„Hasta la vista, baby!“
Nach seiner actionreichen „Alien“-Fortsetzung „Aliens – Die Rückkehr“, die zu einem fulminanten Kreaturenspektakel geriet, und seinem End-‘80er-Beinahe-Flop „Abyss“ läutete der Kanadier James Cameron das neue Jahrzehnt mit der Fortsetzung seines 1984er Durchbruchs, dem Endzeit-Science-Fiction-Actioner „Terminator“, ein und präsentierte 1991 die offizielle Fortsetzung „Terminator II – Tag der Abrechnung“. US-amerikanisch-französisch koproduziert, wurde die erneut nach Camerons eigenem Drehbuch verfilmte Fortsetzung zum bis damals teuersten Film überhaupt – eventuell ein Grund, weshalb Cameron diesmal auf Nummer sicher ging?
Nachdem im Jahre 1984 Kyle Reese, der Widerstandskämpfer aus der Zukunft, die Ermordung Sarah Connors (Linda Hamilton) durch einen ebenfalls aus der Zukunft entsandten Terminator verhindern und damit die Chance aufrechterhalten konnte, dass Sarah den zukünftigen Rebellenführer John Connor zur Welt bringen wird, landet in den 1990ern erneut ein Terminator aus der Zukunft in Los Angeles. Diesmal handelt es sich um ein weiterentwickeltes Modell, das aus einer Flüssigmetalllegierung besteht und beliebig seine Form und Gestalt wandeln kann: ein T-1000 (Robert Patrick, „Jungle Force“). Dieser soll nun den mittlerweile geboren John Connor (Edward Furlong, „American History X“) im Kindesalter „terminieren“. Doch die Widerstandskämpfer aus der Zukunft konnten einen T-800 (Arnold Schwarzenegger), jenes Modell, das 1984 Jagd auf Sarah machte, zum Schutze Johns und seiner Mutter umprogrammieren und in den Kampf gegen den T-1000 schicken…
„Terminator II“ datiert den Nuklearkrieg auf 1997 und spielt angesichts des Alters John Connors in diesem Film ungefähr Mitte der 1990er, ausgehend vom Erscheinungsjahr also wenige Jahre in der Zukunft. Nach einer kurzen idyllischen Sequenz mit einem schaukelnden Kind wird diese jäh durchbrochen von einem überdimensionierten Dauerballerei-Science-Fiction-Action-Spektakel, während dem Sarah aus dem Off die Vorgeschichte in Erinnerung ruft. Brad Fiedels Synthesizer-Titelmelodie blieb identisch, ebenso Schwarzeneggers unbekleidetes Auftauchen aus der Zukunft unter viel Geblitze. Diesmal trifft es Rocker bzw. Biker, die er um ihre Kleidung entledigt. Alles anders ist indes verständlicherweise bei den Connors: Mutter Sarah sitzt in der Klapse, weil ihr niemand ihre Geschichte vom Terminator aus der Zukunft glaubt, Sohn John ist verhaltensauffällig und wurde bei Pflegeeltern untergebracht. Aus dem Soundtrack blökt Axl Rose „You Could Be Mine“.
