Review
von Leimbacher-Mario
Superber Scherenschnitt
„Edward Scissorhands“ ist ein wunderschönes Gothic-Märchen mit nahezu allen Beteiligten in Hochform. Burton voll in seinem Element, Depp in seiner noch recht frühen, unkandidelten Phase, eine super süße Winona Ryder in die man sich nur verknallen kann. Obendrauf ein magischer Score (wie fast immer von Elfman!) und sogar Vincent Price in einer seiner letzten Rollen, erhaben wie immer und würdig verabschiedet. Weihnachts- wie Halloweenvibes. Schnee und Sonne. Liebe und Horror. Außenseiter und Gesellschaftskritik. Eine heftige Satire auf weite Teile der oberflächlichen amerikanischen gehobenen Mittelschicht. „Edward Scissorhands“ wird nicht alt, kann mich immer wieder verzaubern und verschmilzt dunkle Romantik, Frankenstein und bittere Comedy zu einem magischen Erlebnis!
Die Geschichte erzählt von einem konstruierten Menschen/Mann mit Scherenfingern, dessen Erbauer kurz vor seiner Fertigstellung starb. Nun lebt die traurige Gestalt allein im riesigen, düsteren Anwesen am Rande der biederen Vorstadt“idylle“. Und als er dann eines Tages mit der dortigen Gesellschaft in Kontakt kommt, passiert Unvermeidliches und er wird nach anfänglicher Faszination für den „Freak“ böse verarscht, verfolgt und verachtet, zurück in die Schatten getrieben... Ich liebe diesen Film! Er hat alles und etliche Gründe, warum Burton und Depp in ihren Disziplinen völlig zurecht zu Superstars geworden sind. Das Setdesign ist verspielt und einzigartig Burton, von den Eis- und Heckenskulpturen bis zum Schloss des Vincent Price. Die „Dorfbewohner“ sind schön fies, man liebt es, sie zu hassen. Über allem schwebt ein melancholisch-liebevoller Schleier, sicher auch etwas traurig und nachdenklich, ob die Gesellschaft denn je bereit sein wird, wirklich über Äußerlichkeiten und Vorurteile hinwegzusehen, „Einwanderer“ und Andersartige wirklich aufzunehmen. Und wer hier die Bösen sind, vor denen man sich fürchten sollte, ist von Anfang an glasklar. Und ein massiv wiederkommendes Thema in Burtons Karriere ist das bekanntermaßen ja eh.
Fazit: eine fantastische, winterliche Ode an alle Außenseiter und „Monster“. Nicht nur ein absoluter Höhepunkt in Burtons Schaffen, in Depps Karriere und den frühen 90ern, sondern allgemein für morbid-herzliche Gothicgeschichten! Zeitlos und wundervoll.