Beim Fachgebiet der Paläontologie kommt einem sogleich ein weiterer Ableger von „The Descent“ in den Sinn, doch diesmal geht die Absurdität noch ein wenig weiter und präsentiert uns mit „Humans“ ausgestorben geglaubte Neandertaler in den Schweizer Alpen.
Vielleicht ein Werbegag der Tourismusbranche?
Denn von Glaubwürdigkeiten in Sachen Tier/Monsterhorror hält man bei dieser Geschichte wenig und bringt bereits innerhalb der Exposition den Fund eines Neandertaler-Schädels ins Spiel, dessen eigentliche Bedeutung durch einen tragischen Umstand über Jahrzehnte in Vergessenheit geriet.
Nun machen sich ein Professor, dessen Lieblingsstudentin und der Sohn des Professors auf den Weg zur Expedition in die Teufelsschlucht, wobei sie noch eine dreiköpfige Patchwork-Familie aufgabeln und alsbald mit dem Van vom Weg abkommen.
Unwahrscheinlichkeit Nummer zwei: Als der Wagen vom Pass in die Schlucht stürzt, sprechen wir nicht von wenigen Metern, auch wenn das aufgrund der etwas unglücklichen CGI so aussieht, - doch wie durch ein Wunder bleiben fast alle Insassen unverletzt.
Und da stehen sie nun etwas ratlos im Lötschental, weitab der nächsten Waldhütte und müssen sich zu Fuß durch die raue Landschaft durchschlagen, was für den Zuschauer einige Zeit wie ein solides Naturabenteuer wirkt.
Denn die Neandertaler lassen eine Weile auf sich warten, bis dato kündigt sich ihr Erscheinen lediglich durch die Handycam-Aufnahmen der fünfzehnjährigen Elodie an, während eine verschwundene Leiche auch die Tat eines Bären sein könnte.
Ohnehin vermutet die Wandertruppe auch beim blutigen Handabdruck auf einem Felsen ein paar Verkleidete eines Fastnachtsfestes, mit denen man zuvor unsanft aneinander geriet.
Indes könnten die Figurenzeichnungen etwas differenzierter ausfallen, als dass zwei zu Helden erkoren werden, die früher einmal zusammen waren und im Streit auseinander gingen und die neue Frau vom Patchwork-Family-Dad ausschließlich durch Zetern auffällt.
Dafür ist jener Dad ein markantes Knautschgesicht, welches mit einigen sarkastischen Sprüchen die latent beklemmende Stimmung auflockert und auch durch das pubertierende Mädchen kommt es zu einigen wortwitzigen Auseinandersetzungen.
Nicht erst mit dem Auftauchen der Urzeitmenschen wird es spannend, denn die Überquerung eines wilden Flusses sorgt durchaus für spannende Momente. Als jedoch schließlich alle weiblichen Mitglieder der Belegschaft entführt werden, ist auch dem letzten Voll-Horst klar, was, nicht zuletzt aufgrund der vagen Erklärungen der angehenden Archäologin, in Wirklichkeit vor sich geht.
Da muss man sich im Dickicht verstecken, aus einer Falle befreien, eine Höhle erkunden und versuchen, eine befahrene Straße zu erreichen.
Das Erzähltempo ist dabei angenehm konstant hoch, nur Gorefreunde schauen etwas in die Röhre, da man sich mit derben Gewaltausbrüchen so ziemlich zurückhält und ein Pfeil im Bein und Schläge mit dem Gewehrkolben bereits das Deftigste darstellen.
Aber es sind halt Neandertaler und Folterfilme wie „Hostel“ kennen die nicht.
Ergo kann die raue Berglandschaft mit atmosphärischen Momenten punkten, der Score treibt zwischenzeitlich gut an und Kamera, als auch Schnitt liefern eine solide Leistung ab.
Die Maske geht völlig in Ordnung und einen Bonuspunkt bekommt der Streifen aufgrund seiner galanten Auflösung, die sogar ein wenig Raum für Interpretationen lässt und keineswegs in die Es-ist-alles-wieder-gut-Ecke abdriftet.
„Humans“ ist eine europäische Co-Produktion (Frankreich, Schweiz, Luxemburg), die aufgrund ihrer frisch erscheinenden Mixtur Interesse erwecken kann und sein simples Sujet recht effektiv nutzt, um gegenüber amerikanischen Produktionen locker mithalten zu können.
Eine gefällige Mischung aus Abenteuer, Monsterhorror und leicht angedeuteter Sozialkritik, - kein Burner, aber flockige Unterhaltung, die mit einfachen Mitteln ganz gut auf den Punkt kommt.
6,5 von 10