Über „Aliens“ heißt es oft, dass es ein gleichwertiges oder vielleicht sogar überlegenes Sequel zu „Alien“ ist; das Gleiche sagt man auch über „Terminator 2“ im Verhältnis zu „Terminator“. Für beide Fortsetzungen zeichnete sich James Cameron verantwortlich. Während er sich bei „Aliens“ mit Ridley Scott messen musste, so trat er mit „Terminator 2“ gleich in Konkurrenz zu sich selbst. So, wie ich bereit bin, „Aliens“ als ebenbürtigen Nachfolgefilm anzuerkennen, bin ich das bei „Terminator 2“ nach reiflicher Überlegung nicht. Hier erreicht das Sequel für mich nicht die gleiche Qualität wie das Original. Nicht ganz.
Während „Terminator“ ein klassischer Low-Budget-Film war, hat „Terminator 2“ den Big-Budget-Film neu definiert. Der zweite Teil war mindestens zwanzig- bis fünfundzwanzigmal so teuer wie der erste Teil und hat in Sachen Produktionskosten wohl als erster Film die 100-Millionen-Dollar-Schallmauer durchbrochen. Durch „Terminator 2“ und seinen finanziellen Erfolg wurden das Effekt- und Event-Kino der 90er-Jahre und des neuen Jahrtausends in dieser Größenordnung überhaupt erst möglich. In den folgenden Jahren kam es bei generalstabsmäßig geplanten Blockbuster-Produktionen zu einem bis heute andauernden Wettrüsten bezüglich der Schauwerte – insbesondere der Special Effects. Aber ich vermute, dass es genau dieses viele Geld war, das James Cameron daran gehindert hat, das Beste aus der Idee zu machen, „Terminator“ einen Nachfolger zu bescheren. Ein hohes Budget zwingt zu Kompromissen.
So lässt „Terminator 2“ insbesondere die Kompromisslosigkeit des Originals vermissen; es fehlt dem Hochglanz-Nachfolgeprodukt an der schmutzigen und düsteren Atmosphäre des Erstlings und der Härtegrad des ersten Teils wurde im zweiten Teil doch deutlich abgemildert. Die Geschichte von „Terminator 2“ ist darüber hinaus letztendlich eine nur leicht variierte Kopie der Geschichte des Originals, bei der Camerons früherer Pessimismus einem vorsichtigen Optimismus gewichen ist. Neues erfährt man aus dem „Terminator“-Kosmos also letztendlich nicht. Man hätte die Geschichte wesentlich innovativer weitererzählen können. Außerdem schielt Cameron hier auch auf das jugendliche Publikum, was dazu führt, dass in „Terminator 2“ – im Gegensatz zu seinen früheren Filmen – manchmal deplatzierter Humor zum Zuge kommt. Gerade im Zusammenspiel zwischen Edward Furlongs etwas nervtötendem John Connor und Arnold Schwarzeneggers T-800 menschelt die Kampfmaschine – gerade in den längeren Filmfassungen (bei „Terminator 2“ bevorzuge ich die kürzere ursprüngliche Kinofassung des Films) – manchmal doch in sehr unangebrachter Weise. Alle diese Entscheidungen sind aus künstlerischer (aber nicht unbedingt aus wirtschaftlicher) Perspektive nicht gerade zum Wohl des Films getroffen worden, sodass der Zweitling gegenüber dem Erstling qualitativ für mich eindeutig das Nachsehen hat.
Zugutehalten muss man Camerons Film, dass er trotz dieser Mäkel noch über genügend Qualitäten verfügt, um ein hohes Niveau zu halten. Die offensichtlichste Stärke des Films sind die revolutionäre Tricktechnik und die von Cameron in unerreichter Perfektion inszenierte, atemlose Action – zuerst begnügt er sich mit zwar spektakulären, aber sehr dosiert eingesetzten Actionszenen, um erst in der zweiten Hälfte des Films so aufzudrehen, dass es kein Halten mehr gibt. Cameron versteht es wie kein Zweiter, sein Pulver nicht sofort zu verschießen, sondern Tempo und Schauwerte kontinuierlich zu steigern, sodass keine Durchhänger entstehen. Zwar kann „Terminator 2“ bezüglich der Spannung nicht einhundertprozentig mit „Terminator“ und „Aliens“ mithalten, übertrifft die beiden jedoch audiovisuell um Längen – tricktechnisch war „Terminator 2“ damals revolutionär und schaut auch heute immer noch sehr, sehr gut aus. Schauspielerisch gebühren einerseits Robert Patrick und andererseits Linda Hamilton großes Lob. Robert Patrick ist als technisch weit überlegener T-1000 ein grandioser Bösewicht, absolut eiskalt und praktisch nicht aufzuhalten; ein Großteil der Spannung ist allein seiner Darstellung zu verdanken. Außerdem sorgt er allein dafür, dass noch ein gewisser Härtegrad vorhanden ist. (Vom guten, alten T-800, zu dem der geschmeidige und elegante T-1000 einen erst mal unerwarteten Kontrast bildet, ist in dieser Hinsicht hier nicht mehr viel zu erwarten. Schwarzeneggers Interpretation seiner Rolle hat hier nicht mehr viel mit der aus dem Original zu tun.) Mit Robert Patrick holt Cameron quasi sein altes Vorhaben (das ich nur zu gerne in die Tat umgesetzt gesehen hätte) nach, den Terminator im ersten Teil von Lance Henriksen spielen zu lassen. Linda Hamilton darf ihre Rolle aus dem ersten Teil sehr stark weiterentwickeln. Zwar war ihr Kampfgeist letztendlich schon im ersten Teil im Keim angelegt und durfte sich zum Ende hin auch zeigen, doch bewegt sich ihre Rolle hier in die Nähe von Ellen Ripley aus „Aliens“, wenn auch Sigourney Weaver im direkten Vergleich als Siegerin hervorgeht. Cameron hat ohne Zweifel ein Faible für kämpferische Frauen und findet hier mit Hamilton als Guerillera Sarah Connor eine würdige Vertreterin. Wenn auch die Story kein bisschen innovativ ist, so ist sie doch clever genug konstruiert, um trotz vieler Vorhersehbarkeiten nicht langweilig zu sein, indem sie das pfiffige Zeitreise-Paradox aus dem ersten Teil aufgreift und am Ende noch einmal etwas zuspitzt. „Terminator 2“ präsentiert uns ein offenes Ende als Happy End – was hinsichtlich des fatalistisch-deterministischen Untertons beider Filme sogar unerwartet gut funktioniert und so seine Prämisse von der Freiheit (und der daraus erwachsenden Verantwortung) der Menschen spät, aber nicht zu spät einholt. (Den überflüssigen „Terminator 3“ von Jonathan Mostow spare ich hier mal bewusst aus, weil er trotz pseudo-kompromisslosem Ende zu der von Cameron zuvor schon zu Ende erzählten Geschichte nichts mehr beizutragen in der Lage ist. Cameron hätte seine Geschichte im zweiten Teil - sofern damals schon finanzierbar - auch in der postapokalyptischen Zukunft ansiedeln können (eine Variante, die ich persönlich sogar bevorzugt hätte), hat sich jedoch dagegen entschieden und seine Saga zu einem eigentlich endgültigen Schluss geführt.)
Und wenn auch echte Kerle bei den letzten Szenen Schwarzeneggers (strenggenommen gefühlsduseliger Blödsinn), der natürlich alles andere als ein guter Schauspieler ist, ganz verstohlen ein Tränchen verdrücken, dann ist letzten Endes doch alles in Ordnung.