Review

"Fass mich noch einmal mit deiner Hand an und sie ist weg."

Im Jahr 2044 ist Amerika vollständig verwüstet. Die wenigen Überlebenden hausen in den Überresten der Städte, in ständiger Angst vor kriminellen Banden. Eli (Denzel Washington) streift zu dieser Zeit auf eigene Faust durch die unwirtliche Landschaft um ein Buch in den Westen des Landes zu bringen. Auf seiner Reise rastet er in einer heruntergekommenen Stadt und beginnt in einer Bar Streit mit einem Bandenmitglied. Der Stadthalter Carnegie (Gary Oldman) wird auf diesen Vorfall aufmerksam und versucht Eli aufgrund seines kämpferischen Könnens in seine Bande zu integrieren. Gefügig machen sollen ihn Nahrung, Wasser sowie die hübsche Solara (Mila Kunis). Völligst umgarnen lässt sich Eli jedoch nicht. Am nächsten Tag zieht Eli seiner Wege. Aber Carnegie hetzt seine Leute auf ihn. Denn mittlerweile hat er von dem geheimnisvollen Buch und dessen Nutzungsmöglichkeiten erfahren.

"The Book of Eli" verbindet eine anachronistische Western-Story im Endzeit-Gewand mit den typischen Stilmitteln der Regisseure Albert und Allen Hughes ("From Hell"). So wie von ihnen gewohnt präsentieren die Brüder ihr Endzeitszenario in Form einer kraftvollen Bilderflut. Neben der Weltendarstellung wurden die Handlung und die Charaktere aber scheinbar vergessen.

Was für eine Lebenssituation die Brüder Hughes in ihrem Film vorstellen erinnert zunächst an die australischen "Mad Max"-Filme von George Miller. In überwiegend grau-braunen Bildern zeigen sie postapokalyptische Landschaftsaufnahmen mit enormer Weitsicht, die größtenteils menschenleer sind. Ohne eine bestehende Regierungsform verfallen die noch lebenden Menschen der Gesetzlosigkeit. Banden bekriegen sich, Raub, Mord und Vergewaltigung stehen an der Tagesordnung. Nur wenige profitieren vom Wassermangel und der Knappheit an Luxusgütern.

Glaubhaft vermittelt "The Book of Eli" den Wandel unserer Welt, jedoch ohne zu erklären, was denn eigentlich geschehen ist. Stattdessen offenbart der Film eine inhaltlich unbeholfene Handlung, die nie so richtig an Fahrt gewinnen will und mit seiner Vielzahl an christlichen Symbolen schon beinahe nervt. Für gewöhnlich verfolgt die Geschichte den Wanderer Eli auf seinem recht ereignislosen Weg. Falls doch mal etwas außergewöhnliches geschieht, ist dies auch schnell wieder vorbei oder voller logischer Ungereimtheiten.
Auch das Ende vermag es leider nicht befriedigende Antworten zu geben. Und zwischenzeitlich fragt man sich, ob Eli besondere Kräfte hat, so wie er manch einen Bösewicht von Gliedmaßen erleichtert ohne dabei verletzt zu werden.

So wie schon die Weltendarstellung das Publikum mit einer drastischen Veränderung der Oberfläche fordert, so fordern auch die spärlichen Actionszenen ein gefestigtes Publikum. Die Konfrontationen sind brachial, schnell und enthalten das raue Gefühl der post-apokalyptischen Welt. Neben klassischen Westernmotiven bildet eine kameratechnisch sehr ausgeklügelte Belagerungssituation mit fulminantem Bleigewitter den absoluten Höhepunkt. Als Actionfilm taugt "The Book of Eli" aber dennoch wenig, denn die Versuche einer ernsten Charakterstudie inmitten unwirtlicher Zeiten machen den größeren Anteil der Laufzeit aus.

Problematisch erweisen sich aber die Charaktere selbst, was sich in einer fast menschenleeren Umgebung als besonders nachteilig erweist. Der klassisch maskuline Held Eli ist geübt in der Jagd, tödlich im Nahkampf mit dem Messer und wortgewandt gegenüber seinen Widersachern. Ebenso klassisch ist die Gegenseite durch ein raues, ungepflegtes Äußeres oder engstirnige Charakterzüge sofort erkennbar. Dieses geballte Klischeeaufgebot versaut durchweg sämtliche Ansätze einer glaubwürdigen Charakterzeichnung und gleichzeitig den Unterhaltungswert von "The Book of Eli".
Da verhilft dann auch ein gewohnt souverän eingesetzter Denzel Washington ("Training Day") nicht mehr, um den Figuren noch etwas Dynamik zu verpassen. Selbst der erschreckend ältlich wirkende Gary Oldman ("The Dark Knight") hat hier Schwierigkeiten seiner sperrigen Figur ein Format zu geben. Und auch andere Größen, wie Mila Kunis ("Max Payne") oder Malcolm McDowell ("Doomsday") werden durch marginale Auftritte verheizt.

"The Book of Eli" versetzt seine Protagonisten zwar in eine atmosphärische Umgebung, verzichtet dabei aber größtenteils auf interessante Charaktere. Mit religiösen Motiven aufgeladen, manövriert sich der Film unbeholfen in Richtung christlicher Propagandawerke und erweist sich als sehr langwieriges Spektakel. Die wenigen Actionszenen können zwar optisch beeindrucken, jedoch keine erhofften dramaturgischen Höhepunkt setzen. Als Genrebeitrag enthüllt dieser Film letztendlich keine wirklichen interessanten Aspekte, die nicht zuvor schon abgehandelt wurden. Knappe...

4 / 10

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