Review

<!--StartFragment -->Von dem Helden seiner Geschichte und dem Wirken um ihn herum völlig eingenommen, vermögen vor allem die ersten zehn Minuten von Lau Wai-bans taiwanesischem Kung Fu Thriller, sich mit einem außerordentlich enthusiastischen Gepräge in vollem Affekt in die Empfindung des Zuschauers einzuspeisen.

Ein Nachtclub mit einem Geschehen in vollem Gange stellt die erste von vielen Szenerien der noch kommenden Hetzjagd durch die gesamte Stadt dar, noch ist alles friedlich, wird gefeiert, die Nacht zum Tage gemacht. Begleitet von einer Tanzkapelle, die weit mehr nach den Sechzigern, nach Peter Thomas Sound Orchester, nach Telefunken klingt als es das Produktionsjahr 1975 vermuten lässt, wird eine Combo aus leichtbekleideten Tänzerinnen in Augenschein genommen. Die bauchfreien Appetizer für die Gäste, die von der eigentlichen Gefahr im Hinterzimmer erst dann etwas mitbekommen, als von dort aus nachhaltig Stille gefordert wird und bald danach der erste Halunke durch den Raum segelt.

Mit einer Parallelmontage, die das Sein von dem Schein getrennt und die Öffentlichkeit vor der Heimtücke in der Fassade bewahrt hat, wird die Erzählung begonnen und genauso auch fortgeführt. Wie bei der Eröffnung, bei der gleichgeschaltet die Kamera sowohl versucht, aus der Froschperspektive den Tänzerinnen zu umschmeicheln, um sie zu werben, sich an ihrem Lendenbereich vorbei sich unter das Top zu schmuggeln, während simultan dazu ein lebenswichtiges Würfelspiel zu einer wilden Kesselschlacht entbrennt, so ist auch darauf folgend in den Augen der Figuren nicht alles so einfach, wie es die Vermutung hat und die Sinne trübt. Um Liebe geht es, um Hass, um Romantik, Gewalt und Tod, in einigen Gesten und viel Körpersprache. Manchmal alles hintereinander, oft gleichzeitig:

Um einen Freund in Not zu helfen, hat Kenny Li [ Raymond Lui ] seine Verlobte Lily Wong [ Hau Yee ] und das warme Bett verlassen und mit seinen Spieler- sowie Kampfkünsten die Schergenbande von Charlie [ Wong Fei-lung, Shan Mao, Ngai Yat-ping etc. ] vertrieben. Für den Augenblick ist alles friedlich, die angeplante Heirat mit Lily wird vollzogen, ein Schwur abgegeben, sich von nun an aus allen Schwierigkeiten heraus zu halten. Doch viel Zeit bleibt den frisch Angetrauten nicht, werden sie doch nur wenige Stunden später von den gleichen Halunken bedroht; die auch bei jedem Fluchtversuch des Paares sofort ihren heimlichen Aufenthaltsort herauszubekommen scheinen und darüber hinaus ungewohnt viel Aufmerksamkeit auf die Braut legen. Als letzte Alternative bringt Kenny Lily bei seiner Freundin Marlene Hung [ Lam Yi-wa ] unter und macht sich zum Gegenangriff auf.

Ohne allzu viel an der Auflösung vorwegzunehmen, die sowieso sehr früh bereits angedeutet und alsbald danach auch aufgedeckt wird, muss man die Begriffsstutzigkeit des in den Anfangsminuten überaus glorifizierten Kenny schon arg bedauern; und leider bleibt deswegen von der vorderhand heroischen Lesart seiner Person außer der physischen Kondition selber auch nicht mehr viel über. Erst mitsamt gestärkten Hemdkragen und gleichfalls unerschütterlichen Willen mit viel Selbstbewusstsein als Idol platziert, verliert er ausgerechnet nach der Heirat nahezu jegliche Zurechnungsfähigkeit. Die scheinbar herrschende Größe seiner Seele blättert ab und verwandelt sich in einen gewöhnlichen Ausdruck. Im Anmarsch des angeheuerten Killerkommandos sprechen nur die Fäuste, niemals die Gedanken; der anhaltend draufgängerische Stoff der Verteidigung der Frau gegen alle Wirren und Hindernisse verliert dabei rasch an seiner Mannigfaltigkeit, was auch mit einem ungemein viel phantasievoller wirkenden Liebesverhältnis und der Einschaltung einiger zusätzlicher Begriffe nicht gänzlich ausgeglichen werden kann.

Denn abseits dessen, das Kenny nicht aus Fehlern lernt, von Frauen nichts versteht und sich öfters mal unbewusst direkt vor oder gar in der Höhle des Löwen positioniert, funktioniert gerade die Regie und ihre Begeisterung für eine Bearbeitung moderner Rhapsodien gleich hervorragend. In speziellen Kompositionen, die nur von einer lyrischen bis elegischen Musik begleitet und für Minuten lang montageartig das Gefühlsleben der Hauptpersonen aufzeichnen, werden die eigentlichen Höhepunkte des Geschehens, seine Faszination und die Tiefe seiner Veröffentlichung gesetzt. Grandios die Szenenfolge in einer Mannequin-Fabrik, die mit ihrem seltsam todessehnsüchtigen und darin noch Faszination findenden Bewusstsein überhaupt als einsames Optimum neben den Collagen akustischer Weisen und der aussichtsreichen Ouvertüre dasteht: Ein langsames Heranschleichen der Gaunerbande an das potentielle Opfer Lily, die währenddessen ahnungslos zwischen Hunderten von Torsos, abgerissenen Gliedmaßen und Köpfen mit entweder leeren oder toten Augen herumwandert.

Die zahlreichen Actionszenen, die sich durchgängig mit den Martial Arts Fähigkeiten aller [männlichen] Beteiligten befassen und dies ebenfalls ausgiebig zelebrieren, sind dabei nur das schmückende Beiwerk, das Neutralisieren der negativen Umwelteinflüsse auf die wie verträumt, fast geistesabwesend gezeichnete innige Liebe. Die lang gezogenen Prügeleien in eben der Bar, vor Kennys Haus, unter Eisenbahnbrücken, in Industriegebieten haben zwar auch ihren Anreiz durch eine selbst bei dem Radau schon relativ prägnant erscheinende Choreographie, wollen aber wie üblich für Zeit und Genre nicht zum Punkt des Knockouts kommen und sind auch ansonsten peinlich darauf bedacht, ja keinen Schaden selbst beim Interieur anzurichten. Besonders bei den Auseinandersetzungen in von Kontrahenten überfüllten und somit auch sehr beengten Innenräumen fällt dies Verweigern von wahrlich destruktiven Beeinträchtigungen schon als Ungemach auf; da können noch so viele Schurken über die Brüstung ins Freie geworfen werden.

Details
Ähnliche Filme