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Mit dem mittlerweile sechsten Teil stieß die "Saw"-Reihe 2009 in Fortsetzungs-Dimensionen vor, wie sie nur ausgewählten Horrorfilm-Serien in der Geschichte des Kinos gegönnt waren. Lobenswert ist dabei auf jeden Fall der Versuch einer inhaltlichen Stringenz: Wie schon der fünfte Teil, der quasi direkt in der Schlussszene des vierten begann, startet auch "Saw 6" direkt im Anschluss an den Vorgänger. Es wird immer deutlicher, dass die Reihe eine große, zusammenhängende Geschichte erzählt.

Das allerdings nicht immer gut. Inzwischen ist der Aufbau eines "Saw"-Films komplett ausgelutscht und vorhersehbar: Es gibt einen neuen Fallen-Parcour für irgendjemanden, der sich nach Jigsaws Ansicht unmoralisch verhalten hat, während parallel dazu die Hetzjagd zwischen FBI und Jigsaw-Jüngern gezeigt und mittels Rückblenden neue Aspekte in die bisher bekannte Geschichte des perversen Serienkillers eingeflochten werden. Von einer großen finalen Überraschung ist auch stets die Rede, die fällt hier allerdings so kläglich und bedeutungslos aus, dass man dieses Wort kaum verwenden darf. Inhaltlich gibt es hier also nichts Neues. Dafür ist der ganze Aufbau so hektisch inszeniert und wirr erzählt, dass der Zuschauer mitunter die Orientierung zu verlieren droht. Und inwiefern all die neuen Details über die Vorgängerfilme noch irgendeine logische Glaubwürdigkeit besitzen, ist mehr als fraglich.

Allerdings dürften sich viele "Saw-"Fans auch eher um die Gewaltszenen sorgen. Was das angeht, kann man Entwarnung geben: Auf üblich hohem technischen Niveau bietet "Saw 6" einige krasse Gewaltexzesse, die sehr verstörend und grausam ausfallen. Mit dem Wert des Lebens hat das natürlich nichts mehr zu tun - die Kaltblütigkeit, mit der hier Menschen als Bestandteile eines "Spiels" geopfert werden, ist nur noch menschenverachtend. Die Chance, zu überleben, ist für viele Opfer gleich null, was den Sadismus der einzelnen Fallen deutlich erhöht. Und die zynische Art und Weise, auf die Jigsaw in den Rückblenden seine Taten begründet, ist einfach nur ekelhaft. Aus dem clever-bösen Gedankenspiel des Originals ist schon lange ein voyeuristisches, sadistisches Folter-Spektakel geworden, das die Grundidee nur noch als pseudomoralisches Feigenblatt aufrecht erhält, um in Wahrheit die niedersten Instinkte der Zuschauer zu bedienen.

Technisch bleibt auch diese Fortsetzung auf dem hohen Niveau der ganzen Reihe. Sehr überzeugende (und deshalb so drastische) Splatter-Effekte, finster-bedrohliche Settings und ein guter Soundtrack wirken rund und stimmig und erzeugen zumindest ein wenig Atmosphäre. Auch die Schauspieler machen ihre Sache ganz gut, sieht man von einigen kreischenden Opfern ab, deren Angst- und Schmerzensschreie so überkandidelt daher kommen, dass man schon fast lachen muss. Im Gegensatz zu sehr vielen ihrer Nachahmer spielt die "Saw"-Reihe weiterhin in der obersten Profi-Liga.

Nur können anständige Effekte und aufwendige Inszenierung natürlich nicht über mangelnde Inhalte, Logiklöcher und eine mehr als fragwürdige moralische Positionierung hinweg täuschen. Alles in allem erkennt man "Saw 6" in jeder längst überholten Einstellung als das, was es ist: das Fließband-Produkt einer riesigen Melk-Maschinerie.

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