Überzeugte Patlabor – Mobile Police noch als gelungener Krimi fährt die Fortsetzung vor allem storytechnisch ganz andere Kaliber auf. Das Motto: größer, schöner, mehr macht filmische Fortsetzungen nur selten besser als das Original, doch Patlabor 2 ist einer der wenigen Filme wo diese Formel vollends aufgeht.
Im Prinzip kann man den Film am besten als eine animierte Version von Edward Zwicks Ausnahmezustand beschreiben. Nach einem vermeintlichen Terroranschlag droht Chaos in Tokio auszubrechen, zur Unterstützung der überforderten Polizeikräfte, unter anderem der Labor-Unit, wird das Militär zugezogen und verhängt das Kriegsrecht. Doch der Urheber der Anschläge ist nicht so offensichtlich zu finden, wie es anfangs den Anschein hat. Die Situation wird zum Politikum und die Labor-Einheit gerät zwischen die Fronten der Politik, des Militärs und der Öffentlichkeit. Betrachtet man den Film vor dem Hintergrund des elften September oder der Legitimation des Irak-Krieges, kann man die Geschichte problemlos als visionär und brandaktuell bezeichnen.
Liest man den Namen des Regisseurs, Mamoru Osii, und bedenkt, dass der Film weit mehr ist als oberflächliche Mecha-Action bekommt manch einer vielleicht schon im Voraus Kopfschmerzen. Aber was die Zugänglichkeit angeht, kann Entwarnung gegeben werden, kurz vor der Mitte des Films gibt es einen ca. fünf minütigen Dialog zwischen Captain Goto und einem Geheimdienstmitarbeiter, welcher die thematischen Elemente des Films nachdenklich aber gleichzeitig verständlich zusammenfasst. Patlabor 2 ist Oshiis zugänglichster und sagen wir mal weltlichster Film in dessen Kern keine naive simple Antikriegsbotschaft steht sondern eine interessante Auseinandersetzung mit der Notwendigkeit militärischer Gewalt zur Aufrechterhaltung der Ordnung im lokalen wie auch im globalen Rahmen. Der Film spricht zwar gelegentlich Geschehnisse des Vorgängers, wie die Zerstörung der Arche, an, doch sind für das Verständnis der Haupthandlung keine Vorkenntnisse im Patlabor Universum notwendig, doch sie erleichtert die Identifikation der vielen handelnden Personen etwas.
Wie auch schon Ghost in the Shell lässt sich der Film Zeit uns detailliert die verwendete Technik zu betrachten. Vor allem die Labors werden in ihrer Funktionsweise ausreichend erklärt um in der Realität technisch umsetzbar zu erscheinen. So sind auch die wenigen Actionszenen, wie zum Beispiel die Eröffnungssequenz, vor allem auf Realismus bedacht. Die Labors unterliegen im Gegensatz zu vielen ihrer Pendaten in anderen Animes den Gesetzen der Physik und verfügen über keine unglaubwürdigen Superwaffen. Dies macht die Actioneinlagen zwar nicht gerade spektakulär aber dafür sehr spannend. Die Mechs bewegen sich in ihnen recht träge sind aber fantastisch animiert. Auch die verschiedenen Explosionen wissen optisch zu gefallen. Heimlicher Star auf der optischen Seite ist aber wie fast immer bei Oshii die Umgebung, wir befinden uns diesmal in einer nicht allzu fernen Zukunft was das Erscheinungsbild der Welt kaum von unserer Gegenwart unterscheidbar macht. Der schneebedeckte urbane Schauplatz ist ein echter Blickfang, vor allem durch die Unmengen an lebendigen Details. Es sollte aber noch mal deutlich darauf hingewiesen werden, dass Patlabor 2 bei weitem kein Actionfilm ist. Weit interessanter als die Gefechte sind nämlich die Figuren, welche lebendiger und authentischer wirken als so manches Klischeesammelsurium in Realfilmen. Patlabor 2 lässt den Zuschauer immer an den Gedankengängen der Personen teilhaben und macht sie daher sehr sympathisch.
Fazit: Patlabor 2 ist ein herrvorangender animierter Politthriller, der vor allem von seiner gehaltvollen, cleveren Story und den sympathischen, lebensechten Figuren lebt. Mamoru Oshii hat hier mal versucht ein breiteres Publikum an seinen Zukunftsvisionen teilhaben zu lassen. Schade, dass der Film nicht den Bekanntheitsgrad seines Ghost in the Shell hat, besser ist er meiner Meinung nach auf alle Fälle. Technisch höchst realistisch und auch zeichnerisch hervorragend fällt negativ höchstens die etwas schwache Auflösung auf. Jeder Animefan, der nicht alle fünf Minuten ein Actiongewitter braucht sollte diesen Film kennen. Ganz große Klasse.