Angesichts der unübersichtlich wirkenden Anzahl von mehr als 90 Kinofilmen, die Totò in den 20 Jahren seiner Karriere-Hochphase, beginnend bei "I due orfanelli" (1947) bis zum Episodenfilm "Le streghe" (Hexen von heute) in seinem Todesjahr 1967 drehte, sind außergewöhnliche Fixpunkte schwer auszumachen. Doch einzelne Filme ragen aus seinem umfangreichen Oevre heraus - wie beispielsweise "Totò a colori" (Totò in Farbe, 1952), dem ersten Farbfilm in Ferrania-Color. Auch "Totò all'inferno" (Totò in der Hölle, 1955) nimmt eine Sonderrolle ein, da er den Beginn der engen Zusammenarbeit mit Regisseur Camillo Mastrocinque markierte, der insgesamt elf Filme mit Totò drehte. Allein damit lässt sich der Status von "Totò all'inferno" noch nicht erklären, denn auch andere Regisseure widmeten sich dem Komiker ähnlich intensiv. Neben fünf Filmen unter der Regie von Carlo Ludovico Bragaglia in der Frühphase, waren es besonders Mario Mattoli (15 Filme) und Steno (13 Filme), die seinen Weg lange begleiteten. In den 60er Jahren kam noch Sergio Corbucci hinzu, der vor seinem Einstieg in den Italo-Western sieben Totò-Filme drehte.
Gemessen daran wirkt die gemeinsame Phase mit Mastrocinque wenig herausragend, wäre sie nicht so kurz und heftig ausgefallen. In wenigen Jahren bis 1958 entstanden nach "Totò all'inferno" sieben weitere Filme - eine Konzentrierung, wie es sie nicht einmal unter Mattoli oder Steno/Monicelli gab. Noch entscheidender für die Bedeutung dieses kurzen Zeitraums war der Einfluss des Autors Vittorio Metz. Er steuerte insgesamt die meisten Drehbücher (mehr als 20) zu den Totò-Filmen bei und beeinflusste auch dessen Aufstieg zum Volksschauspieler in den späten 40er Jahren. Doch nach 1951 kam es zu einem Bruch, denn Metz gehörte nicht dem Vertrauten-Kreis um Steno an, der neben Mattoli zum führenden Totò-Regisseur wurde. An den für die Entwicklung der „Commedia all’italiana“ wichtigen Filmen wie „Guardie e ladri“ (Räuber und Gendarm, 1951), „Totò e le donne“ (Totò und die Frauen, 1952) und „Totò a colori“ war er nicht beteiligt. Nach "Sette ore di guai" (1951) sollte er vier Jahre lang weder an einem "Totò"-, noch einem Steno-Film mitarbeiten - eine Ewigkeit angesichts des hohen Outputs in dieser Zeit.
„Totò all’inferno“ bedeutete entsprechend eine Zäsur. Vittorio Metz kehrte ans Set zurück und schrieb zu sechs der acht folgenden „Totò“-Filme unter der Regie Mastrocinques die Drehbücher, während Age und Furio Scarpelli, Stenos ständige Begleiter, nur eine Nebenrolle einnahmen. Erst mit „Totò nella luna“ (Totò im Mond, 1958) sollte sich diese Situation wieder ändern und Steno setzte seine Zusammenarbeit mit Totò weiter fort, gleichbedeutend mit dem Ende der Mastrocinque/Metz-Ära. Aus Stenos Umfeld hatte einzig Lucio Fulci bei „Totò all’inferno“ am Drehbuch mitgewirkt und dabei Vittorio Metz näher kennengelernt, denn ihre Zusammenarbeit blieb nicht ohne Konsequenz für sein späteres Schaffen. Knüpften Fulcis erste Regie-Arbeiten wie „I ladri“ (Jeder Dieb braucht ein Alibi, 1959) mit Totò in der Hauptrolle und der Musik-Film „I ragazzi del Juke-Box“ (1959) noch unmittelbar an seine bisherige Karriere an, emanzipierte er sich davon mit „I due della legione“ (1962), gleichzeitig der Beginn seiner langjährigen Zusammenarbeit mit dem Komiker-Duo Franco Franchi und Ciccio Ingrassia. Nur Einer der früheren Kollegen wurde erst in den 60er Jahren zu einem wichtigen Begleiter – Vittorio Metz, der zu vier Fulci-Filmen das Drehbuch verfasste.
