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Das Wesentliche zuerst: bloß nicht zuviel verraten!
Christopher Smiths "Triangle" steht und fällt mit der Kenntnis des Film und in diesem Fall ist die Pointe ausnahmsweise mal mit der Gesamtkomposition des kompletten Plots verbunden, insofern macht es Smith dem Rezensenten schwer, sich ausgiebigst spoilerfrei über seine dritte Regiearbeit (nach "Creep" und "Severance", noch vor "Black Death") auszulassen, die unlogischerweise als einzige hierzulande nicht den Sprung ins Kino geschafft hat, obwohl sie in ihrer Geschlossenheit seine beste Arbeit darstellt.

Der Titel ist dann auch Programm (neben der Tatsache, daß wir u.a. auch im Bermudadreieck rumschippern), denn die Story wird fröhlich dreigeteilt. Daß da einiges im Argen liegt, beweisen aber schon die mysteriösen Vorspannszenen, von denen man zurecht annehmen kann, daß sie später noch von Bedeutung sein werden, auch wenn sie rätselhaft harmlos wirken. Melissa George kümmert sich darin etwas gestresst um ihren kleinen Sohn, der sich auffällig verhält (wenig später erfährt man von seinem Autismus), hadert mit der Hausarbeit, packt ihre Sachen, ein mysteriöses Türklingeln unterbricht sie (ohne, daß jemand vor der Tür steht), sie befüllt ihren Wagen und taucht schließlich etwas abwesend bei einem Segeltörn eines Freundes auf, um anzugeben, ihr Sohn sei in der Schule.
Während das Publikum schon fleißig kniffelt, schießt die Gruppe sektseliger Skipper in eine plötzliche Flaute, um dann in einem Instant-Sturm zu kentern, nachdem man ein mysteriöses Hilfesignal aufgefangen hat. Als Schiffbrüchige entert man einen plötzlich auftauchenden Ocean Liner, der nicht nur verlassen (und 70 Jahre alt) ist, sondern auch reichlich Deja Vu's zu bieten hat für George's "Jess". Und plötzlich geht ein maskierter Killer um...

Obwohl entspannt präsentiert, gönnt Smith dem Zuschauer keine Pause, der von den vielen kleinen Handlungselementen und Vorgängen dann doch erfolgreich mitgerissen wird, um sich relativ schnell in einer großen "Was-passiert-hier?"-Raterunde wiederzufinden. Geschickt glaubt man ständig, den Autoren dank Genreerfahrung ein Stück voraus zu sein, doch eine Weile hält Smith den Film erfolgreich in der Schwebe, so daß man nicht weiß, ob man jetzt in einem Zeitreisestück, einer Jenseitserfahrung, einem höllischen Trick oder einem simplen Slasherfilm mitspielt.
Doch kaum ist das erste Drittel vorbei, zieht Smith die Katze aus dem Hut und präsentiert das bisher Gesehene unter ganz neuen Vorzeichen, wobei er das Abgründige des bisher Gesehenen noch einmal entscheidet durch Rückblicke und Variationen bekannter Storyelemente vertieft - und einige wirklich erstaunlich grauenhafte Bilder bietet.
Schlußendlich wagt er dann im letzten Drittel den Ausbruch aus seinem diffizilen Konstrukt, um an den Anfang der Geschichte zurückzukehren und alle früheren Fingerzeige und Bilder zum Entsetzen des Publikums zu entschlüsseln.

Viel mehr zu verraten wäre eine echte Schande, denn "Triangle" mag jetzt nicht der neueste Film aus dem Schatzkästlein derer nach M.Night Shyamalan sein, aber er lebt von seiner Konstruktion und sollte erfahren werden, nicht schnell konsumiert und weggeworfen. Schnell ist man hier mit dem Namen David Lynch bei der Hand, doch Smith, einer der wenigen Individuellen im phantastischen Genre, erzählt schlicht und ergreifend eine komplizierte und komplexe Geschichte mit vielen Überraschungen und Wendungen. Selbst wenn auf der Schlußgeraden beim Publikum die Ahnung des Geschehenen zur Gewißheit wird, zieht der Wille um das Wissen den Zuschauer noch in seinen Bann, so daß daraus ein extrem runder und spannender Unterhaltungsfilm wird, der eben mal nicht einen Qualitätsbruch an irgendeiner Stelle zu verzeichnen hat, sondern in drei Phasen immer etwas Neues bietet und das noch mit wenigen typischen Klischees.

Ergänzt durch die bizarre Atmo eines verlassenen Kreuzfahrtschiffs, mit einem angemessenen Blutanteil (und hier sieht es immer wirklich so aus, als würde es weh tun) und diversen alptraumhaften Bildern von endloser Unausweichlichkeit, hat man mit "Triangle" eine echte Perle am Start, die weit über "das Übliche" hinaus geht. Uneingeschränkte Genreempfehlung! (8/10)

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