Doch während bereits Camerons Vorgänger „Abyss“ auf revolutionäre Spezialeffekte wie Morphing und Computeranimationen setzte, was jedoch – passend zum Filminhalt – irgendwie unterging, betonte man diesmal besonders die für „Terminator II“ verwendete digitale Tricktechnik. Diese war seinerzeit spektakulär anzusehen, bot sie doch die Illusion absolut nahtloser Verflüssigungen und Verwandlungen des T-1000. Wohldosiert trugen sie zu großen Teilen zur Faszination des Films bei und setzten Maßstäbe. Ansonsten blieb man jedoch grundsätzlich beim bewährten Konzept und reizte Schießereien, Verfolgungsjagden und Stunts in einer wahnsinnig teuren Materialschlacht bis zum Äußersten aus – um jedoch gleichzeitig die Karte der Familienunterhaltung auszuspielen und sich im Gegensatz zum Original direkt an das Massenpublikum zu wenden. Und so krankt „Terminator II“ dann in seiner deutlich weniger düsteren Umsetzung u.a. daran, Muskelprotz Schwarzenegger als Sympathieträger mit rauer Schale und seine Roboterhaftigkeit als „Coolness“ verkaufen zu wollen. Der T-800 wird vermenschlicht und widerspricht damit komplett dem Konzept des Erstlings. Einen lächelnden Terminator möchte ich nicht sehen und einen Sprüche klopfenden nicht hören – schon gar nicht, wenn diese sich in den beknackten Mainstream-Humor auf niedrigem Niveau einreihen. Nicht minder geht einem Edward Furlong als neunmalkluger Junge auf den Geist – zumindest, sobald man aus der Pubertät heraus ist. Sein Auftreten ist ein Paradebeispiel für nervige Kinder in Spielfilmen, deren Rollen voller himmelschreiender Unwahrscheinlichkeiten konzipiert wurden. Doch die sich für Actionfilme interessierenden 11- bis 14-Jährigen Rotzlöffel wird’s begeistert und die Rolle in dieser Art dadurch ihre Berechtigung aus kommerzieller Sicht erfahren haben.
„Terminator II“ setzt selbst schwerstens auf Technik, um im gleichen Atemzug Angst vor Technologie zu schüren – insbesondere dann, wenn der T-800 nach einer guten Stunde (Kinofassung) aus dem Schraubenkästchen zu plaudern beginnt und erzählt, was genau in der Zukunft passieren wird. Das versieht die bekannte Hintergrundgeschichte mit viel mehr Details, erweitert sie, führt sie fort. Dies sind die Stärken des Films, denn die dystopische Geschichte weiß noch immer zu gefallen und zu verängstigen – vor allem dann, wenn nach etwas Leerlauf ganz unvermittelt heftigste und den Familienanspruch unterwandernde Bilder der nuklearen Apokalypse über dem Zuschauer hereinbrechen. In der Folge stellt der Film Fragen nach der moralischen Verantwortbarkeit von „Präventivschlägen“, bevor ihr Opfer die Gründe überhaupt erahnen kann, und lädt erneut zu nerdigen Zeitreise-Logik-Denkspielen ein. Zu meinem Bedauern scheint „Terminator II“ die Maxime zu vertreten, dass zum Durchsetzen seiner Ziele Gewalt und Zerstörung die effektivsten Möglichkeiten wären. Dieser von Cameron später in „True Lies“ auf die Spitze getriebenen und manch Actionfilm zum absoluten Stumpfsinn degradierenden Logik folgend werden geschlossene Türen einfach eingetreten und eben meist erst geschossen, dann gefragt. Das ist schade, denn es steht einerseits im Widerspruch zur zeitweise gar nicht einmal so simplen Handlung und andererseits hätte ich Cameron mehr Intelligenz zugetraut. Vermutlich handelt es sich auch hierbei schlicht um Zugeständnisse an das Massenpublikum, das man nicht überfordern möchte und ihm stattdessen einfach bietet, was es verlangt: einen schwerbewaffneten Muskelprotz, der Traum eines jeden Militaristen, der sich so vermutlich den idealen US-Soldaten vorstellt. Im langwierigen, enorm ausdauernden Action-Finale siegt dann endgültig der Stil über die Substanz und wird zum wahlweise begeisternden, weil überaus aufwändigen, feurigen, heillos übertriebenen oder aber ermüdenden, weil als monoton empfundenen und ausschließlich auf sich schnell abnutzende Schauwerte setzenden Spektaktel. Dieses mündet in furchtbar kitschigem Märtyer-Pathos und besiegelt das Ende einer Fortsetzung mit einigen interessanten Ansätzen und gelungenen Umsetzungen, das leider viel zu sehr nach überproduzierter, fragwürdiger Mainstream-Actiongülle als nach Kultfilm müffelt. Schade.