Review

Wenn Filme mit oder über Zombies über längere Zeit als ein Startwochenende hinweg Zuschauermassen anziehen und so zu einer Art breitenwirksamen Must-See-Gemeingut werden, ist Vorsicht geboten, speziell wenn es sich noch um eine ausgesprochene Komödie handelt, denn um Massenappeal zu erzielen, bedarf es nicht guten Marketings, sondern guter Mundpropaganda, was bedeutet, daß die Filme dann meistens nicht wirklich witzig sind oder nicht richtig Horror enthalten.

Ruben Fleischers "Zombieland" leidet unter demselben Symptomen, schafft es aber mit Glück und Geschick, sich über alle Abgründe hinweg zu hangeln und schlußendlich einen meistens amüsanten, recht gefühlvollen und bisweilen sogar richtig lustigen Post-Apokalypse-Film zusammenzubasteln, der die Genrefallstricke vermeidet, in dem sie inhaltlich umgeht.
Natürlich ist nicht alles eitel Sonnenschein, aber gerade weil die Horrorfans spezielle Vorstellungen von Untotenhorror (und Splatter) haben und der bizarre Humor von "Shaun of the Dead" natürlich prägend war, ist es doch recht erfreulich zu sehen, daß sich hier niemand einen Erfolg dranhängt, sondern etwas ganz anderes versucht.

Normalerweise geht man mit den Untoten ja als antikapitalistische Metapher zum Zerfall der modernen Welt um, hadert mit unserer ach so aufgeklärten modernen Zivilisationsgesellschaft, die leicht und selbstgerecht in profane Urinstinkte zum Zwecke des Überlebens zerfällt oder bietet sie als Mittel zur Visualisierung der "Auflösung" von Systemen wie Gemeinschaft oder Familie auf.
"Zombieland" wählt einen gänzlich anderen Ansatz: das, was sonst die Genrefilme ausmacht, nämlich der Angriff von Zombies auf Unschuldige, geschieht schon alles während des Vorspanns in Zeitlupenmontagen, die sowohl beklemmend wie witzig sind und keinerlei Rücksicht auf die Vortitel nehmen. Wenn die Handlung dann richtig einsetzt (sofern man von so etwas wie Handlung sprechen kann), ist alles schon gelaufen, die USA entvölkert, nur wenige Überlebende sind noch unterwegs - im Film kommen gerade mal noch fünf lebende Menschen vor.

Der sonst gern beschworene Zielpunkt der Reise, der Ausbruch aus dem alten System und die Hinwendung zu einer Zuflucht entfällt hier, weil schon zu Beginn alle wissen, daß die Idee einer solchen Zuflucht längst illusorisch ist. Eine angebliche Freizone in einem kalifornischen Freizeitpark ist dann auch nur ein MacGuffin, damit sich der Film überhaupt irgendwohin bewegt und als Sinnbild für den kurzen Traum von der verlorenen Vergangenheit/Kindheit zu sehen, ein letzter Hauch von Naivität im Nirgendwo, der genau deshalb auch beinahe zur Todesfalle wird.
Das hätte jetzt ein extrem zynischer Ansatz werden können, doch Fleischer laviert "Zombieland" durch die emotionalen Tiefpunkte und präsentiert vier Charaktere von einer gewissen notwendigen Abgeklärtheit, die als Thema des Films ihre Gefühle für sich erst einmal wiederentdecken müssen, um sich schließlich öffnen zu können.
Damit wählt Fleischer den Umkehrschluß und konstruiert den Untergang zu einer Art Familienzusammenführung zusammen, auch wenn die vier Menschen (alle nach ihrer Herkunftsstadt benannt) auf den ersten Blick nicht zusammenpassen, aber jeder auf seine kuriose Art eine eigene sichere Überlebenstaktik sein eigen nennt.
Der scheinbar mental etwas kurzsichtige Tallahassee (Woody Harrelson kultiviert wieder seinen preisgekrönten Cheers-Deppen) fokussiert komplett auf etwas ganz anderes als Überleben, nämlich auf das Auffinden eines Twinkies (was sich dann überraschend als wesentlich schwerer herausstellt); Voice-Over-Erzähler Columbus (der Entdecker!) hat sich ein Sammelsurium praktischer Regeln zurechtgelegt, mit denen man leichter durchs Restleben kommt und die Schwestern Wichita und Little Rock (unschwer als Mutter und Tochter angelegt) helfen sich mit Raffinesse und Tricks gegenseitig.

