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In den frühen 1970ern spielte der spätere Blaxploitation-Star Pam Grier tragende Rollen in einigen Women-in-Prison-Filmen, die ihr Bekanntheit verschafften. 1973 kombinierten findige Produzenten ebenjenes Setting mit Elementen von Stanley Kramers Klassiker „Flucht in Ketten“, weshalb der deutsche Verleih „Black Mama White Mama“ dann auch den Titel „Frauen in Ketten“ verpasste.
Bevor hier allerdings geflohen wird, ist erstmal eine knappe halbe Stunde Women-in-Prison-Routine zu überstehen, wenn auch der eher zahmeren Natur. Die Prostituierte Lee Daniels (Pam Grier) und die Revolutionärin Karen Brent (Margaret Markov) werden auf einer nicht näher bezeichneten Insel eingeknastet, unter der Aufsicht sadistischer Wärterinnen. Die bespitzeln die Insassen beim Duschen und Versprechen Vorzugsbehandlung für sexuelle Gefälligkeiten, während die Knastschwestern ihre Differenzen mit Schulhofrangeleien oder Essensschlachten klären, womit sich der angebliche Höllenknast schnell als Traum männlicher Voyeure entpuppt, auf welche der im Genre beheimatete Exploitationregisseur Eddie Romero ganz offensichtlich abzielt. Gedreht wurde – wie damals häufig – auf den Philippinen, damit das Budget niedrig blieb.
Den Genregesetzen folgend können sich Lee und Karen anfangs nicht riechen. Ihre einzige Gemeinsamkeit: Sie wollen schnellstmöglich fliehen. Lee hat ihrem Pimp Vic Cheng (Vic Diaz) 40.000 Dollar geklaut und will diese nun aus einem Versteck holen, Karen muss in den nächsten Tagen einen wichtigen Waffendeal über die Bühne bringen, den sie für ihre Revoluzzerfreunde angeleiert hat. Nachdem ein Streit der beiden ihnen erst gemeinsame Haft in einer winzigen Schwitzbox in der heißen Sonne eingebracht hat, sollen sie verlegt werden und werden daher aneinandergekettet, damit man eben „Flucht in Ketten“ nacheifern kann.

Karens Revolutionäre überfallen den Transport, damit das Duo dann auch fliehen kann, jedoch nicht zu den Revolutionären. Diese suchen nach dem Feuergefecht nach den beiden, genauso wie die Behörden, Vics Schergen und der Gangster Ruben (Sid Haig) mit seinen Häschern, den die korrupte Regierung zur Jagd auf die verhasste Karen ansetzt…
Dass Sid Haig, der zu dieser Zeit oft mit Grier zusammen spielte, als Schurke besetzt wurde, gehört zu den Pluspunkten des Films. Beim Ausbruch gehen nämlich die Aufseherinnen drauf und es mangelt dem Film an Bösewichten. Auch der fette Zuhälter Vic und die Lurfis von der Regierung machen als Lumpen wenig her, aber Sid Haig gibt als durchgedrehter Gangster im Cowboyoutfit mit ungezügelter Libido dem Affen so richtig Zucker. Das macht Laune, egal ob er eiskalt Leute über den Haufen schießt oder einen Regierungsvertreter im wahrsten Sinne des Wortes zum Schwanzvergleich zwingt. Da hält der Rest der Belegschaft einfach nicht mit, noch nicht einmal Pam Grier und Margaret Markov in den eigentlichen Hauptrollen, die aber kaum gefordert werden.
Das liegt auch daran, dass „Frauen in Ketten“ seinen Protagonistinnen wenig zu tun gibt. Die rennen durch die Landschaft, verkleiden sich mal als Nonnen, müssen mal in der Wildnis pennen und stechen einen Vergewaltiger ab, der ihnen zu nahe kommt, aber wirklich spannend oder kohärent wirken diese eingestreuten Episödchen einfach nicht. Man hat selten das Gefühl, dass Lee und Karen wirklich in Gefahr sind, während ihre Streitigkeiten oberflächlicher Natur sind und vor allem um die Frage kreisen, ob sie nun in Richtung Geldversteck oder in Richtung Revoluzzer fliehen. Wirkliche zwischenmenschliche Abneigung gibt es zwischen den beiden nicht, Hautfarben und Rassismus spielen im Gegensatz zum Vorbild „Flucht in Ketten“ keine Rolle, und echte Tatkraft gönnt ihnen der Film auch kaum: Die Actionszenen bestreiten meist die Männer, im Finale nimmt gerade einmal Karen ein Gewehr in die Hand und vermag damit wenig auszurichten.

So konzentriert sich die Action, von ein paar unspektakulären Raufereien mal abgesehen, auf drei größere Shoot-Outs: Der Ausbruch zum Ende des ersten Drittels sowie zwei Ballereien im Schlussakt. Inszenatorisch ist das Ganze eher Hausmannskost, die Übersicht verliert Regisseur Eddie Romero im Gewusel der uneinheitlich gekleideten Leute, die da aufeinander schießen, schon das eine oder andere Mal und recht statisch bleibt das Ganze auch. Immerhin klettert der Munitionsverbrauch in größere Höhen, die Einschüsse suppen teilweise ordentlich und im Finale kommen auch MGs und Granatwerfer zum Einsatz, wobei Romero wohl aus Gründen des Zeit- und Kostenersparnis anscheinend immer wieder den gleichen Shot eines Goons nimmt, der einen Granatwerfer abfeuert.
Dazwischen ist wenig los, weshalb „Frauen in Ketten“ auch als Beleg jener These fungieren kann, dass Exploitationfilme nie so aufregend oder actiongeladen waren wie Retro-Grindhouse-Projekte wie „Machete“ oder „Hobo with a Shotgun“ das immer darstellen. Stattdessen wird überraschend viel Zeit auf die verschiedenen Verfolgergruppen verwendet, die für den Filmverlauf relativ egale Intrigen schmieden, sich mit willigen oder bezahlten Gespielinnen vergnügen und hin und wieder mal böse Dinge tun – all das macht den Film leider nicht interessanter, sondern nur noch inkohärenter, da seine eigentlichen Hauptfiguren immer mehr in den Hintergrund treten. Mit denen kann Romero aber sowieso nicht viel anfangen, denn mit Frauenpower hat sein Exploitationschlonz wenig am Hut.

So bleibt ein reichlich dröger, episodenhafter und eher mäßig inszenierter Schlockfilm, der wenig Schauwerte bietet, keine politischen oder gar subversiven Aussagen trifft und seinen Mainplot mitsamt Hauptfiguren komplett vernachlässigt. Ein paar annehmbare Ballereien und ein fröhlich freidrehender Sid Haig gehören dann zu den wenigen Pluspunkten des Films – mit Werken wie „Coffy“ und „Foxy Brown“ hatte Pam Grier dann in der Folgezeit mehr Glück.

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