Onkel Emmerich erzählt wieder vom Krieg...
...oder vom Weltuntergang, das kann er noch besser.
Seit dem seligen "Independence Day" hat sich der Blockbusterschwabe in Hollywood zumeist mit großen Zerstörungen oder erhabenen Massenszenen hervorgetan, die halbe Erde mehrfach eingeäschert oder zugefroren oder notfalls auch mal große Leguane auf Wolkenkratzer losgelassen. Emmerich, das wußte man, was man hatte oder was zu erwarten war, nicht mehr und nicht weniger.
Nur der Innovationsbonus, der ging nach ID4 leider flöten und so wirkt "2012" auch mehr wie ein finaler Nachklatsch, nach feierlichen Montage nun das Ende der Fahnenstange, noch einmal mit dickem Budget zum seligen Untergangsjahrgang, in dem der Kalender der Mayas das Ende der Welt verkündet.
Doch auf der großen Skala bietet die nun wahrhaft auf einen Bierfilz passende Story wieder einiges an Schauwerten, die man mit reichlich Drive und noch mehr Computereffekten heute endlich sättigend visualisieren kann.
Weltende kommt und das durch ein kosmisches Ereignis, das das Magnetfeld ändert, die Kontinentalplatten löst und verschiebt und demzufolge das gesamte Gefüge der Welt zum Einsturz bringt. Gewußt hat man es schon länger und deswegen haben die Mächtigen der Welt derweil die Erzkapitalisten angepumpt, um eine Rettung für wenige auf die Beine zustellen, zum Preis des eigenen Rettungstickets.
Ja, man spürt es deutlich in den "occupy"-müden Gelenken, hier steckt ein bißchen so etwas wie moderne Gesellschaftskritik im Subplot, denn das geht ja nun gar nicht, daß sich die Reichen und Dekadenten für einen dicken Scheck die selige Lebensrettung erkaufen dürfen, die - und hier ist sogar ein wenig kapitalistische Ironie spürbar - nur die Chinesen mit ihrem Planschweiß so schnell umsetzen konnten. Die restlichen sechs Milliarden dürfen ersaufen, verbrennen und in unendliche Tiefen stürzen, aber damit wir bei dieser so zynischen wie wahrschenlichen Ideologie dranbleiben, hat uns der Autor davor den menschelnden John Cusack gesetzt, der der Katastrophe auf die Spur kommt und dann alles dransetzt, um seine getreue wie geschiedene Family zu retten und sich als Neu-Alt-Ehemann ins Gespräch zu bringen. Schließlich hat man ja zwei Kinder.
Also hechtet man alsbald rund um den Erdball, erst in der dicken Limo durch ein sich auflösende Großstadt, dann per Flugzeug aus dem Vulkaninferno und schließlich durch den Himalaya kurz vor der alles zerschmetternden Flutwelle auf der Suche nach den neuen Archen der Menschheit, die natürlich für die Hochfinanz vorreserviert sind. Als man in seiner lebensrettenden Verzweiflung dann als blinde Passagiere beinahe selbst den Untergang von Tausenden verursacht, muß man als "Little Hero" natürlich den Fehler eigenhändig unter Einsatz seines kostbaren Lebens wieder ausbügeln und weil im Laufe der Ereignisse der neue Lebensgefährte, alle Helfer und sonstige Hindernisse ums Leben gekommen sind, ist der glücklichen Familienzusammenführung Marke "Made in USA" nichts mehr im Wege stehend. Derweil kommt auch im Kommandostand endlich mal jemandem die Idee, daß ja eigentlich alle Menschen gleich sein sollten und ein radikales Umdenken setzt ein, als die Butze schon voll Wasser läuft.
Ich weiß ehrlich gesagt nicht, was mich an "2012" am meisten ärgert. Auch "ID4" war simpel, platt und patriotisch, ein typischer US-Klischeekäse von der Rettung durch sich aufopfernde Helden, aber diese hypierbudgetierte Neuproduktion des 1951er SF-Heulers "Der jüngste Tag" setzt noch mal einen bis zwei drauf.
Allein die Skala, die hier abgearbeitet wird, ist grotesk, die Gegenüberstellung von dem Kampf um das Ehe- und Familienglück und dem Tod von Milliarden Menschen, die hier in den wunderbar animierten Apokalypsentableaus wunderbar unsichtbar und keimfrei in die nächste Welt wechseln dürfen. Ein paar Einzelschicksale werden mal gegrillt (z.B. der total spinnert agierende Nervtöter Woody Harrelson), aber sonst kriegt man von Blut, Tod und Verzweiflung nichts mit, den Cusacks patentierter Softbärcharme mit latenter Trotteligkeit samt zweier Kinder übertüncht das ungemein unpassend.
Dazu will dann auch die immense Gesellschaftskritik nicht passen, die eher wie hineingezwängt wirkt, damit man neben den Trickszenen auch noch so etwas wie Plot hat. Hatte der 51er-Film immerhin das Vorbild einer Lotterie, bei der neutral über Leben oder Tod entschieden wurde und nur einen hartherzigen Finanzier, der sich die Rettung erkaufen wollte, dürfen hier die eklen russischen Oligarchen, die schleimigen Scheichs und eine Auswahl nur an sich interessierter Adeliger und Politiker sich zur großen Mahnsauce zusammentun, bis man die ganz große Ungerechtigkeit zugunsten einer menschenrettenden Massenpanik aufgibt, die noch ein paar Hundert Tote fordert.
Zwischendurch wird natürlich ganz übel auf die Trändrüse gedrückt, nur lassen bei globaler Auslöschung ein paar niedliche Einzelschicksale relativ kalt - ganz furchtbar wirds aber dann zum Finale mit den aufopfernden Helden, die alle Hindernisse doch beseitigen und happy enden, obwohl der Vorher-Zustand eigentlich schon ganz erbaulich war.
"2012" ist nicht durch und durch verlogen oder platt, er ist einfach unpassend montiert und falsch gewichtet, ein emotionaler Hindernislauf, bei dem man nur nach vorn und hinten, aber nicht nach links oder rechts denken soll und in die Tiefe schon gar nicht.
Flach und reizlos spult sich der Plot zwischen den nicht minder unoriginellen Zerstörungssequenzen ab, die allerdings die total abgestumpften Crash-und-Burn-Trickfanatiker im Publikum vermutlich dennoch zufrieden stellen dürften. Was Harrelson allerdings für Müsli labert, Danny Glover salbungsvoll als Präsi zusammen salbadert, wie schön es ist, daß Cusack Töchterlein Gummihosen braucht, das alles ist so banal wie redundant und man wünscht sich mit jeder Filmminute mehr, daß die hier agierenden Überlebenden doch bitte alle noch möglichst schmerzvoll ins Gras beißen sollten, was aber meistens nicht der Fall ist, weil Emmerich sich überlegt hat, daß es womöglich effektvoller scheint, wenn die alle die Guten, Aufrechten und Lieben dran glauben müssen, weil es ja so aufrichtig ist, wenn bei den Selbstsüchtigen am Ende ein Hauch von Einsicht einkehrt, was aber auch nicht schwer ist, wenn der Arsch erstmal gerettet wurde.
"2012" ist die filmgewordene Banalität, die aber bis zum Erbrechen mit Äußerlichkeiten vollgestopft wird, eindimensional und weitestgehend geschmacklos, ein aufwändiges Tralala ohne Herz und Seele, dessen Jump'n'Run-Qualitäten sich in immer gleich aufgebauten Spielelevels erschöpfen, deren Grafik immer ausgefeilter wirkt.
Danach lieber mal duschen, das könnte abfärben. (3/10)