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Wenn es neben dem kontroversen "A Serbian Film" ein weiteres Werk gibt, dass in Fankreisen und diversen Filmforen eifrig besprochen wird, dann ist es sicherlich Tom Six´ bizarre Mad Scientist-Variante um Dr. Heiter, der in seinem heimischen Labor fragwürdige Experimente betreibt. Einst gehörte er zu den weltweit gefragtesten Chirurgen - spezialisiert auf der Trennung siamesischer Zwillinge. Doch nach jahrelanger Arbeit ist er besessen davon, den medizinischen Fortschritt rückgängig zu machen, und eine neue Lebensform zu erschaffen. Was er anfangs an seinen drei Rottweilern ausprobiert hat, versucht er nun an der menschlichen Spezies zu vervollkommnen: die operative Verkettung mehrerer Versuchsobjekte zu einem menschlichen Tausendfüßler - verbunden zwischen Anus und Mund.

Allein die Vorstellung hört sich mehr als skurril an, doch was Autor und Regisseur Tom Six in seiner Low Budget-Produktion erschaffen hat, ist ein kunstvoll arrangiertes Stück Arthouse-Kino in erlesener Optik und mit einem Hauptdarsteller, der die gesamte Szene von Anfang bis Ende beherrscht: Dieter Laser spielt Dr. Heiter, mit einer Leidenschaft und einer Ausdrucksweise - die sowohl die Genialität als auch die wahnsinnige und krankhafte Besessenheit seines Charakters perfekt zum Ausdruck bringt.
Dabei pendelt er zwischen natürlichem Schauspiel und einer Art von Overacting, die einerseits stellenweise komisch wirkt und ein paar unbeabsichtigte Lacher provoziert - andererseits aber den Irrsinn Dr. Heiters unterstreicht.
Neben Lasers ausgezeichneter Darstellung, besticht das, größtenteils von vier Personen getragene Kammerspiel, vor allem durch einen stimmigen Score und eine wunderbare Kameraarbeit, die die kühle Optik des großen Anwesens mitsamt des sterilen OP-Saals perfekt einfängt.
Die Inszenierung des absurden Treibens bleibt dabei innerhalb eines geschmacklich zumutbaren Rahmens und hält sich bis zum Finale angenehm zurück. Anstatt ein blutrünstiges Splatter-Feuerwerk abzufackeln, besinnt sich Six auf die Inszenierung bizarrer Momentaufnahmen, die vielmehr menschenverachtende Tendenzen aufweisen anstatt exploitativ die Grenzen des graphisch zumutbaren beim Zuschauer auszuloten.

Unter dem Strich bleibt ein kurzweiliger und morbider Spaß, der gekonnt den Spagat zwischen anspruchsvoller, provokativer Inszenierung und kunstvollem Trash meistert. Nicht immer punktgenau in der Schauspielführung seiner Nebendarsteller, streckenweise auch unfreiwillig komisch - insgesamt aber ein unterhaltsamer Streifen mit Kultpotential: "The Human Centipede" ist die moderne Variante von "Re-Animator" und "Frankenhooker" und Tom Six der Frank Hennenlotter des neuen Jahrtausends.

Absurd und schräg - aber genial! 8/10

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