Es ist sehr interessant anzusehen, wie der Regisseur Daniel Alfredson aus dieser hochkomplexen Geschichte, mit vielen Namen und einer extrem verästelten Handlung, wie er es schafft, aus einem zweiten Teil eines Dreiteilers einen eigenständigen Film zu erschaffen, und trotz aller Kompliziertheit in den Beziehungen und Abläufen eine stringente und spannende Geschichte zu erzählen. OK, über stringent lässt sich streiten – Die vielen kleinen Nebenhandlungen, die alle irgendwann in den Hauptplot münden und die Puzzlesteinchen der übergeordneten Geschichte in die passenden Löcher schubsen, sind in der ersten halben Stunde nicht immer einfach nachzuvollziehen, das gebe ich zu.
Prinzipiell geht es um Dag und Mia, zwei junge Journalisten, die mit Hilfe von Michael Blomqvist den Zusammenhang zwischen Mädchenhandel und organisierter Kriminalität sowie deren Verstrickung in die höchsten Kreise Schwedens aufdecken wollen. Die beiden werden ermordet und auf der Waffe finden sich die Fingerabdrücke von Lisbeth Salander. Im Gegensatz zur stupiden Polizei glaubt Blomqvist natürlich an Lisbeths Unschuld und versucht, dies zu beweisen. Gleichzeitig werden wir, analog zur literarischen Vorlage, in die Vergangenheit Lisbeths zurückkatapultiert und lernen ihre Kindheit und Jugend kennen – Ihren Vater, dessen geheimdienstliche Geschichte, und insgesamt gibt es noch mehr Namen, noch mehr entsetzliche Ereignisse, und es ist eigentlich überhaupt kein Wunder, dass Lisbeth so wurde wie sie ist. Und trotzdem, nein: Gerade deswegen ist sie die Sympathieträgerin, gilt ihr unser Mitgefühl, ist sie für die Spannung und spannenderweise auch für die Action zuständig.
Und beides, Spannung und Action, sind erstklassig eingesetzt. Perfekt verteilt, stark inszeniert, der Zuschauer wird durch ein Wechselbad der Gefühle gejagt, muss sich enorm konzentrieren um in dem Sturm aus Namen und Ereignisse nicht den Faden zu verlieren, und findet sich am Ende mit einem hochgradig befriedigenden Bild wieder, dass seine immer befürchteten Ahnungen um die Korruptheit der sogenannten Eliten bestätigt, ist aber gleichzeitig außerordentlich zufrieden wegen der gesehenen Action. Hart, blutig, und dabei sehr realistisch inszeniert, immer auf einem hohen und konstanten Niveau, ohne aber in den Overkill eines US-amerikanischen Films zu verfallen: Als Paul und Miriam aus einem brennenden Schuppen versuchen zu flüchten sagt meine Frau, dass die beiden bestimmt den LKW nehmen der dort steht und mit dem die Wand durchbrechen. Nein sage ich, das tun sie nicht, denn dies ist kein amerikanischer Film. Dort würden sie den LKW nehmen, die Wand durchbrechen, und dann gerade noch rechtzeitig abspringen können bevor er explodiert. Alles Dinge, die dieser Film nicht nötig hat, bezieht er seine Spannung doch nicht aus reißerischer Hektik, sondern aus der grundlegenden starken Story und überzeugenden Schauspielern.
Letzten Endes ist aber vor allem der Unterschied zum ersten Teil VERBLENDUNG bemerkenswert: Dort eine etwas biedere Kriminalhandlung, hier ein moderner und intelligenter Thriller. Dort Schauspieler die oft wie gebremst wirken, hier vor allem eine Noomi Rapace die zeigen kann was sie drauf hat, und ihre nach diesem Film steil durchstartende Karriere sauber begründet. Dort ein Filmoriginal, welches vom Remake tatsächlich getoppt wird, hier ein klares Beispiel dafür, wie modernes Thriller-Kino aussehen kann, das kaum noch zu übertreffen ist. Eine gute und passende Fortsetzung mit sehr hohem Unterhaltungswert. Klasse! Und wie Paul und Miriam nun aus dem brennenden Schuppen flüchten können? Selber anschauen! Es lohnt!!