Kritik zu "Gangs of New York" von Martin Scorsese
Die Anfänge Amerikas: in den Hafen von New York strömen die Immigranten nur so und versammeln sich in Gangs, um die Vorherrschaft über die einzelnen Stadtteile zu klären. Bei einer großen Schlacht bei Five-Points verliert ein Junge seinen Vater, den Anführer der hauptsächlich irischen Einwanderer. Jahre später kehrt er zurück, um sich an dem Mörder zu rächen.
Eine Vorbemerkung: ich schreibe diese Kritik als großer Scorsese-Fan und weniger als neutraler Alles-Gucker.
Der Film beginnt mit einer großen Schlacht und endet ebenso, nicht gerade ein Inszenierungsstil, den man von diesem Regisseur gewohnt ist. Dann wird die Geschichte von dem Jungen "Amsterdam" erzählt, wie er sich in die Gunst seines gehassten Feindes "Bill the Butcher" schleicht. Bei der Dartstellung der Gaunereien darf man sich immer mal wieder kurz an die großen Gangsterepen erinnert fühlen, das Hauptaugenmerk liegt aber zweifellos auf den unzähligen Einflüssen der verschiedenen Kulturen auf diese einzigartige Stadt. Tatsächlich hatte ich dann fest damit gerechnet, dass Scorsese seinen jungen Helden unbemerkt eine Gegenorganisation gründen lässt, die "Bill the Butcher" das Land unter den Füßen wegzieht, stattdessen fliegt der Kerl auf, muss einstecken, steht aber vom einen auf den anderen Tag mit einer mächtigen Armee hinter seinem Rücken bereit. Wie er das gemacht hat, ist etwas unklar, vermutlich hat er von dem politischen Gewitter profitiert und die Leute einfach überredet, wer weiß, vielleicht bekommt man das in der von den Produzenten gekürzten Stunde zu sehen...Jedenfalls fand ich diesen Kniff nicht besonders intensiv und zu simpel konstruiert, die Raffinesse des Regisseurs war dabei nicht zu spüren. Die imposante Darstellung der Historie der Stadt ist schon beeindruckend, besonders wie die wenigen (Einfluss)reichen Leute das Bisschen Kontrolle, das sie über die Bürger besitzen, mit dümmlichen Plänen vollständig verlieren. Dies ist weder uninteressant, noch schlecht inszeniert, aber diese zweite Rahmenhandlung nimmt gegen Ende des Films deutlich zuviel Platz ein, so dass es einem schwerfällt, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren, weswegen die Racheaktion, auf die der ganze Film eigentlich hinzielt ziemlich verpufft. Richtig nervig war allerdings die Rolle, die mit Cameron Diaz besetzt wurde - wie Hollywood-weichgespült muss ein Drehbuch denn sein, um in einer ohnehin schon umfangreichen Produktion noch eine klischeeverschimmelte Lovestory mit einzuflechten?
Mir hätte der Film zweifellos mehr gefallen, wenn er etwa mehr geradeaus gerichtet gewesen wäre, entweder man macht eine Rachegeschichte, oder eine Dokumentation über die Gründungsjahre der Stadt.
Die Schauspieler haben mich auch eher enttäuscht. Richtig beeindrucken konnte da keiner, wohl auch, weil die Rollen oft eindimensional ausgelegt sind, Ausnahme ist natürlich Daniel Day-Lewis, dessen Part der einzige richtige Charakter in den Geschehnissen ist. Musik, Kamera und Schnitt sind natürlich fehlerfrei, aber das ist doch wohl das mindeste, was man von einem Monster-budgetierten Film wie diesem erwarten kann.
Fazit:
Ein Meisterwerk ist das leider nicht geworden, ein Paar bemerkenswerte Szenen sind drin, aber trotzdem ist es mit Abstand Scorseses schwächster Film. Aber wenn er sich damit einen (von den Produzenten sicherlich veränderten) Traum erfüllt hat, keiner hat mehr Berechtigung als er...
Härtegrad: etwas schwierig, weil vermutlich einiges der Schere in den USA zum Opfer gefallen ist - 4
Gesamteindruck : 5