In seiner Anlage war Metz Stil noch traditionell und erinnerte an die klassische „Commedia dell’arte“. Er reihte Sketch an Sketch und gab Totò die Möglichkeit, neben seinem komödiantischen auch sein pantomimisches Können auszuspielen. Szenisch knüpfte Metz damit an „Totò a colori“ an, entwickelte dessen Farbkonzept aber weiter und passte es an die übergeordnete Thematik „reale Welt versus Hölle“ an. Erneut in Ferrania-Color gedreht, beließ er die in der Realität spielenden Szenen in tristem Schwarz-Weiß, während die Unterwelt als Ort fantastischer Bauten und prachtvoller Kostüme in schillernden Farben regelrecht glühte. Ähnlich wie „Totò a colori“ verfügt auch „Totò all’inferno“ nur über einen groben Rahmen, unter dem Spielszenen zusammengefasst wurden, die einzeln ebenso ihre Wirkung entfalten könnten. Der mehrfache Wechsel zwischen Unter- und Oberwelt verlieh ihnen aber eine zusätzliche Dynamik, die die Handlung insgesamt verdichtete.
Auf die Stummfilm-Szene zu Beginn, in der Antonio Marchi (Totò) vergeblich versucht sich umzubringen, bis ihn ein Unfall direkt in die Hölle transportiert, kommt der Film später noch einmal zurück, nachdem Marchi von Satans Schergen wieder in die Unterwelt zurückgeholt wurde. In einer Art Gerichtsverhandlung soll er die Gründe für seinen Selbstmordversuch nennen, was dem Angeklagten die Gelegenheit gibt, diese in Form von zwei Sketchen vorzutragen – die Geschichte vom kleinen Dieb, der unfähig ist zu stehlen, bis er von Al Capone (Vincent Barbi) persönlich beraubt wird, und die Hochzeit mit einem siamesischen Zwilling. Damit eine der Schwestern heiraten kann, tritt er als Lückenbüßer für die Zweite vor den Traualtar, aber ohne bei ihr zum Zug zu kommen. Selbstverständlich beansprucht der Bräutigam der ersten Schwester beide Frauen – sie sind schließlich siamesische Zwillinge.
Totò hielt in diesen Szenen genau die Waage zwischen Tragik und Komik, so dass einerseits sein Frust deutlich wird, andererseits das Vergnügen an seinen vergeblichen Versuchen nicht zu kurz kam. Trotz der damit verbundenen Konfrontation mit seinen egoistischen Zeitgenossen, fehlt „Totò all’inferno“ die anarchistisch-entlarvende Sichtweise der Steno-Filme. Anders als der selbst von sich überzeugte Komponist in „Totò a colori“, der seine Gegenüber in regelmäßiger Konsequenz so zur Weißglut brachte bis diese Mordgedanken in sich trugen, ist die Figur des Antonio Marchi mehr als Typ Überlebenskünstler angelegt, dessen ständig getragene Melone nicht zufällig an Charly Chaplin erinnert. Auf die Idee, sich selbst umzubringen, kämen Stenos Protagonisten wie der von Alberto Sordi gespielte Möchtegern-Amerikaner in „Un Americano a Roma“ (Ein Amerikaner in Rom, 1954) erst gar nicht, obwohl sie nicht nur ähnliche Misserfolge erleiden müssen, sondern ständig der Wut ihrer Mitmenschen ausgesetzt sind.
Antonio Marchi, der in der Hölle als Inkarnation von Marc Anton betrachtet wird und erneut Cleopatras (Maria Frau) Herz erobert, ist dagegen eine sympathische Verlierer-Figur. Selbst die einzige unmittelbar auf die damalige italienische Gegenwart anspielende Szene in der Existentialisten-Bar geht über eine sanfte Parodie nicht hinaus. Der von Totò geschickt in die Schranken gewiesene Sänger (Galeazzo Benti) verkriecht sich angstvoll hinter dem Mobiliar. Eine bei Steno nur schwer vorstellbare Konsequenz, aber Totò, Regisseur Mastrocinque und Vittorio Metz sowie die sie unterstützende Schar weiterer Drehbuchautoren verfolgten ein anderes Ziel, wie sich spätestens in der in einem Krankenhaus spielenden Abschlussszene zeigt. Nachdem sich die vorherigen Geschehnisse als Alptraum Totòs herausgestellt hatten, verabschieden sich er und die wichtigsten Darsteller gemeinsam mit dem Hinweis, daraus doch einen Film machen zu können.
Gesagt, getan – und sicherlich zur Zufriedenheit des Publikums, dem dank eines Totò in Höchstform beste Unterhaltung geboten wurde. Allerdings trotz des Zitats der Höllenkreise aus Dante Alighieris „Göttlicher Komödie“ ohne die doppelbödige Gesellschaftskritik der spezifischen „Commedia all’italiana“. „Totò all’inferno“ steht noch für die traditionelle italienische Komödie. (7/10)