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In einer dunklen Ökonomie versunken und versöhnt, wandelt der mittlerweile nach offizieller Zählung 99. Film in der Karriere Jackie Chan stark auf den Spuren der Vergangenheit. Nicht nur, dass das enemy mine Szenario wie wenige Filme in seiner Filmographie zuvor in längst geschehenen Zeiten angesiedelt ist und sich dort rein historisch zur Hälfte das Setting von The Myth teilt, auch birgt die eigens von Chan erdachte und je nach Aussage die letzten 15-20 Jahren mitgeschleifte und immer wieder überdachte Geschichte auch den gemeinsamen Boden verschiedener filmischer Epochen und ebenso erprobter Gattungen in sich. Zudem kann es seine Figur nicht lassen, obwohl ebenfalls ein Mann in den mittleren Jahren verkörpernd, ständig Zitate des Vaters auszusprechen. In einer tätigen Deutung offen ist auch die Veränderung Chans selber in den letzten Zeiten mit entscheidend für die Wirkung des Werkes, dass trotz vieler Gemeinsamkeiten mit sonstigen Arbeiten in einer unreduzierbaren Differenz gehalten und in seinen stilleren Bereichen von dem sonstigen seminalen Abenteuerstück mit buddy picture Anleihen in eine volle can't stop the war Präsenz hinaus gelangt.

Dabei greift man mit dem Ursprung des noch in sich gespaltenen Chinesischen Reiches 227 vor Christus auf eine zuletzt sehr beliebte Ära für historische Dramen in Vereinigung mit martialischem Kriegsfilmcharakter und damit auf eine scheinbare Notwendigkeit des ständigen Kampfes gegen Eindringlinge in das eigene Vaterland zurück. Eine Geschichte, die zumeist einen versichernden Grund auf beiden Seiten der angetretenen Parteien, aber oft keinen Ursprung dieser Auseinandersetzungen und auch nur ein vorübergehendes Ende hat. Eine gänzlich unversöhnliche Minimalisierung auf das Wesentliche einer archaischen warring states period Reinheit, in der Kampfesmut und Heldentod allein schon die bezeichnende und auch die stellvertretende Referenz sind:

227 BC. Das Land ist in mehrere Reiche zerspalten, die untereinander nahezu unablässig Krieg miteinander führen. Bei einer Schlacht am Phoenix Hügel, die furchtbare Opfer auf beiden Seiten der Parteien nach sich zog, erwacht ein kleiner Liang-Soldat [ Jackie Chan ] nach dem Gemetzel auf dem von Leichen übersäten Feld und nimmt zu diesem Glück hinzukommend noch einen hoch dekorierten Wei-General [ Alexander Wang ] im Zufall gefangen. Mit diesem Beutespeck im Schlepptau möchte er seine Heimat ansteuern, um die Geißel dort gegen ein kleines Stück Farmland und seine Befreiung vom Militärdienst einzutauschen. Unterwegs dahin macht ihn aber nicht nur der jüngere, unbedingt seine Ehre im Kampf verteidigen wollende und sich enorm gegen die Gefangenhaltung wehrende General die Scherereien, sondern werden sie gemeinsam auch von der kriegsflüchtigen Zivilistin Songster [ Lin Peng ] hereingelegt und zuallerletzt von dem Wei-Trupp des Prince Wen [ Steve Yoo ] und seiner Gefolgschaft [ u.a. Do Yuk-ming, Ken Lo, Alan Ng ] gejagt. Außerdem gelingt es allen gemeinsam, die nomadenartigen Banditen von Loufan aufmerksam und wütend zu machen.

Muss man Chan sicherlich den Löwenanteil an der Produktion zuschanzen und wird auch entsprechend Geltung in Form der allgegenwärtigen Nennung als Producer, Executive Producer, Action Director, Ideengeber verschafft und natürlich zusätzlich als Hauptdarsteller bildlich versehen, so darf man dem jungen Regisseur, Editor und Drehbuchautor Ding Sheng dabei nicht aus der Materie dieser Totalisierung heraus lassen; der als Anwesenheit eines zweiten Zentrums in die Bewegung der kreativen Kette mit eingeschrieben ist. Dabei zeichnet die 20 Millionen Dollar Produktion ebenso wie seinen Vorgänger, das Debüt Underdog Knight eine willkommene Art humanistische Ethik aus, die sich mit natürlicher, öfters aus naiver Unschuld durchaus schwierigen und kritisch argwöhnisch beäugten Themen nähert. Eine Art Heimweh in schwierigen Zeiten, in der sich der Mensch eines gewissen Gegenwärtigens versichern muss, um in diesen Wirren nicht moralisch oder physisch unter zugehen. Während es dort im Gewand eines Actionthrillers um einen geplanten Überfall und einen selbst ernannten Vigilante tief im Inneren um die Fragen von Patriotismus, Nationalismus, das Recht eigener Gesetze ging und die Bedrohung scheinbar von kapitalistischer Seite aus auf den streng Vaterlandsliebenden einprasselte und zugleich eine Verbindung schloss, so muss sich hier ein nach Freiheit Sehnender gegen einen unbedingt das Schlachtfeld Suchenden stellen und nach und nach beim Aneinander-Abarbeiten ebenso die Mauern der Vorurteile einreißen.

