Die im Laufe der Dreharbeiten durchgeführte Titeländerung vom ursprünglichen Assassins zum jetzigen Accident gibt beide inhaltlichen Schwerpunkte und ihre letzte redaktionelle Überarbeitung vor. Die verstrichene Zeit und ihr Einfluss von der Ankündigung 2007, damals noch proklamiert mit in gravierenden Punkten anderer Synopsis, über den Ablauf der Produktion bis hin zur Fertigstellung in minutiöser Planung. Intensiv redigierend und ebenso korrigierend ist auch das Verhalten der Beteiligten im Bild selber, werden die Puzzle der scheinbaren Alltäglichkeit im "abort" und "action" - Verfahren mehrmals auseinander und wieder zusammen gesetzt. Solange, bis die Version zwar getürkt, aber realer als die Wirklichkeit und diese Konkretheit des Dargestellten in hoher Eigentümlichkeit aussieht:
Ho Kwok-fai [ Louis Koo ], Tarnname "Brain", arbeitet zusammen mit dem Team um "Fatty" [ Lam Suet ], "Woman" [ Michelle Ye ] und "Uncle" [ furchtbar: Stanley Fung ] an der für den Moment konzipierten Überlagerung zweier Ebenen. Sie nutzen die eh schon vorhandenen Gegebenheiten, bauen die Umwelt als Miniatur und anschließend im Großen und Ganzen auf, um im Auftrag von Klienten wie Wong [ Alexander Chan ] unliebsame Mitbürger umzubringen und dies jeweils als völlig unverdächtigen Unfall aussehen zu lassen. Als nach einem weiteren Akt das Team selber durch einen aus der Kontrolle und auf den Bürgersteig geratenen Stadtbus dezimiert wird, schwant ihnen Übles. Zu sehr kennen sie sich mit der Manipulation aus und zu stark sind sie in der eigene Paranoia verstrickt. Ho heftet sich an den Versicherungsagenten Chan Fong-chau [ Richie Ren ], bei dem Wong seine Ansprüche geltend gemacht hat.
Einzeln harmlose Kleinigkeiten, Banalitäten des Lebens, werden zu einer tödlichen Gefahr addiert; Auftragsmorde als Zufälle, als schicksalshafte Naturgewalten deklariert. Die Kunst der Ausführenden und die Kunst des Filmes besteht darin, die Wirklichkeit als eine Abfolge von plan- und beeinflussbaren Hilfskräften erscheinen zu lassen, die nur dazu existiert, verwaltet und für seine eigenen Zwecke genutzt zu werden. Im Grunde teilen sich die knappen 80min in das eigentliche Ergebnis der Zerstörung und dann erst in die Vorbereitung, die Mit- und Missgestaltung der Umgebung in Teilen und die gewollte Abweichung in letale Impulse auf. Erst die Was-, dann die Wie-Spannung, schließlich die Ob-Spannung. Ist die erste Szene ein verheerender Autounfall, bei der eine junge Frau durch die Wucht des Aufpralls durch die Windschutzscheibe geschleudert wird, um ihr Dasein in einer strömenden Lache von Blut auf der Motorhaube auszuhauchen, so besteht der gesamte nächste Akt aus der Aufzeichnung von störenden Einflüssen im rush hour Verkehr der dicht besiedelten Großstadt. Dort, wo der Platz zum Leben als formalistische Schikane bedrängt und eingeengt ist.
Nachdem in Soi Cheangs vorherigen Arbeiten Dog Bite Dog und dem weniger begeistert aufgenommenen, trotz seiner Inkohärenzen einen argumentativen Stellenwert aufweisenden Shamo eher das Ungleichgewicht, das Unnormale und Unstimmige in Szene gesetzt wurde, besitzt Accident wiederum eine besondere innere Balance. Dabei ist der Film trotz aller nachhaltigen und nachhallenden Dekoration, Vieldeutigkeit und Spannweite in einer durchaus extremen Reduziertheit gehalten, deren Identität auch unabdingbar auf Produzent Johnnie To zurückzuführen ist. Abgesehen von manchen knappen, umso heftiger aus sprichwörtlich heiterem Himmel kommenden, auf die Millisekunde präzisierten Gewaltausbrüchen beschränkt sich die weitschauende Inszenierung auf die oftmals nahezu stumme Mitteilung von optischen Sachverhalten, der Modifizierung von Codes erstmal auch abseits jeder innerdramatischen Funktion. Die Hauptpersonen erscheinen unterkühlt, zu kleinschrittiger Gliederung zerschnitten. Über weite Flächen befinden sie sich in einem extensiv gezeigten, vollkommen isolierten The Conversation Transkript. In einem sozial kontrollierten Umgang, so leer wie die ausgeräumten oder veraltet eingerichteten Zimmer, meist auf Blicke und Verhaltensweisen zur Thematisierung ihrer [selbstzweckhaften] Absichten zurückgezogen statt sich über eine weitere Kommunikation und Beweggründe zu definieren. Hos Team in ihrer Mit- und Zuarbeiterstellung für das so noch nicht erlebte Maß an manischer Anpassung gar auf eine kurz angebundene Austauschbarkeit komprimiert.
Dabei weist jeder Abschnitt des Filmes wie auch das Vorgehen der erst Attentäter von und später Opfer eigener "Schicksale" zugleich die faszinierende Autonomie wie auch die strikte Abhängigkeit von den anderen Faktoren in Form des Bedingten über dem Allgemeinen auf. Das aufwärtssteigende Finale voll Erstarrung und Versinnlichung als Echo dieser partiellen Informiertheit, in der zwar kein gänzlich neuer Blick auf das eben Gesehene geworfen, dafür aber die emotionalen Zustände des Zuschauers durchgerüttelt werden; ist das gerade Erlebte doch nicht nur Wissenschaft und Philosophie, sondern doch auch bittersüss- und bitterbös-melancholische Poesie und weit größer als der Tod gewesen.