Review

Ja ja, lange hats gedauert, bis der Streifen endlich fertig wurde. Und lange wurde drüber berichtet. Da sind die Erwartungen natürlich gross. Aber wird "Gangs of New York" diesen Erwartungen gerecht?

Eine nicht ganz leicht zu beantwortende Frage. Der Film bietet eine bildgewaltige Geschichte über Rache, Verrrat, Loyalität und Liebe. Andererseits ist der Film in vielen Punkten ziemlich abgedreht und dazu auch noch ultrabrutal (was mich aber keineswegs stört :-)).

Doch erstmal zur Story. Leonardo DiCaprio spielt den jungen Iren Amsterdam, der mit ansehen musste, wie sein Vater Vallon bei einer Strassenschlacht in den Five Points von New York von dessen Erzfeind Bill Cutting niedergestreckt wird. Amsterdam landet daraufhin im Waisenhaus. Doch 16 Jahre später, im Jahre 1862 kehrt er in die Five Points zurück, um Rache zu nehmen. Doch in dieser Zeit hat sich das Viertel stark gewandelt, viele alte Kameraden von Amsterdams Vater arbeiten nun für Cutting. Die Iren sind keine richtige Gemeinschaft mehr. Wie der Zufall es will, fängt Amsterdam an, auch für Cutting zu arbeiten und ist dabei auch sehr erfolgreich, wodurch er in Cutting s Augen zu einer Art Ersatzsohn wird. Doch nach einer Weile kehren die Rachsehnsüchte zurück und Amsterdam versucht Cutting zu töten, was jedoch fehlschlägt. Von diesem aus dem Viertel verbannt, beginnt er nun, die anderen Iren um sich zu sammeln, um eine neue Schlacht über die Machtverhältnisse in Five Points zu führen. Doch da ist dann auch noch die Diebin Jenny, die sowohl mit Cutting als auch Amsterdam ein Verhältnis hat, welches zu weiterem Zweispalt der beiden Gegner führt.

Die Story ist ziemlich solide. Amsterdams Aufstieg in Cuttings Gang ist ziemlich ideenreich inszeniert, obwohl es manchmal überrascht, dass nur er so gute Einfälle hat. Dazu wird auch noch viel über die Verhältnisse der Stadt berichtet, wo es wirklich keine Ordnung gibt. Nichtmal die öffentlichen Behörden können es sich verkneifen, sich gegenseitig die Fresse einzuhauen, wenn bsw. zwei Feuerwehrbrigaden am selben Brennpunkt auftauchen und keiner dem anderen das Löschen überlassen will. Doch gerade hier wird ein sehr auffälliges Element des Films sichtbar. Nämlich die Tatsache, dass kein einziger der wesentlichen Charaktere normal ist. Jeder von ihnen hat irgendwie einen Sprung in der Schüssel, sei es in Punkto Kleidung und Aussehen bzw. im Verhalten, gelegentlich auch beides. Das führt nicht selten zu unfreiwilligem Humor. Doch bei einigen der Sprüche muss man auch mal etwas unempfindlicher sein, denn zwischen den Witzen kommen auch immer wieder ziemlich rassistische Sprüche und Parolen hervor. Man kann Scorsese zwar keineswegs Rassismus oder eine Antipathie gegen Iren vorwerfen, aber einige der Sachen, die Cutting oder seine Gefolgsleute da von sich geben, sind wirklich nicht mehr fein. Wer abgebrüht genug ist, kann dem aber wieder einen Lacher entringen, denn so derbe einige Sprüche auch sind, musste ich doch des öfteren mal schmunzeln.

Nun zu den Schauspielern. DiCaprio macht seine Rolle sehr gut. Das zeigt aber auch wieder, dass er in die ernsteren Rollen besser passt als in diesen Sunnyboys. Genauso wie es bei Ben Affleck der Fall, kauft man ihm den halb gut / halb böse Typen mehr ab als diesen ach so unschuldigen Lover. Ob die Frisur und der Bart da was zu beigetragen haben, will ich mal aussen vorlassen. Tatsache ist aber, dass er die Entwicklung seines Charakters gut darstellt, besonders gut in der Szene erkennbar, wo er von dem Knüppelschwinger belehrt wird, weil er nicht so wie sein Vater an etwas glaubt und dafür zu sterben bereit ist. Auf der anderen Seite der Five Points hat DiCaprio dann seinen Gegenspieler, der von Daniel Day Lewis herrlich abgedroschen gemimt wird. Diese Arroganz und Überheblichkeit Cuttings, kombiniert mit seinen optisch nie sehr ansprechenden Anzügen sind einfach nur genial. Aber auch die Skrupellosigkeit und die Härte bei der Ausübung seiner Macht wird von Lewis mehr als überzeugend rübergebracht.
Naja, aber wo es Höhen gibt, da sind auch Tiefen, so kommen wir zu Cameron Diaz. Also, ich frage mich echt, was die in dem Film zu suchen hatte. Erstmal war diese ganze Lovestory total nebensächlich und hat den Film kaum weitergebracht (eigentlich sollte es diese Love Story ja gar nicht geben, aber der Produzent bestand ja drauf), und Diaz ist einfach nur grässlich. Nicht nur, dass sie scheiße aussieht (ist wohl Geschmackssache), sie spielt auch schlecht, nicht sehr überzeugend und stellenweise auch etwas übertrieben. Man nimmt ihr die facettenreiche Figur, die sie verkörpert, einfach nicht ab. Auch die Tatsache, dass sie sich überraschend schnell mit Amsterdam einlässt, und das auch noch ohne Bedenken, ist ziemlich unglaubwürdig, was aber nur mehr verdeutlicht, dass diese Love Story ursprünglich nicht dabei sein sollte.

Nun wollen wir uns der optischen Umsetzung widmen. Und hier kann man sich wirklich sehen. Die Five Points sehen so aus, wie man sie sich vorstellen würde. Heruntergekommen und düster, genau das Gegenteil zu den reicheren Vierteln New Yorks. Auch das Kostüm Design ist ansprechend. Man kann die vielen Gangs in den Five Points sehr gut auseinanderhalten. Auch wirken die Klamotten der Leute so richtig schön schäbig, was das Ganze noch echter wirken lässt.
Und nun zur Musik. Da sag ich einfach nur: Sehr gut. Mehr muss man da auch nicht sagen.

Aber eins soll nicht außer Acht bleiben. Die Schlachten und die Fights. Die sind so dermaßen blutig, dass man dauernd an der Ernsthaftigkeit der FSK-16 Freigabe zweifelt. Denn es handelt sich hier nunmal um einen Unterhaltungsfilm. Und es geht hier wirklich gnadenlos zur Sache. Leute werden zerschossen, zerstochen, mit schweren Knüppeln plattgeprügelt und mit allerlei scharfer Gegenständer zerhackt. Bereits in den ersten 10 Minuten wird man Zeuge eines wirklich derben Gemetzels. Und im Laufe des Films sterben noch viele weitere Personen. Sogar DiCaprio muss einiges einstecken, seien es Schläge oder Messer. Für Zartbeseitete ist "Gangs of New York" auf jedenfall nicht geeignet.

Fazit: Ein bildgewaltiges Epos über den Kampf in den Strassen von New York zur Bürgerkriegszeit. Mal von der nervigen Love Story abgesehen, wird einem eine eindrucksvolle Geschichte mit vielen Überraschungen spannend und blutig erzählt.
8/10

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