Review

Barbie und Ken auf Mörderjagd 

Bruce Willis ist wohl der Held der ausgehenden 80er und frühen 90er Jahre. Mit Rollen wie jener des John McClane in „Die Hard“, des Joseph Cornelius in „Last Boy Scout“, des Butch Coolidge in „Pulp Fiction“ und des John Smith in „Last Man Standing“ hat er das Actiongenre geprägt wie kein anderer und ganz nebenbei dreckige Unterhemden und markige One-Liner zur neuesten Männermode erkoren. Ende der 90er kamen beachtliche Rollen in Filmen wie „Der Schakal“, „Das fünfte Element“, „Armageddon“ und schließlich „The Sixth Sense“ hinzu. Anfang des neuen Jahrtausends änderten sich jedoch die Sehgewohnheiten der Kinobesucher und Flops wie „Breakfast of Champions“ und „Kid“ folgten auf den Fuß. Man kann getrost behaupten, dass die Krimikomödie „Keine halben Sachen“ den einzigen wirklich guten Willis-Streifen im Zeitraum von 2000 bis 2005 markiert. In diesem Jahr schien sich der Actiongroßmeister schlussendlich mit „Sin City“ und anno 2006 mit „Lucky # Slevin“ langsam wieder im Actionolymp zu rehabilitieren. Mit einem weiteren Sequel seiner „Die Hard“-Reihe und einem Auftritt in „Planet Terror“ ging es kurz darauf einen weiteren großen Schritt Richtung Back-to-the-roots. Umso überraschender Bruce Willis, einen für mich eher bodenständigen Actionhelden, nun in einem glattpolierten SciFi-Film mit quasi-philosophischem Grundplot wiederzufinden. 

In einer nicht allzu fernen Zukunft ist es möglich einen menschenähnlichen Roboter, jeglichen Geschlechts und Alters, mittels Gedankenkraft zu steuern, seine gesamte Existenz auf diesen zu übertragen und somit quasi durch diesen zu leben. Dank dieser sogenannten Surrogates ist nichts mehr unmöglich. Es gibt nicht nur nahezu keine (sportlichen und sexuellen) Grenzen mehr sondern auch die Gelegenheit (je nach Vorliebe) seinen Alltag als junges Mädchen oder gereifter Gentleman zu durchlaufen. Dies führt zu einer Form der Sucht und der Entmenschlichung. Kurz nach Einführung der Surrogates wird nämlich bereits fast jede Aktion des täglichen Lebens von den menschenähnlichen Avataren durchgeführt. Der echte Mensch dahinter hält sich nur mehr in seinen eigenen vier Wänden bzw. in einer Art Ladekammer auf. Einige wenige Menschen rotten sich in maschinenlosen Ghettos zusammen und proben den Aufstand. In diesem aufgeheizten Umfeld kommt es zum ersten Mord seit Jahren - zwei Surrogates und ihre sie steuernden Menschen werden getötet. FBI-Agent Tom Greer (Bruce Willis) hängt sich zusammen mit seiner Partnerin (Radha Mitchell aus "Rogue" und "Silent Hill") an die Spur des Verdächtigen und durchlebt eine Jagd, die ihn an seine persönlichen Grenzen führt. 

Die Grundidee des neuesten Bruce Willis Streifens ist auffallend gut wobei vor allem die doch sehr kontroverse Ausgangssituation zu überzeugen weiß. Zwar wurden ähnliche menschengleiche Roboter beziehungsweise steuerbare Avatare schon in „Westworld“ und vor kurzem in dem nicht unbedingt weltbewegenden „Gamer“ umgesetzt, aber nicht in diesem globalen Ausmaß. Somit bietet die Story durchaus Potential für einen tollen SciFi-Thriller alla „Blade Runner“. 

Das Problem an der ganzen Sache ist nur, dass „Surrogates“ vom ersten Moment an verdammt klinisch und glattpoliert daher kommt und in vielen Momenten mehr an ein Computerspiel als an einen Kinofilm erinnert. Die Surrogates sehen extrem künstlich aus und erwecken einen dermaßen unwirklichen, Barbie-ähnlichen Eindruck, dass man sich nur schwerlich mit ihnen identifizieren kann. Es mag durchaus der Wahrheit entsprechen, dass dieser Umstand beabsichtigt ist, trotzdem wirkt es etwas übertrieben und vor allem emotionslos - in etwa so, als ob man Barbie und Ken 90 min dabei beobachten würde wie sie sich gegenseitig durch die Zukunft jagen. Aber selbst die wirklichen Menschen, die in slumartiger Umgebung wohnen, sehen nicht wirklich schmutzig und heruntergekommen aus, sondern wirken wie das, was sie auch sind, Darsteller in einem Film.  

Des Weiteren verabsäumt „Surrogates“ jeglichen konsequenten Spannungsaufbau. Jeder Schritt des Hauptcharakters ist vorhersehbar und bei näherer Betrachtung entpuppen sich sogar die Plottwists als relativ langweilig. Lässt man die gute Idee und die kritischen Untertöne weg bleibt nur mehr ein langatmiges, durch einige gut gemachte Action-Szenen aufgepepptes, lebloses Gerüst über, das auf keinen Fall 90 min zu füllen vermag. Außerdem konnte ich mich den ganzen Film über nicht des Gedankens erwehren, dass mich der Stil von „Surrogates“ dramatisch an „Paycheck“ erinnert. 

Auch Bruce Willis der, als einziger Hauptakteur, als Mensch durch die Handlung stolpern darf ist kein wirklicher Lichtblick und spielt wie nach einer Überdosis Valium. Als Draufgabe serviert Regisseur Jonathan Mostow ("Terminator 3", "U-571") wieder einmal ein Hollywoodende sondergleichen, dass der Friede-Freude-Eierkuchen-Mentalität, die in Tinseltown scheinbar vorherrscht, die Krone aufsetzt.  

Fazit
Relativ gute Effekte, Bruce Willis, eine gute Idee und etwas Sozialkritik auf der Habenseite stehen Vorhersehbarkeit, Langeweile, zu klinischer Plastizität und einem Hollywoodende gegenüber. Was bleibt ist ein durchschnittlicher Zukunftsthriller, den man sich getrost ansehen kann, das Geld für die Eintrittskarte aber auch anderwärtig gut aufgehoben wäre.

Details
Ähnliche Filme