Heutzutage hat Barbara Steele ja maximal unter Filmkennern des italienischen Gruselfilms der 60er noch den erlesenen Ruf, der ihr gebührt. Mit einer Reihe von atmosphärischen, wenn auch nicht immer stilsicheren Horrorfilmen, stieg die Engländerin mit den schmalen Wangenknochen und den großen Augen auch dank Filmen wie "Die Stunde, wenn Dracula kommt" zu einer B-Ikone auf, die heute sogar bei generell positiven Horrorfans fast vergessen ist, während die anderen englischen Darsteller jener Zeit noch in aller Munde sind.
Schon ziemlich am Ende der Reihe von fast einem Dutzend Horrorfilmen in den 60er Jahren steht der hierzulande beinahe vergessene "Ein Engel für den Teufel", der 1966 in dem schon fast unmodern gewordenen Schwarz/Weiß gedreht wurde, als Hammer und Konsorten bereits auf die knalligen Farben viktorianischer Zeitalter setzten.
Doch "Un angelo per satana" umweht noch der Hauch der italienischen Kargheit und des Nachkriegsrealismus, auch wenn der Film um die Jahrhundertwende steht, angerichtet mit mitunter fast poetischen Bildern einer abgelegenen Dorfgemeinschaft.
Ins Zentrum dieses Gruselfilms stehen zwei Personen, ein junger Restaurator und eine gerade volljährig gewordene Erbin, deren Onkel den Bürgermeister des abgelegenen Dörfchens gibt. Zurückgezogenheit und Aberglaube haben hier noch ihren festen Platz unter den Menschen und so findet sich auch nicht ein Paar, sondern die Figuren driften als Bestandteile eines seltsamen Rätselspiels mehr und mehr auseinander.
Dreh- und Angelpunkt ist eine zweihundert Jahre alte Statue einer Nymphe, die der Erbin Harriet verdächtig ähnlich sieht. Die Figur hat man aus dem See, an dem das Dorf liegt, geborgen und nun dräut ein Fluch an allen Ecken und Dorfenden.
Einst soll sich nämlich die häßliche Schwester einer schönen Vorfahrin von Harriet aus unerwiderter Liebe an der Statue gerächt haben wollen, woraufhin sie mit dieser in den Fluten versank. Und nicht unbegründet vermutet man nun eine Wiederholung der Ereignisse, denn Restaurator Roberto hat noch nicht mit der Arbeit angefangen, da sind seine Fährleute schon tot, ertrunken im See.
Was dann folgt, ist zwar jetzt nicht wirklich weithin originell zu nennen, beeindruckt aber durch seine plakative Zielstrebigkeit.
Die junge und etwas zaghafte Erbin verwandelt sich in der Folge nämlich in eine höchst dominante und geradezu männermordende Furie, die verschiedene Figuren des Dorfes erst kirre macht und dann in ihrer Geilheit wieder zurückpfeift.
Damit fliegt natürlich alsbald der Deckel vom Topf, während der arme Roberto gar nicht weiß, was in sein hübsches Model gefahren ist.
Womit wir auch schon bei der klassischen Whodunitseite des Skriptes wären, denn es bleibt die Frage, ob die Gute nun schizo, besessen oder etwas ganz anderes ist. So gehen der Schullehrer, ein Kraftprotz und der durchgeknallte Dorftrottel alsbald aufeinander los, es gibt die nächste Leiche und der Bürgermeister und die Haushälterin sind anscheinend auch nicht koscher, als Roberto des Nächtens eine seltsame geisterhafte Erscheinung/Vision/Traumerfahrung hat.
Natürlich wird die Lösung nicht verraten, aber weder ist sie jetzt so besonders originell noch wirklich überraschend - der Film besticht eher durch seine visuell gezüchtigte Direktheit. Wenn Barbara mit Fuchsaugen und zähnebleckend das Mieder in der Wildnis fallenläßt (die Kamera verharrt oberhalb des Halses), den Dorfidioten rattig macht und ihn dann mit der Peitsche zu Klump haut, dann ist das schon einen Schritt weiter, als die Engländer mit ihren Dekolltées je waren.
Das ist so wenig subtil, wie es im gebotenen Rahmen Spaß macht, aber nie überzogen oder gekünstelt. Die üblichen Gruseleffekte kommen nur bei der "Traumvision" wirklich zum Tragen, dafür besticht der Film mit einer wunderbaren S/W-Fotographie, die einen Hauch mehr Mysterium vielleicht gut vertragen hätte, aber Regisseur Camillo Mastrocinque war auch mehr ein Fachmann für Komödien und Romanzen.
Dank der wildkatzenhaften Leistung von Barbara Steele funktioniert der Film jedoch als tragisches Drama recht gut, wobei Anthony Steffen als Roberto ein bißchen zu kurz kommt und er den "Fall" schließlich im Schnellverfahren mit Überraschungseffekt auflösen muß, aber wo andere Filme manchmal auf Absurditäten zurückgreifen, bleibt sich die Story hier ziemlich treu, wobei man die Todesfälle allesamt offscreen geschehen läßt und sich auf das (blutfreie) Ergebnis beschränkt.
Dennoch eine kleine lohnenswerte Wiederentdeckung im Nachtprogramm. (6/10)