Angelehnt an die Mad Max-Trilogie präsentieren die Brüder Hughes hier ihre modernisierte Endzeit-Vision.
Ausgestattet mit einem wesentlich höheren Budget ist ihr Held jedoch kein langhaariger Desperado mit einem guten Herz, sondern ein sehr konzentriert und unbeirrbar vorgehender Einzelkämpfer, der sich durch eine kaputte Welt im Jahr 2044 durchschlägt. Eine Welt voll von zerstörten Städten, zerfallenen Autobahnbrücken und kargen Landschaften ohne Vegetation, bevölkert von gesetzlosen und verwilderten Menschen. Seine Mission: Ein Exemplar der Bibel, anscheinend eines der letzten noch existierenden, "nach Westen" zu bringen. Das schafft er natürlich auch, muß aber bis dahin noch einige Fieslinge umnieten. Bis auf eine Szene, die derjenigen aus Mad Max 2 exakt entspricht (der Held beobachtet von einem Felsvorsprung aus wie Motorrad-Banditen Zivilisten überfallen, den Typ abknallen, die Frau durchnudeln & abknallen und schließlich schnell mit der Beute verschwinden) wars das aber mit den Gemeinsamkeiten zu Mad Max.
Vorab: The book of Eli erreicht nie und zu keiner Zeit das Vorbild aus den 80ern.
Gleich zu Beginn des Films fallen die grandiosen öden Landschaften auf, es herrscht richtig Endzeitstimmung. Der Film, der in braun-schwarzen Tönen gehalten ist, vermittelt glaubhaft die Kulisse einer post-atomaren USA. Dies wird bis zum Ende durchgehalten, nichts als Ödnis oder verfallene Bauwerke. Daß die Straßen inmitten dieser Umgebung allerdings noch gut bis sehr gut erhalten sind, lassen wir mal als eines der vielen Logiklöcher im Film einfach so dahingestellt.
Die Hauptdarsteller Eli (politisch korrekt: Denzel Washington) und sein Widersacher, der böse weiße Stadtkommandant Carnegie (Gary Oldman) spielen ihre Rollen recht überzeugend, auch die Nebenrollen sind ordentlich besetzt, Carnegies Schergen sind dumm wie Brot, lediglich sein Capo Redridge (Ray Stevenson) ist etwas schlauer. Carnegie hat Manieren, kann Bücher lesen, hält sich eine blinde Gefährtin (Jennifer Beals) und deren Tochter (Mila Kunis), regiert ansonsten mittels Angst und ist auf der Suche nach einer Bibel, die er für eine mächtige, wenn nicht gar die mächtigste Waffe überhaupt hält. Er ist wie alle Despoten zynisch und fies und spielt einen gegen den anderen aus - eine Parade-Rolle für Gary Oldman. Sogar seine Adoptiv(?)-Tochter Solara schickt er nachts in Elis Zimmer, um ihn zum Komplizen zu machen. Aber erstens ist Solara viel zu blöd dazu und Eli ohnehin asexuell: der Plan scheitert. Am Ende muß Carnegie tatenlos zusehen, wie andere Desperados seinen Saloon ausräumen. Nicht mal einen großen Abgang spendiert ihm das Drehbuch, fand ich schade.
Denzel Washington bleibt nahezu den ganzen Film über stoisch ruhig, spricht kaum und erfüllt seine Mission ohne nach links oder rechts zu schauen. Obwohl es die Hauptrolle des Films ist, verlangt sie kaum Gestik oder Mimik, keine besondere Herausforderung für Washinton.
Um die Sache ein wenig aufzulockern, erfand das Drehbuch dann noch die "schöne Tochter". Diese wirft sich dem Helden sogleich an den Hals (was für eine Überraschung...) und kriecht ihm den ganzen restlichen Film hinterher. Dabei verzichtet Solana (Mila Kunis) allerdings auf jeden Körpereinsatz (schade), stattdessen ist es eine Mischung aus pubertärer Neugier und Rotzigkeit, die sie an den Tag legt. Selbstredend kann Eli auf derartige Begleitung liebend gern verzichten, aber sie läßt sich nicht abschütteln. Ganz im Sinne des Klischees: die junge schöne Weiße von der bösen Seite, die nicht gut genug für den älteren Schwarzen von der guten Seite ist.
