Review

Nach der rabiaten Verkürzung des zweiten Romans in Filmform gönnte man „Vergebung“, dem letzten Teil der Milleniumtrilogie, wieder mehr Laufzeit – eine durchaus weise Entscheidung.
Die Kenntnis des Vorgängers ist quasi zwingend vonnöten um den Abschluss der Reihe zu verstehen, setzt er doch direkt da an wo „Verdammnis“ aufhörte: Lisbeth Salander (Noomi Rapace) sowie ihr Vater Alexander Zalachenko (Georgi Staykov) sind nach dem Kampf auf Leben und Tod beide im Krankenhaus gelandet und kämpfen um ihr Leben. Leider ist dadurch ein geheimes Sicherheitsorgan, das Zalachenko jahrelang deckte, aufgeschreckt worden. Ebenfalls ein gefährlicher Gegner, doch einem Frauenmörder und Mädchenhändlern ein eher softer Gegner, da die Übelwichte in erster Linie durch Manipulation und weniger durch gewalttätige Maßnahmen Lisbeth ausschalten wollen.
Mikael Blomkvist (Michael Nyqvist) nimmt sich der Sache an, während Lisbeth mit schwersten Verletzungen ans Krankenbett gefesselt bleibt und die Staatsanwaltschaft überlegt sie wegen versuchten Mordes anzuklagen. Natürlich steckt auch dahinter die geheime Sektion, doch Lisbeth hat mehr Freunde als sie denkt…

An das Niveau des Erstlings „Verblendung“ reicht auch „Vergebung“ nicht heran, einen Fortschritt im Gegensatz zum zweiten Teil stellt er aber doch dar, was gerade angesichts der Vorlage nicht selbstverständlich ist. War das dritte Buch der Trilogie doch das schwächste, da eine der beiden Hauptfiguren zum Großteil lediglich ans Bett gefesselt daliegen konnte. An dieser Tatsache ändert man im Film auch nicht wirklich etwas, aber verkürzt die ellenlangen Bestandsaufnahmen im Krankenzimmer auf wenige prägnante Szenen und betont Lisbeths aktive Momente deutlich mehr, wodurch die Filmversion deutlich ausgewogener und temporeicher als das Buch rüberkommt, zumindest in dieser Beziehung.
Im Gegensatz zu „Verdammnis“ blieb der Mainplot weitestgehend intakt, die Auslassungen sind deutlich überlegter als im zweiten Teil: Erika Bergers (Lena Endre) zeitweiliger Weggang von Millenium fehlt wie andere, eher unwichtige Subplots, an der Verschwörungsgeschichte wurde weniger rumgestrichen, während der zweite Film den im Buch zentralen Mädchenhandelplot lediglich als Aufhänger für die Zalachenko-Geschichte nutzte. Handwerklich hat sich im Vergleich zu „Verdammnis“ dagegen wenig getan, Daniel Alfredson versteht es erneut den Stoff brauchbar für die Leinwand umzusetzen, das Gespür für düstere Stimmungen und menschliche Abgründe, das Niels Arden Oplevs „Verblendung“ auszeichnete, geht ihm leider etwas ab.

So fehlt „Vergebung“ der letzte Schliff, doch durchweg spannend ist der Mix aus Verschwörungsthriller und Gerichtsfilm schon. Wieder tragen Larssons stark erdachte Figuren die Geschichte über weite Strecken, wieder ist es das Raue, das Ungeschliffene, das Skandinavische an diesem Millenium-Teil, das ihn wohltuend von der Einheitskost aus den US of A abhebt. Die großen Überraschungen bleiben aus, da haben die Vorgänger bereits die meisten Twists verraten und man erahnt das Ende des Films bereits, doch „Vergebung“ beweist, dass man mit einem gut aufgebauten Spannungsbogen dann immer noch einiges erreichen kann.
Noomi Rapace reißt den Film weniger an sich als die Vorgänger, was auch an ihrer Rolle in diesem Teil liegt, was „Vergebung“ aber gar nicht schlecht bekommt: Eine Überdosis Salander wird verhindert. Michael Nyqvist ist zwar nicht ganz so schillernd, was auch an seiner Rolle liegt, aber legt sich sehr ins Zeug den Film dann zu tragen, wenn Rapace rollenbedingt inaktiv ist und er wird von dem bereits aus den Vorgängern bekannten Nebendarstellerensemble sehr gut unterstützt.

„Verblendung“ war bereits das Highlight der Trilogie, nach den Schwächen der „Verdammnis“-Adaption ist „Vergebung“ aber wieder ein Schritt nach vorne, gerade angesichts des Ausgangsmaterial. Er ist kompetent inszeniert, straight erzählt und spannend konstruiert, aber eben ein „nur guter“ Film, dem die Ecken und Kanten, die Abgründe des Erstlings ein wenig fehlen, die „Verblendung“ eben seine Sonderstellung einbrachten.

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