War sein letzter Film, das krude, von unfreiwilliger Komik und selbst für Genreverhältnisse unschöner Logikdauervergewaltigung durchzogene Urweltepos „10.000 BC", in qualitativer Hinsicht katastrophal, so ist es Roland Emmerichs neues Werk „2012" endlich wieder in thematischer: Der „Master of Disaster" kehrt nämlich zurück auf sein Paradeparkett des Katastrophenfilms und lässt fünf Jahre nach „The Day After Tomorrow" erneut die Welt im Naturchaos versinken. Gegen das diesmal aufgebotene Ausmaß der Zerstörung wirkt das Klimawandel-Mahnmahl mit Dennis Quaid geradezu unspektakulär-bescheiden: Basierend auf den apokalyptischen Schlüssen, die man aus dem an Wintersonnwend 2012 endenden Maya-Kalender ziehen kann, entfesselt der Hollywood-Schwabe ein feuriges Weltungergangsinferno, das vor allem in der ersten Hälfte von exzellenter Referenzqualität ist.
Die Maya haben es vorausgesagt, im Jahr 2009 erfährt auch die US-Regierung durch die Forschungsergebnisse eines indischen Wissenschaftlers von der in 3 Jahren bevorstehenden Zerstörung der Welt durch gewaltige Sonneneruptionen. Im Geheimen schmiedet man eifrig an Plänen, den Fortbestand der menschlichen Rasse zu sichern. Bereits früher als erwartet wird der Globus jedoch von Erdbeben, Vulkanausbrüchen, Tsunamis und sonstigen Naturkatastrophen heimgesucht. „2012" verfolgt seine Apokalypse dabei hauptsächlich aus der individuellen Perspektive des erfolglosen Sci-Fi-Autoren Jackson Curtis (John Cusack), der im Yellowstone Nationalpark an einen nur scheinbar freakige und sich allzu bald als wahr erweisende Verschwörungstheorien verbreitenden Radiomoderator (Woody Harrelson) gerät, der nicht nur über das, was vorgeht, informiert ist, sondern auch einen Weg, zu überleben: Mit seiner Familie macht sich Jackson auf den Weg zu den von den internationalen Regierungen gebauten rettenden Archen...
Den zu Werbezewecken groß angepriesenen Bezug des Szenarios auf den Jahrtausende alten Kalender der Maya behandelt „2012" erstaunlich stiefmütterlich und gewährt seiner interessanten semimythischen Basis keine große Bedeutung jenseits der Erwähnung in einigen Nebensätzen - vor allem in der ersten Hälfte seines Films schafft es Roland Emmerich jedoch formidabel, jegliche Kritikpunkte an der freilich jeglichen Realismus und jegliche Glaubwürdigkeit mit Füßen tretenden Story seines Films mit einem bombastischen Actioninferno zu übertünchen, dessen Größe in sämtlichen Kategorien überwältigt: Die ganze Welt ist Schauplatz des apokalyptischen Infernos, wo sich gewöhnliche Katastrophenfilme auf eine mörderische Laune der Natur konzentrieren, entfesselt Emmerich vom Vulkanausbruch bis zum Tsunami jede nur denkbare zerstörerische Gewalt und hat eine groß angelegte Actionsequenz einmal ihren Anfang genommen, nimmt sie auch so schnell kein Ende mehr. Besonders die Überlebenshatz unserer Protagonisten durch die USA, die sie in Autos und Flugzeugen durch vom Himmel regnende Feuerbälle, wegbrechende Straßenzüge, einstürzende Hochhäuser und durch gigantische Risse im Erdboden versinkende Städte hetzt, ist einiger schwächerer CGI-Shots zum trotz ein schlicht beeindruckendes Megainferno, das in Sachen Schauwerte wohl jeden Katastrophenfilm der bisherigen Filmgeschichte toppt. Die Kombination aus immens aufwendigem Rechenknecht-Eyecandy und oftmals wunderbar düster-abgründiger, wahrlich apokalyptischer Atmosphäre gewinnt durch einen nach bewährten Schemata generierten, nichtsdestotrotz fesselnden hohen Spannungslevel zusätzlich an Intensität.
Leider vermag der mit einer Spielzeit von zweieinhalb Stunden recht lang geratene Film dieses großartige Referenz-Niveau jedoch nicht über die volle Dauer zu halten und versumpft im letzten Viertel endgültig in einer elend ausgedehntem, aufgrund seiner unsäglichen Vorhersehbarkeit schließlich leich langweilenden Pflichtübung auf dem Genrebaukasten - das selbst für amerikanische Verhältnisse grenzwertig kitschig-pathetische Ende mit seinem allzu positiven Feeling kommt dem finalen Part des Films auch nicht eben zugute. Dabei hat Emmerich den in „2012" vor allem in den sich in der zweiten Hälfte häufenden Actionpausen wichtigen Pathos-Faktor über weite Strecken recht gut im Griff und vermag ihn dazu zu nutzen, sein Epos auch an emotionaler Größe und Dramatik gewinnen zu lassen, mag sie teils auch noch so plakativ mit dem Holzhammer generiert werden. Neben der obligatorichen tragischen Dezimierung der eigentlichen Protagonistenriege sind es vor allem die Schicksale der großen Massen, z.B. beim Gebet auf dem Petersplatz vom Dom erschlagene Gläubige, sowie die zentrale Frage, wer auf die Arche gerettet werden kann und wer nicht, die berühren und beklemmen - wenn auch all dies im cheesy Schlussviertel unter kitschigem Pflicht-nach-Vorschrift-Eindruck an Überzeugungskraft verliert.
Inmitten seiner Action, Spannung und Dramatik lässt es „2012" glücklicherweise nie an humoristischen Momenten fehlen, die zu großen Teilen auf die Sprüche einer anfangs als überzogene Karikatur etwas deplatziert wirkenden, jedoch zunehmend akzeptableren Figur eines reichen russischen Geschäftsmanns zurückgehen, der mit unseren Helden auf ihrem Weg zu den Archen eine Zweckgemeinschaft bildet.
Darstellerisch weiß „2012" durch einen prominenten Cast zu gefallen: Der stets großartige John Cusack trägt den Film als sympathische Heldenfigur, während Woody Harrelson als freakiger Waldschrat lustvollst chargieren darf, Amanda Peet als Cusacks Frau, Danny Glover als US-Präsident und Thandie Newton als dessen Tochter mit von der Partie sind sowie vor allem Oliver Platt als machthungriger Unmensch aus führenden Regierungsreihen eine grandiose Performance hinlegt.
Fazit: Mit „2012" entfesselt der „Master of Disaster" mal wieder ein beeindruckendes Katastropheninferno und lässt die Welt in einem apokalyptischen Epos - inkonsequenterweise leider nur fast - untergehen. Dank eines sympathischen Hauptdarstellers, düsteren Weltungergangsflairs, amtlichem Spannungslevel, einer gesunden Portion Pathos und Dramatik sowie vor allem freilich gigantischer visueller Gewalt, die die Leinwand in ein Inferno hyperspektakulär inszenierten ausführlichen Massenzerstörungskrawall verwandelt, bietet Emmerich höchst kurzweiliges Genrekino, das lediglich gegen Ende in allzu vorhersehbar-altbekannte sowie schlussendlich deutlich überkitschte Schema-F-Sphären abdriftet.