Review

„2010“ leidet immer noch unter dem generellen Urteil, seinem meisterhaften Vorgänger nicht das Wasser reichen zu können.
Tatsächlich entpuppt sich die weitergesponnene Geschichte, die im Original nur vages Basismaterial für eine Bilderflut war, als interessante Variante zum Kalten Krieg, der 1984 noch einmal in absoluter Hochphase war.
Zwar wurde der Film gerade dafür gerügt, daß er eine außerirdische Intervention für nötig erachtete, um einen weltweiten politischen Konflikt zwischen USA und UDSSR zu schlichten oder zumindest um die Betreffenden zu heereren Zielen wachzurütteln, nur vergißt man dabei, daß das gleiche Sujet dem allseits geachteten „The Day, the Earth stood still“ zugrunde liegt.

Der Film erzählt neun Jahre nach den Geschehnissen des ersten Teils von der Aufklärungsmission zur Discovery, die sich immer noch im Jupiterorbit befindet. Notgedrungen muß die US-Crew mit einem Sowjet-Schiff fliegen, was Gelegenheit zu Reibereien gibt, bis die Astronauten im Jupiterbereich diverse Überraschungen erwarten.

Die mystische Bilderreise ist so einer überraschend spannenden Erzählhandlung in bester SF-Tradition gewichen, die zudem noch die besten Ideen Kubricks übernimmt, um das nötige Flair zu erhalten, ohne jetzt konkrete Teile des Klassikers zu kopieren.
Dazu gehören die Helmatmung, das leichte Dröhnen des Alls in gewissen Momenten und außerdem eine geradezu tödliche Stille des Kosmos, die sich wesentlich echter anfühlt, als so mancher von einem Soundtrack belästigten andere Film.

Diesselben Modelle wurden verwendet und Erschaffung des gleichen, fast semidokumentarischen Realismus, der vor allem dem normalen Umgang mit dem Raumschiff einiges an Spannung abgewinnt, ehe die übernatürlichen Elemente hinzukommen. Sowohl HAL 9000 als auch ein geisterhaft-übernatürlicher Bowman sind ebenfalls mit dabei und sorgen für das gewisse Kribbeln, unterstützt durch eine hervorragende Sequenz, in der man dem Flug einer Raumsonde über dem Mond Io per Außenkamera folgen darf, auf welchem etwas vorgeht und der überaus abrupt beendet wird. Die Sequenz schafft es, selbst bei mehrmaligem Konsum immer wieder hinzusehen.

Die politische Brisanz würzt das Geschehen zunehmend von außen und selbst ohne die Alien-Intervenierung kommt es zum nötigen Konsenz, daß man im All von Hoheitsgebieten weit entfernt ist.
So banal es ereignistechnisch ist, so intensiv sind so manche Sequenz, wie etwa der Wiedereinstieg in die kreisende Discovery und die Untersuchung des schwebenden Monolithen, die durch Betonung der lebensfeindlichen, unendlichen Umgebung die Komplizenschaft des Zuschauers zum Erlebnis machen.

Erfreulich nüchtern und trocken, wenn auch pointiert, ist der Ton von „2010“ , der zu einer gänzlich unerwarteten Pointe führt, die wahrhaftig wunderbar (und wunderschön ist), wenn auch der Prozeß des „Werdens“ fast noch berauschender gerät.

Natürlich nimmt der erzählende Plot der Mystik von „2001“ die Grundlage, läßt aber noch genug Fragen offen, um nicht als „Wir erklären jetzt alles“-Film verstanden zu werden.
Actionfreunde enthält der Film sicherlich zu wenig, um wirklich zu fesseln, an Intensität übertrifft er aber so manchen vordergründigen Unterhaltungsstreifen bei weitem, ohne zwingend etwas anderes zu sein.

Angesichts des Vorgängers kann ich mir eine bessere Variante für Kubricks Werk kaum vorstellen, wenn man tatsächlich an der Geschichte interessiert ist, und darüber hinaus ohne erzählerische Löcher oder leere Strecken voller Bildgewalt, die im Zeitalter von Star Wars und ähnlichem auch kaum dieselbe Wirkung hätten erzählen können.
Für mich einer der vollendetsten Filme der 80er Jahre und verdammt unterschätzt: 9/10.

Details
Ähnliche Filme