kurz angerissen*
erstmals veröffentlicht: 28.10.2012
Ein eher selten beackertes und doch so zeitgemäßes Thema kommt zu verdienten Ehren. Der Nesthocker ist immerhin ein Gesellschaftsprodukt unserer Zeit, und die Franzosen bieten mit „Tanguy“ eine wunderbare europäische Variante desselben. Wo man von einem US-Film entweder einen unbeholfenen Volltrottel (siehe auch: „Die Stiefbrüder“) oder einen Nerd in der Hauptrolle vermuten würde, ist es hier ein beruflich wie sexuell durchaus erfolgreicher Gelehrter, der noch dazu – in geringen Dosen wenigstens – sehr umgänglich ist. Zu umgänglich nach dem Geschmack seiner Eltern, weshalb sie ihn mit allen Mitteln aus dem Haus jagen wollen. Im Folgenden entfaltet sich ein zunehmend versteifendes Netz aus wechselseitiger Bedrängung und Sturheit: Was auch immer die Eltern anstellen, der Sohnemann hat vollstes Verständnis dafür.
Der Ton ist typisch französisch ausgesprochen trocken, der Humor ergibt sich durch beiläufig wirkende absurde Komik, die sich erst durch situative Anhäufung ergibt und dann mit Grimassen der Ungläubigkeit quittiert werden. Manchem mag der Ton der Komödie etwas steif wirken, in Zeiten überdrehter US-Anarcho-Komödien ist das aber irgendwo auch mal wieder eine Wohltat. Das Ende wirkt etwas verkorkst, kann aber den positiven Gesamteindruck auch nicht mehr schmälern.
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