Review

Am Anfang des Films wollte ich schon abschalten. Es wird das Leben des Lee Kang-jae gezeichnet, der sich als Kleinkrimineller und als Videoverkäufer über Wasser hält. Er lebt verwahrlost und charakterlich ist er aggressiv, an seiner Umwelt desinteressiert, egoistisch, ideologienlos, rücksichtslos und vor allem auch unsympathisch. Durch sein Umfeld und seine Impulsivität bestimmt ist er die erste halbe Stunde auch meist überwiegend in grobe Schlägereien verwickelt. Ansonsten wird gepinkelt, gespuckt und Kette geraucht. Nebenbei fällt auch in fast jedem Satz mindestens entweder das Wort "Fuck" in allen Variationen oder alternativ "Bastard".

Über eine Partnervermittlung wird er dann mit der Chinesin Failan verheiratet, die eine Ehe für ein erforderliches Visum benötigt, um in Korea bleiben zu können und keinen Grund mehr hat, in ihre Heimat zurückzukehren.
Failan ist das wirklich krasse Gegenteil zu Lee: schüchtern, aufrichtig, ordentlich, fleißig, geradlinig und auch noch äußerst hübsch. Allerdings wird sie ihm niemals begegnen. Sie versucht zwar den Kontakt aufzunehmen (und sehnt sich nach nichts mehr als das), lernt ihn aus der Ferne auch ein wenig kennen, aber der eine mühevolle Kontaktversuch scheitert überraschend in letzter Sekunde, ohne dass Lee darum Gewahr wird.

Ein Jahr nach der Einreise in Korea stirbt Failan an Tuberkulose, vor allem auch deswegen, weil sie bzw. ihre Krankheit in ihrem Umfeld nicht ernst genommen und letztlich ignoriert wird. Nun muss Lee seine tote (Schein-)ehefrau aufsuchen und für sie die Beerdigungsformalitäten erledigen, was er mit gewohnter Interesselosigkeit als nervige Aufgabe empfindet, aber er lernt sie darüber besser kennen und oh Wunder: auch in ihm stecken menschliche Züge. In dieser Phase beginnt so bei Lee ein Veränderungsprozess: er wird nachdenklich, macht sich gute Vorsätze und verprügelt nicht mehr jeden (sondern nur noch Leute, die es wohl verdient haben) und wenn, dann aus anderen Beweggründen (ehrlich gesagt: immer noch zu häufig). Während Lee Failans ersten Brief noch innerlich belächelt und auch bald achtlos beiseite wirft, lernt er beim Lesen eines weiteren Abschiedsbriefes plötzlich die Liebe kennen. Es wird einerseits sehr geschickt erzählt, wie groß der Einfluss einer Verstorbenen auf die Persönlichkeit eines (in diesem Fall gebrochenen) Menschen wirken kann, und andererseits unübertrefflich Tränen treibend das Scheitern des Glücks vermittelt. Wer hier nicht genügend Taschentücher dabei hat, bekommt entweder einen nassen Pullover oder ist total abgebrüht.
Von Melancholie kann hier nicht mehr gesprochen werden. Aufgrund des gänzlichen Fehlens von Klischees (die ja im Gegensatz dazu in Hollywood zum Standard gehören) wird hier die ganz tief sitzende Traurigkeit eins Zuschauers berührt. Das ganze geht so weit, dass man sich stark mit dem als Scheusal kennen gelernten Lee identifizieren kann, den man anfangs doch so abgrundtief hassen gelernt hatte. Was für eine Wandlung!!! (Das muss ein Film erst einmal schaffen und dies war am Anfang auch auf keinen Fall zu erwarten!)

Die Erzählweise des Films ist sehr realistisch. Es findet eine Milieustudie von Lee in dreckigen Gassen und eine Zeichnung der ärmlichen Verhältnisse von Failan statt. Optisch also eher abstoßend, zeigt der Film, dass das wichtige im Leben woanders zu finden ist (nämlich im Herzen) und dass die Liebe auch in der Lage ist, Menschen zu verändern. Zu Lachen gibt es die vollen 116 Minuten dann auch nichts, wobei sich aber doch immer wieder ein Entzücken über die tugendhafte Art von Failan einstellt. Schmunzeln musste ich dann allerdings in einer Szene, in der Failan neugierig fragt, was denn das Wort "Fuck" bedeuten würde.
Das gleichfalls unglückliche Ende des Films verbindet dann noch einmal die sterbende Hoffnung mit dem Glanz der unschuldigen Failan, der über alledem hell erstrahlt. Was für eine Chance lag Lee da bloß direkt zu Füßen, auch um sein Leben in eine bessere Richtung zu lenken!!!

Auch wenn mir der Kamerastil, der den Blick lange auf den Dreck der Gesellschaft richtet, grundsätzlich nicht so zusagt, so hat der Film durch seine Qualität, die im Realismus, in der (nicht von Glück erfüllten) Sehnsucht und vor allem in einer sich auf den Zuschauer übertragenden und nicht mehr zu übertreffenden Traurigkeit liegt, doch die Höchstnote verdient: 10 / 10

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