Ursprünglich war Stieg Larssons „Millennium“-Reihe auf wesentlich mehr Romane ausgelegt, doch der frühe Tod des Autors machte eine Trilogie daraus, die direkt in einem Rutsch verfilmt wurde.
Lisbeth Salander (Noomi Rapace) macht sich mit dem digital geraubten Geld aus der Wennerström-Affäre ein laues Leben, während Mikael Blomkvist (Michael Nyqvist) seine Zeitung Millennium zum geachteten Enthüllungsmagazin aufgebaut hat. Das neueste Thema Mädchenhandel. Jede Hauptfigur wird für sich vorgestellt, dass es nach dem Ende von „Verblendung“ zum Bruch kam, weiß nur der Kenner der Buchvorlage, denn man hatte die wenig kluge Idee aus dem Roman, der rund 100 Seiten stärker als Vorgänger war, einen Film zu stricken, der eine halbe Stunde kürzer als der erste Teil ist.
Jedoch hält man sich an das von Larsson vorgegebene Konstrukt, Lisbeths Betreuer Nils Bjurmann (Peter Andersson) sinnt auf Vergeltung, nachdem sie ihn im Vorgänger brandmarkte, und hier laufen die Handlungsstränge zusammen, da die von Bjurmann Beauftragten auch im Mädchenhandel drinstecken. Man tötet Mikaels Enthüllungsjournalisten nebst Freundin, auch Bjurmann muss sterben als es Komplikationen gibt, und Lisbeth stellt man als Hauptverdächtige hin. Vieles aus dem Buch wird weggelassen und simplifiziert, doch es funktioniert überraschend ordentlich für all diejenigen, welche die Vorlage nicht kennen.
Lisbeth taucht unter, während Mikael fest an ihre Unschuld glaubt und eigene Ermittlungen anstellt. Doch die beiden haben es mit gefährlichen Gegner zu tun, die zudem in ungeahnter Verbindung zu Lisbeth stehen…
„Verblendung“ überzeugte durch seine fesselnde Erzählung und die düstere Stimmung, die er auf fast elegische Weise verbreitete und das ganz ohne Durchhänger. „Verdammnis“ hingegen wirkt durch und durch gehetzt, was unter anderem an den Kürzungen gegenüber der Vorlage liegt. Gerade Mädchenhandelplot, der im Roman viel Raum einnimmt, wird enttäuschend schnell fallengelassen, zugunsten der Verstrickungen bezüglich Lisbeths Vergangenheit – letztere müssen drin sein, jedoch fragt man sich im Film teilweise, welchen Zweck der Aufhänger Mädchenhandel verfolgt. Für den Kenner der Vorlage klaffen unschöne Lücken in der eigentlichen Geschichte, der Nichtkenner hingegen stellt Fragen, die der Film nicht oder nur ungenügend beantwortet, wodurch „Verdammnis“ weder die eine noch die andere Zielgruppe zufriedenstellen kann.
So leiden auch die Hauptfiguren unter den Vereinfachungen der Verfilmung: Das besondere Verhältnis zwischen Lisbeth und Michael nur noch teilweise fassbar, wobei die Hauptdarsteller ihr möglichstes tun, um gegen die Simplifizierungen des Scripts anzuspielen. Gerade Noomi Rapace beweist Wandlungsfähigkeit der Rolle der gleichzeitig starken und in gewisser Hinsicht schwachen Lisbeth, während Michael Nyqvist hier mehr Platz zur Entfaltung bekommt als im Vorgänger, wo er klar die zweite Geige spielte. Auch sonst kann das Ensemble sich durchaus sehen lassen.
„Verdammnis“ mag sich also die Chance auf den Status als großer Film verbauen, doch trotz gewisser Kritikpunkte ist solide Krimikost herumgekommen. Daniel Alfredson als neuer Mann auf dem Regiestuhl besitzt nicht ganz das Gespür fürs Düstere und Nihilistische, was seinen Vorgänger Niels Arden Oplev auszeichnete, doch auch er findet meist treffende Bilder – gerade die Boxkampfszene in der Lagerhalle, bereits im Buch ein Highlight, wird hier schweißtreibend und hochspannend in Szene gesetzt.
Und tatsächlich lässt auch „Verdammnis“ den Zuschauer nicht kalt, gerade das clevere Zusammenlaufen von Lisbeths persönlicher Hintergrundgeschichte und der Mädchenhandelstory weiß zu gefallen und hat noch genügend Überraschungspotential für die Buchunkundigen. Und trotz der groben Auslassungen funktioniert der Plot noch mit ein paar Fragezeichen und Unstimmigkeiten, die den Spaß am Film nur wenig trüben.
Insofern ist „Verdammnis“ solides Genrekino geworden, brauchbar bebildert und ordentlich geschrieben, doch es fehlt einfach die Sogwirkung und die düstere Stimmung, die den Vorgänger ausmachten. Ein okayer Kriminalfilm, dem Buch unterlegen, aber relativ spannend – nur im Vergleich zum ersten Teil eine Enttäuschung, da qualitativ abfallend.