. Auch hier hätte Regisseur Guillermo del Toro gut daran getan, einen genaueren Blick auf Teil eins zu werfen. Dort war Blade eine Figur, deren einzige Lebensaufgabe darin bestand Vampire zu pfählen. Sein plötzlicher Sinneswandel ist nicht nachvollziehbar.
Ein weiteres, deutliches Manko des Filmes, sind eine ganze Reihe höchst unspektakulärer Martial-Arts-Einlagen. Kampfszenen einer bestimmten Länge müssen perfekt choreographiert sein, um nicht zu langweilen. Zugegeben, ein Fünf-Sekunden-Fight kommt ohne Stuntdirector aus und kann trotzdem gefallen. Wenn allerdings fünf Minuten oder länger gekämpft wird, dann reicht das Strickmuster "eins-zwei-Kick" nicht mehr aus. Leider bekommt man in "Blade 2" genau das serviert. Wesley Snipes mag ein guter und ambitionierter Real-Kampfsportler sein, auf der Leinwand wirken seine Künste ermüdend; Stars wie Jackie Chan oder Jet Li kann Snipes auf diesem Sektor nicht das Wasser reichen. Also sollte er es beim nächsten Anlauf gar nicht versuchen und sich stattdessen auf seine, sicherlich vorhandenen, Non-Martial-Arts-Qualitäten besinnen.
Eine tolle Idee ist das sogenannte 'Bloodpack'. Ausgerüstet wie ein Sondereinsatzkommando der Polizei macht das sechsköpfige Vampirteam einen starken Eindruck. Mit automatischen Waffen und Namen wie Verlain, Priest, Snowman, Chupa oder Lighthammer ist das Sextett eine würdige Begleitung für Blade, der gottlob auch in Teil zwei nichts von seiner ursprünglichen Coolness eingebüßt hat. Anführer des 'Bloodpack' ist ein widerlicher Kerl namens Reinhard, perfekt verkörpert von Ron Perlman (u. a. bekannt aus Alien 4).
"Blade 3" ist bereits jetzt beschlossene Sache und so bleibt nur zu hoffen, daß nicht wieder ein anderer Regisseur das Ruder übernimmt. Dieses Konzept hat schon bei den Fortsetzungen von "From Dusk Till Dawn" gefloppt und wird sicherlich auch bei "Blade" wenig nützlich sein.
Fazit:
"Blade 2" ist ein bißchen mehr Horrorfilm als sein Action-Vorgänger, doch wirkt die Synthese aus klassischen Gruseleffekten und computeranimierten Blut nicht immer überzeugend. Deutliche Abstriche muß man bei der Story machen. Die Qualität vonTeil eins wurde nicht annähernd erreicht.