Aus der gegeneinander spielenden charakterlichen Chemie der Figuren bezieht "Zombieland" dann auch seinen Hauptreiz und funktioniert den Überlebenskampf, in dem jeder sich selbst der Nächste ist, zu einer Art sarkastischem Spielchen um, in dem man sich ohne Bösartigkeiten immer mal übertölpelt.
Schließlich kommt es zur Zusammenarbeit, dann zur Anfreundung und schlußendlich kommen endlich Gefühle und Verlustängste ins Spiel, bis die "Familie" sich beweisen muß.
So zerfällt der Film, der übrigens überdeutlich zuvor ein Pilotfilm für eine TV-Serie werden sollte, in drei unterschiedliche Drittel: die Präsentation der Gesamtsituation (durch die stete Visualisierung von Columbus Regeln optisch witzig im Bild ergänzt); die Familienzusammenführung auf dem Road Trip und dann die Belastung des Zusammenlebens mit der Nagelprobe im Freizeitpark.

Rund ist Ruben Fleischers Film leider nicht geworden, zu unterschiedlich gewichtet wirkt der Film. Der Beginn setzt auf optischen und erzählerischen Witz, die Mitte bietet eher charakterliches Augenzwinkern mit emotionalen Stärken und das Ende wirkt forciert (die Entscheidung der Frauen, in den Freizeitpark zu fahren ist ebenso kurzsichtig wie dämlich), jedoch endlich etwas von der Leine gelassen.
Was fehlt, ist das gewisse Over-the-Top-Gefühl an allen Fronten, Kleinigkeiten machen den Spaß aus, der Plot bleibt Nebensache, weil er sowieso nirgendwo richtig hinführt. Für die Figuren ist hier nicht Überleben die Maxime, sondern "Coming-of-Age", denn sie sind in gewisser Weise alle noch Kinder. Und so bleibt der Film episodisch in der Handlung und nur fließend in Charakterentwicklung.
Vor allem die Episode mit Bill Murray (der tatsächlich noch lebt) ist dann irgendwie fremd in der Handlung (obwohl sehr lustig) und führt eigentlich nirgendwo hin, aber da wir es hier eben nicht mit einer Parodie zu tun haben, sondern mit einem schrägen Blick auf ein ernstes Thema kann man es irgendwie akzeptieren.
So wundert es auch nicht, daß der Goregehalt relativ zahm ausfällt, hier soll nicht graphisch auch noch das letzte Detail ins Bild geholt werden, es wird auch so genug geschossen, weggesprengt oder vollgesabbert - die Masken sind wirklich auf dem neuesten Stand - und die Matscherei gehört eben jetzt zum Leben, warum ihr also mehr Beachtung schenken als einem Job, den man machen muß und bei dem man unaufhörlich nach einer Möglichkeit sucht, ihn sich etwas spaßig zu gestalten.

So ist "Zombieland" eigentlich gar keine Komödie, sondern mehr ein ironisches Drama, das eher leicht ausgespielt wird und mitunter zum Lachen reizt - und leider genau dann am schwächsten, wenn es wirklich eine Komödie sein soll.
Man kann sich also hier auf einem guten technischen Stand auf relativ frische Art und Weise locker unterhalten lassen, aber auch nichts Spezielles mehr - was einem wirklich legendären Ruf am Ende im Weg stehen wird. Aber wer wird denn meckern, solange es so unterhaltsame Fußnoten gibt... (7/10)

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