Einmal mehr türmt sich überhaupt die Frage nach der Definition von "Kunst" auf. Wenn drei Minuten lang ein komplett schwarzes Bild den Fernseher schmückt, kann man dann noch von Kunst sprechen? Die Kunst bietet einfach zu viele Varianten und hält einen enormen Spielraum für Interpretationen bereit, als dass man hier ein allgemein gültiges Urteil fällen könnte. Dies gilt mitunter für die Musik, die Malerei und natürlich auch für den Film.
Mit Stanley Kubricks "2001: Odyssee im Weltraum" sollte wohl jeder Zuschauer auf seine Weise Frieden finden, denn kaum ein anderer Film muss wohl so subjektiv betrachtet werden wie dieser. Mit dem Grundgerüst der Handlung kann ich mich persönlich noch anfreunden, auch wenn es gegen Ende immer rätselhafter, mysteriöser und unerklärlicher wird. Zwar lässt sich erahnen, welche Intention Kubricks hinter dem Schluss stecken mag, doch komischerweise kann man mit seiner Vermutung allerdings auch ganz schnell im Abseits landen, weil das Ende im Prinzip eine riesige Spielweise für Interpretationen ist, auf der sich das Publikum austoben darf. Sicher ist wohl die Frage nach der Existenz von Kräften oder auch Leben außerhalb unseres blauen Planeten. Von philosophischer Seite her betrachtet wirft der seiner Zeit damals deutlich voraus geeilte Film wohl auch die Frage nach Gott in den Raum. Auf klare Antworten und Erklärungen verzichtet Kubrick aber bewusst, sodass das Ende wohl ein Mysterium für sich bleibt.
Doch bis dahin, muss man zugeben, dass der Erzählfluss stark viskos ausgeprägt ist. Schon die Eingangssequenz zeugt von opulenter Zähflüssigkeit, die sich letztlich über das ganze Werk niederstrecken soll. Sich besonders kurz zu fassen, war noch nie die Stärke des Stanley Kubrick. Die extrem langgezogenen ruhigen Szenen seines "2001" haben aber oftmals schon eine subversive Wirkung. Sequenzen sind so virtuos übertrieben, dass sie arg am Handlungsstrang knappern und das Spannungsniveau in Folge dessen gegen null tendiert. Sich hier ausschließlich an Kubricks technisch wirklich vollkommenen Inszenierungsstil zu ergötzen, kann nicht ausschlaggebend für die Rechtfertigung der Auszeichnung als Meisterwerk sein.
Die Liebe zu seinem Handwerk ist dem erfolgreichen Regisseur anzumerken; mit unvorstellbarer Ästhetik beeindrucken Bilder und Kamerafahrten in der Schwerelosigkeit, sowie herrliche Sequenzen, die den Weltraum faszinierend einfangen. Unterlegt sind diese teilweise mit weltberühmter klassischer Musik wie Richard Strauss’ „An der schönen blauen Donau“, welche die Objekte regelrecht tanzen lässt. Kubrick zelebriert seine Szenen und lässt, wie in kaum einem anderen Werk, die Bilder sprechen, statt mit Dialogen zu fesseln. Schauspieler werden gänzlich zur Nebensache, wenn der Altmeister sich in seinen visuellen Stilmitteln gegen Ende austobt und in einer schier unendlichen Sequenz die Atmosphäre mit bunten, kräftigen, surrealen und intensiven Farben stark verfremdet. Die ganze Kunst hat nur einen Haken: Stanley Kubrick schien in seinem übertrieben sinnlichen Strudel derart gefangen zu sein, dass es für einige Zuschauer kaum noch auszuhalten ist und sich eine unerträgliche Langeweile über die relativ lange Spieldauer erstreckt.
Das Beschäftigen mit der Thematik der Computerintelligenz stellt sich wider zwischenzeitlicher Vermutungen nicht als Kernelement des Werkes heraus. Die eigentliche Aussage ist sehr philosophisch, sowie gleichzeitig auch rätselhaft. "2001: Odyssee im Weltraum" ist und bleibt daher ein schwer zugänglicher und außergewöhnlicher Stoff der Filmgeschichte, der die Geschmäcker sichtlich teilt.