Noch bevor er mit "Die Spur des Falken" und "Casablanca" seinen Durchbruch feiern und in die Riege der Hollywoodstars aufsteigen konnte, war Humphrey Bogart in mehreren Filmen zu sehen, von denen heutzutage jedoch nur noch die wenigsten einem breiten Publikum geläufig sind. Einer dieser eher unbekannten Streifen ist "They drive by night" (dt. Titel: "Nachts unterwegs"), eine etwas holprige Mixtur aus Millieustudie, Tragikomödie, Melodram und Krimielementen.
Die Fabrini-Brüder Joe (George Raft) und Paul (Bogart) sind LKW-Fahrer, die ihre Ladung auch über Nacht befördern müssen. Da das Risiko von Unfällen (u.a. auch aufgrund von Ermüdungserscheinungen bei den Fahrern) in diesem Zeitraum höher ist als sonst, ein nicht gerade ungefährlicher Job, der besonders Pauls Frau (Gale Page) Sorgen bereitet. Als Joe die Kellnerin Cassie (Ann Sheridan) kennen und lieben lernt und sich die Brüder von ihrem alten Auftraggeber lossagen, um ihr eigenes Geschäft durchzuziehen, scheint sich alles zum Guten zu wenden. Doch dann verliert Paul bei einem schrecklichen Unfall seinen Arm und Joe wird Opfer einer teuflischen Intrige durch Lana (Ida Lupino), die Frau seines besten Freundes Ed (Alan Hale)...
Fälschlicherweise immer wieder als typisches Road Movie bezeichnet, entpuppt sich "Nachts unterwegs" dann doch eher als Drama, das zum Ende hin die aufkommende Welle an Film Noirs vorwegnimmt. Diese Mischung ist es auch, die den Film etwas uneben wirken lässt, denn was als durchaus sozialkritischer Film mit humoristischen Untertönen beginnt, entwickelt schließlich weitaus düstere Züge- inklusive einer aufgepropft wirkenden Krimihandlung. Weiterhin fallen die zu Beginn als Hauptfiguren aufgebauten Charaktere Paul und Cassie in der zweiten Hälfte fast komplett unter den Tisch. Im Gegensatz dazu fordert die schöne Ida Lupino mehr Raum ein. Was ihr auch gelingt, dem etwas überzogenen Over Acting (besonders zum Schluss hin) zum Trotz.
Gespielt ist das alles sehr zufriedenstellend, auch wenn sich "Bogey" hier noch nicht besonders hervortun kann, sodass er selbst in der emotionalen Esstischszene nach seinem tragischen Unfall noch etwas zu hölzern agiert. Selbiges kann man von seinem "Film-Bruder" George Raft ("Manche mögens heiß") wiederum gar nicht behaupten, gelingt es ihm doch hervorragend seinen Charakter sympathisch, aber nicht glatt wirken zu lassen. Ann Sheridan dagegen wird im Laufe der Handlung leider etwas zu sehr im Stich gelassen, was angesichts ihrer trockenen Art in der Dinerszene zu Beginn schade ist.
In Szene gesetzt wurde dieser Film, übrigens ein Remake des fünf Jahre zuvor entstandenen Streifens "Stadt an der Grenze" mit Paul Muni und Bette Davis, von Raoul Walsh ("Vogelfrei"). Der macht seine Sache recht ordentlich und sollte nur ein Jahr nach dieser Fingerübung mit Bogart und Lupino für "Entscheidung in der Sierra" wieder zusammenkommen.
Fazit: Interessantes (Flick-)Werk, das, obwohl mit einigen Schwächen behaftet, seine Momente hat und immer dann am Besten ist, wenn es das harte Leben der Arbeiter auf möglichst glaubhafte Art und Weise einfängt. Humphrey Bogart schlägt sich wacker, kann aber nicht ganz überzeugen, obwohl die Chemie zwischen Raft und ihm stimmt. Vielleicht war er aber auch einfach nicht der richtige für diesen Part. Für Freunde des 40er Jahre Hollywoodkinos jedenfalls einen Blick wert, denn an Charme mangelt es hier definitiv nicht.
7/10 Punkten