Das Drehbuch enthält wie erwähnt einige Logiklöcher, die merkwürdigste Sache scheint mir die Unverwundbarkeit von Eli zu sein: der Mann ist sogar kugelfest. Warum er sich dann überhaupt verteidigen muß und dabei in Sekundenbruchteilen Hackfleich aus jedem Gegner macht bleibt nebulös. Jeder Stoß seiner Machete, jeder von ihm abgefeuerte Schuß tötet augenblicklich und lautlos seine Gegner, nur Carnegie kriegt einmal einen Streifschuß und jammert dann laut herum. Als es Eli nach 2/3 des Films dann doch mal erwischt (wieso eigentlich?) verabsäumt es Carnegie, ihn abschließend mit Blei vollzupumpen.
Ein netter Gag ist die erbeutete Bibel in Braille-schrift, lesbar nur durch Claudia, die aber plötzlich keine Lust mehr dazu hat. Auch diese Idee verläuft im Sande, wie überhaupt viel zu wenig auf die Sozialisierungsgeschichte der überlebenden Menschen Wert gelegt wird. Hier hätte ich zumindest mal ein wenig über deren Leben und Perspektiven, über die allgemeinen Umstände zu erfahren gewünscht. Beispielsweise wird nur erwähnt daß das Wasser, sowie Seife und Shampoo knapp ist, Benzin jedoch, knappstes Luxusgut in Mad Max 2, scheint es reichlich zu geben - aber woher?
Leider fehlt daher The book of Eli auch jede Spannung. Nach spätestens 25 Minuten sind die Fronten geklärt, es ist klar daß Eli seine Mission beenden wird, die Frage ist bestenfalls welche Hindernisse sich ihm noch in den Weg legen. Daß er diese jedoch beseitigt, daran besteht nie ein Zweifel.
Die (gesellschafts-)politische Aussage des Films - ein offenbar schlecht durchdachter christlicher Fundamentalismus - bekommt mit zunehmender Filmdauer immer mehr Gewicht, wird allerdings immer unverständlicher. Das an den Haaren herbeigezogene Konstrukt einer Druckerei auf der ehemaligen Hochsicherheits-Gefängnisinsel Alcatraz, deren Bewohner nur darauf warten daß da eines Tages ein Mann mit einem Bibel-Original hereinspaziert damit sie die Druckerpresse anschmeißen können, lassen wir mal beiseite, wie Eli jedoch, barfuss und mit einem weißen Kaftan bekleidet, aus dem Gedächtnis heraus dem Kommandanten die komplette Bibel diktiert, erinnert schon stark an eine Parabel auf Jesus Christus. Das kurz zuvor im Film verwendete Zitat von "mehr für andere tun als für sich selbst" (= Nächstenliebe) geht in dieselbe Richtung - wo allerdings blieb diese Nächstenliebe bei Elis Machetenspielchen 90 Minuten zuvor? Um dem historischen Original auch nur annähernd gerecht zu werden, hätte er seine zahlreichen Feinde besiegen müssen, ohne sie zu töten. Mehr noch: er hätte sie bekehren müssen, auf daß sie ihm nachfolgen.
Gestört hat mich auch die extreme Schwarz-Weiß-Malerei der einzelnen Charaktere: Hier der leuchtend gute Eli, dort nur die bösen Anderen. Niemand schließt sich ihm an, er macht sich keine Freunde und nur die dämliche Solara läuft ihm nach. Dabei gäbe es durchaus Ansätze: Redridge (Ray Stevenson) scheint sich auf die andere Seite schlagen zu wollen, nachdem er merkt daß seine Kugeln von Eli abprallen. Die blinde Claudia (Jennifer Beals), Frau des Despoten, begegnet Eli ebenfalls mit Respekt. Der Mechaniker (Tom Waits, großartig sein verkniffenes Gesicht) wäre ebenso ein Kandidat, selbst der Einkaufswagen-Lockvogel (sie hatte sogar 2 Auftritte) ist nicht nur böse: immerhin warnt sie Solara, schnell weiterzugehen. Potential genug also, in dieser post-atomaren Gesellschaft noch Mitstreiter zu finden. Die Chance zur Bekehrung (im wörtlichen wie auch im christlichen Sinn) vergibt der Film jedoch kläglich.
So bleiben auf der Habenseite für The book of Eli nur die fantastischen Bilder von öden und zerstörten Landschaften und ein paar nette computergestützte Actionszenen gegenüber einem immer blöder werdenden und absolut vorhersehbaren Plot. 3,49 Punkte.