Das hätte sich die Avon- Beraterin Peg nicht träumen lassen. Statt Kunden findet sie in dem alten Schloß den Kunstmenschen Edward. Dessen Erfinder stirbt kurz vor der Vollendung seines Meisterwerks. Das Auffallendste an ihm sind aber seine riesigen Scherenhände. Als die resolute Avon-Lady ihn mit nach Hause nimmt, verliebt sich Struwwelpeter Edward in Pegs engelhafte Tochter Kim. Schon bald reißen sich die Leute um den Exoten, der mit seinen Scheren nicht nur Büsche und Bäume, sondern auch Hunde- und Frauenhaare in extravagante Kunstwerke verwandeln kann.
Was soll man sagen, ein typischer Burton eben. Johnny Depp in der Hauptrolle (wo war denn Helena Bonham Carter?), eine mehr als skurrile Ausgangsposition, das Ganze aufgebaut als Fantasymärchen und erzählt als eine Gute Nacht Geschichte, da braucht er seinen Namen in den Credits schon gar nicht mehr eintragen. Irgendwie erinnert mich die Story aber auch jedes mal an Frankensteins Monster. Hüben wie drüben haben wir die mißverstandene Kreatur, die im Grunde niemanden etwas Böses antun will, aber dennoch vom Pöbel gehetzt und vertrieben wird.
Dasselbe Schicksal erlebt auch Edward, der unvollendeten Kreatur da sein Schöpfer vor der Vollendung starb (war trotzdem schön dich mal wieder zu sehen Vincent Price). Neben Freddy Kruger ist er der einzige mit dem Handicap statt Händen Scheren und Klingen als Finger zu haben. Allein schon aber bei der Umgebung darf sich Burton so richtig austoben. Als Ort des Geschehens haben wir eine quietschbunte Vorstadt Marke Muster-Idylle, die allerdings hauptsächlich von einer Armee klatschorientierter Hausfrauen bevölkert wird, aber auch in Steinwurfweite ein Gruselschloß auf einem Hügel. Von hier holt eine gefrustete Avon Beraterin Peg den guten Edward in die Öffentlichkeit.
Was anfangs noch durch wohlgeschnittene Hecken und tolle Haarschnitte harmonisch verläuft verkehrt sich jedoch schnell ins Gegenteil. Die Einwohner meiden die Sonderbarkeit und auch der Ex seiner neuen Flamme Kim zündelt gegen den Neuankömmling. Das ist alle sehr unterhaltsam gemacht und es gelingt auch, vor allem Jonny Depp mit seinem naiven Spiel, die Sympathien klar auf Edward zu lenken. Musik und Kamera unterstützen alles noch zusätzlich. Das reicht zwar nicht für einen Klassiker, aber so etwa in die Abteilung „kann man sich alle paar Jahre ruhig mal wieder anschauen“.
7/10