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Mit „Night of the Running Man“ beweist Mark L. Lester, dass er im Thrillerbereich nicht ganz so versiert ist und lieber bei B-Action bleiben sollte – was ihn freilich nicht davon abhielt, sich in der Folgezeit verstärkt in dem Genre versuchen zu wollen (siehe „Insemination“, „The Ex“ oder „Stealing Candy“).
Jerry Logan (Andrew McCarthy) ist heruntergekommener Taxifahrer in Las Vegas. Eines Abends steigt ein Fahrgast in sein Taxi und bittet darum, möglichst schnell zum Flughafen gebracht zu werden. Der Mann wird allerdings verfolgt, man hält Jerrys Taxi an und ermordet den Fahrgast, als dieser fliehen will. Damit präsentiert Lester eine nette kleine Verfolgungsjagd zu Beginn, die aber nicht über den Genredurchschnitt hinauskommt. Aber immerhin hat die Figur des Jedermann, der in Schwierigkeiten gerät, einen leichten Hitchcock-Touch, obwohl „Night of the Running Man“ natürlich vulgärer, rabiater und unsubtiler als die Werke des Suspense-Meisters ist.
Der Fahrgast hat jedoch vor seinem Ableben einen Koffer in Jerrys Taxi vergessen und hinter dem ist die Mafia von Las Vegas her, da er ihnen gestohlen wurde. Man setzt den skrupellosen David Eckhart (Scott Glenn) auf das begehrte Stück an. Scott Glenn darf nach „Extreme Justice“ wieder die fiese Möpp für Lester spielen, wobei seine Rolle wirklich extrem skrupellos angelegt ist: Die Geliebte (augenscheinlich eine Prostituiere), die zuviel über ihn wissen will, überlebt ihre Neugier nicht. Damit sind die Karten verteilt, sehr ungleich: Hier der unscheinbare Durchschnittstyp, da der zu allem bereite Profikiller.

Jerry nimmt den Koffer mit nach Hause und öffnet ihn – es befindet sich eine Million Dollar in dem Gepäckstück. Da Jerry ahnt, dass man ihm das Geld nicht so einfach überlassen wird, beginnt er zu fliehen. Doch der brutale und gerissene Eckhart ist ihm dicht auf den Fersen...
Mark L. Lester hat den Film durchaus solide inszeniert, aber man hat schon Besseres von ihm gesehen. Optisch ist der Film auf ganz gutem B-Niveau, aber der Look wirkt nicht so cool wie z.B. „Showdown in Little Tokyo“ und an den gewählten Locations erkennt man manchmal ganz klar das limitiertere Budgets des Films (etwa bei Verfolgungsjagden auf kaum befahrenen Straßen). Ansonsten zieht Lester seinen Plot mit einigem Tempo vom Leder, so dass keine Längen auftreten. Die Spannung kommt aber trotzdem nur auf ein durchschnittliches Maß, da man eh den Ausgang der Geschichte ahnt und sich nur fragt, wie Jerry seinen Verfolgern dieses Mal wieder ein Schnippchen schlägt. Das ist im Grunde genommen ja kein langweiliges Grundkonstrukt, aber selten sind die Einfälle Jerrys wirklich raffiniert und er entkommt mehr durch glückliche Zufälle. Zudem ist Jerry leider auch eine reichlich profillose Figur, über die man so gut wie gar nichts erfährt. Das mag zum Jedermann-Charakter des Protagonisten passen, macht das Mitfiebern aber schwer.
Zudem umschifft das Drehbuch von Lee Wells, nach seinem eigenen Roman, auch diverse Klischees nicht. So wird der geschundene Taxifahrer nach einigen Verletzungen in der zweiten Hälfte in ein Krankenhaus eingeliefert, wo er auf die Krankenschwester Chris Altman (Janet Gunn) trifft, die nicht nur seine Helferin wird, sondern sich natürlich auch Rekordzeit in den Helden verguckt. Also weil das in solchen Filmen halt so sein muss, nicht weil der Film das irgendwie glaubwürdig rüberbringen würde. Auch die Mafiafiguren des Films sind kaum mehr als nutzenarmes Ausgestaltungsmaterial nach Schema F, da der Antagonist in erster Linie David ist – noch mehr Konzentration auf das Duell des Normalos und des Brutalos hätte „Night of the Running Man“ deutlich intensiver gemacht, denn so ist der Film trotz seines relativ hohen Tempos immer etwas beiläufig.

Auch an Action hat „Night of the Running Man“ kaum etwas zu bieten: Ein paar kleine Auseinandersetzungen und Verfolgungsjagden, die aber alle sehr kurz ausfallen. Dennoch sind die wenigen Actionszenen ganz solide inszeniert worden. Zimperlich geht es aber trotzdem nicht zu, denn vor allem David darf so einiges an Gemeinheiten auffahren, um Zeugen zu beseitigen, Informationen zu erpressen usw. Recht zynisch in ihrer Schadenfreude ist die Szene geraten, in der ein Straßenräuber ihn überfallen will und diesen Fehler böse bezahlen muss. Allerdings merkt man den Mordszenen auch an, dass sie der (teilweise selbstzweckhafte) Motor für manchen Subplot sind: Einige Mafiafiguren, die in das Verschwinden des Geldkoffers verstrickt sind, werden eigentlich nur eingeführt, damit David sie irgendwann dahinmetzeln darf.
Scott Glenn agiert sehr überzeugend als eiskalt mordender Bösewicht jenseits aller Skrupel und ist mit seiner Performance das Highlight des Films. Auch Andrew McCarthy nimmt man den abgewrackten und verkommenen Taxifahrer recht gut ab. Ebenfalls stark trumpft John Glover als zweiter Handlanger auf, der die Antithese zu David darstellt: Der eine ist ein kalt kalkulierender Mörder, der andere hat dagegen psychopathischen Spaß an seiner Arbeit. Janet Gunn dagegen fällt deutlich ab, ist aber auch in einer 08/15-Rolle als Helferin und Love Interest kaum gefordert. Die Nebendarsteller, darunter Las-Vegas-Legende Wayne Newton, haben da schon mehr Probleme, da viele von ihnen bestenfalls routiniert spielen. Fairerweise muss aber auch sagen, dass Glenn und McCarthy mit Abstand die meiste Screentime zu absolvieren haben.

„Night of the Running Man“ kann mit seinem sensationell fiesen Scott Glenn, dem hohen Tempo und den ruppigen Mordszenen durchaus B-Charme entwickeln, doch ansonsten verschenkt der eher actionarme Mark-L.-Lester-Thriller Potential: Zu blass bleibt die Hauptfigur, zu egal sind die Subplots und standardisiert ist die Hetzjagdgeschichte über den Durchschnittstypen, der von einem überdurchschnittlich brutalen Killer verfolgt wird.

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