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Als Lisbeth Salander (Noomie Rapace) nach einigen Monaten Abwesenheit wieder nach Stockholm zurückkehrt, gilt ihr erster Besuch ihrem gesetzlichen Vormund, Rechtsanwalt Bjurman (Peter Andersson). Sie droht ihm mit seiner eigenen Waffe und erinnert ihn daran, dass er seine Berichte über sie sorgfältig zu verfassen hat, wenn er nicht möchte, dass die DVD veröffentlicht wird, auf der festgehalten wurde, wie sie von ihm vergewaltigt wurde.

Die Parallelen zum Beginn der ersten Teils "Verblendung" werden in dieser Auseinandersetzung offensichtlich, aber hier bedeuten sie gleichzeitig dessen Ende, denn Stieg Larsson erzählt in "Verdammnis" kein weiteres gemeinsames Abenteuer seiner zwei Protagonisten Salander und Blomkvist (Michael Nyqvist), sondern fängt ganz neu an. Damit wird erst deutlich, welche Rolle dem ersten Teil in dem auf zehn Romane ausgelegten Opus zukommen sollte - die der Einführung. Durch die Zusammenarbeit an einem konkreten Fall in einem klar umrissenen Umfeld, konnten die unterschiedlichen Charaktere des engagierten Journalisten und der einzelgängerischen Computerspezialistin ohne die üblichen Hintergrundinformationen verdeutlicht werden.

In "Verdammnis" gehen sie dagegen wieder ihre eigenen Wege und während Blomkvist - nach seinem Knastaufenthalt rehabilitiert - wieder sein altes Leben bei seiner Zeitung "Millenium" aufnimmt, hat sich an den Schwierigkeiten in Salanders Leben nichts geändert, weshalb es nur konsequent ist, dass die weitere Handlung sich an ihr orientiert. Nachdem sie ihren Vormund zurechtgewiesen hatte, versucht auch sie einen Moment lang, wieder ihre alten Beziehungen aufblühen zu lassen. Sie trifft sich mit Miriam Wu (Yasmine Garbi), einer früheren Geliebten, der sie ihre alte Wohnung überlässt, besucht ihren früheren Vormund in einem Altersheim und ihren ehemaligen Chef der Detektei, in der sie früher arbeitete. Aber Normalität stellt sich nicht lange ein, denn auf dem Heimweg muss sie feststellen, dass sie wegen zweifachen Mordes gesucht wird.

An diesem Punkt kreuzen sich erstmals wieder die Wege Blomkvists und Salanders, denn bei den beiden Toten handelt es sich um einen Journalisten und seine Freundin, die für "Millenium" eine kontroverse Story über organisierte Prostitution recherchiert hatten, die kurz vor der Veröffentlichung stand. Die Waffe, mit der die Morde ausgeführt wurden, gehört ausgerechnet Rechtsanwalt Bjurman, der aber nichts mehr dazu aussagen kann, da er selbst tot aufgefunden wird, wodurch Lisbeth Salander dem dritten Mordverdacht ausgesetzt ist.

Die Rolle der Polizei, die erst einmal Salander für schuldig hält und sie verhaften will, wirkt etwas konstruiert, da die Offensichtlichkeit, mit der hier eine Waffe mit Fingerabdrücken am Tatort hinterlassen wurde, zwangsläufig gegen ihre Beteiligung spricht, da ihre Professionalität und Intelligenz allgemein bekannt sein müssten, wofür allein schon der Fakt spricht, dass die Polizei sie nicht zu fassen bekommt. Ein wenig wirkt das wie der verzweifelte Versuch, die Haltung Blomkvists, der keinen Moment an ihre Schuld glaubt, als besonders eigenständig herauszukristallisieren, aber glücklicherweise sind diese Verstrickungen nicht von wesentlicher Bedeutung für die Story.

Viel mehr nimmt "Verdammnis" in diesem Moment wieder das Motiv der Recherche auf, zeigt Lasander auf der Suche nach den wahren Tätern und parallel Blomkvist bei eigenen Nachforschungen. Ihre unterschiedlichen Wege führen sie diesmal nicht einfach zu einer Lösung, sondern einerseits immer tiefer in Lasanders Vergangenheit, andererseits in gesellschaftliche Abgründe, deren gesamtes Ausmass genauso wenig abzusehen ist, wie die Frage, ob und wann sich ihre Wege wieder kreuzen, und ob sich dadurch klären kann, warum die Morde geschehen sind.

So sehr die Charaktere und die genaue Beschreibung der Suche nach den Hintermännern aus "Verblendung" vertraut sind, so sehr unterscheidet sich "Verdammnis" von diesem ersten, in sich abgeschlossenen Film. Das ständige Gefühl einer Bedrohung bleibt auch hier erhalten, aber es konzentriert sich nicht mehr auf einen Punkt, in dem die Geschehnisse kulminieren, sondern treibt seine Protagonisten ins Ungewisse - und damit den Betrachter zum dritten Teil (8/10).

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