"What's the situation ?", ein knapper running gag inmitten des Zusammentreffens von Jägern und Gejagten sowie in die brenzlige Situation Hineingeschriebenen stellt dabei die entscheidende Frage in diesem Feld der Kontraste dar. Die traditionellen Begriffe sind eindeutig, die Motive schon von der Herkunft und so mit der Geburt vorgegeben, hier Wei, da Liang, hier zwei Brüder, dort zwei Feinde auf Lebenszeit, hier ein Farmer, dort ein General, zudem unterschiedlicher Generation. Die Situation ist dennoch unklar und verwirrend, ein  stetiges Spiel aus kurzer Anpassung an die momentanen Gegebenheiten, in denen eben zusammengehalten und mit dem Anderen kooperiert werden muss, um beider Leben in Sicherheit zu bringen. Das kennt man aus The Defiant Ones ebenso wie aus Hell in the Pacific, indem die Unterschiede vom ersten Blick an schon von der Rasse und/oder Hautfarbe noch weit größer waren und gleichfalls auf den Prüfstein gemeinsamer Strapazen gelegt wurden; "Little Man Big Soldier" [ wörtliche Übersetzung ] treibt dies Spiel der Notwendigkeit der Entgegensetzens mit weltmännischer Leichtigkeit noch auf die Spitze bis hin zum teils warmherzigen, teils bittersüssen Typenlustspiel und sorgt mit der Institution des üblichen Chanschen familienfreundlichen Slapsticks für das flottierende Mehr.

So muss man sich zwar auch auf einen ungewohnt hohen Anteil an verhältnismäßig drastischen Bilder einstellen, die zudem mit einem brachialen Sound und grisslig düsterer Farbgebung bzw. dem Entfiltern von Rot- Grün- und Gelbtönen in das formal Düstere unterlegt sind, und wohnt man auch einem nicht zu unterschätzenden Anteil an tödlich ausgehenden Konfrontationen bei, wird dies letale Geschehen aber immer wieder durch ein großes Gewicht an teils harmlosen, teils paradoxen Übertretungen in die Lachkultur verschoben, die gar seinen kleinen Beitrag zu einer komfortablen Aufklärung leistet. Im Zusammenhang mit manchem Wortwitz eine durchaus scharfsinnige, auch nie zu moralistische oder in die aufdringliche Verselbständigung dringende Beobachtung vom Unsinn des Krieges im Zusammenhang mit einer Lebensorientierung. Paradebeispiel: Der General bietet dem Soldaten 1000 mou Land für seine Freilassung, dieser kann aber nur 5 mou [ etwa 1/3 Hektar ] bewirtschaften, grübelt selbst dort über die geeignete Bepflanzung und hat folgerichtig gar kein Drang nach mehr Eroberung.

Die ansonsten schon gefährliche Situation und ihre Vielfalt destruktiver Diskurse in einer zuweilen gänzlich unwirtlichen, da kahlgefressenen Landschaft wird aber nicht verspottet oder verdrängt, nur doch mit dem integrierenden Blickpunkt des "Alles halb so schlimm" in eine Gestaltenmischung aus Ernst und Spaß erweitert. Damit einhergehend stellt sich gerade zu Beginn auch eine Vielzahl von Todesfällen entweder als vorgetäuscht, geträumt oder nicht ausführbar und so auch immer als Aufhänger für den Moment aufheiternde Pointe heraus. Die eingebundene Aktion in Form von Schwertkämpfen, ein wenig Rangelei und anderem physischem Aufwand sorgt für eine Konzentration der Handlung hin zu einem triebdynamisches Modell, ohne sich aber einem reinen Spektakel oder dem zwanglosen Erfüllen von äußerlichen Eindrücken explizit zu versichern. Mehrere Szeneneinstellungen sprechen eine deutlichere bis hin zur artistisch brachialen Sprache, als es in der Gesamtheit der Montage gelingt, diese zu wahren prägnanten Höhepunkten zusammenzufügen.

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