Australien 1822: Der Verbrecher Alexander Pearce flüchtet zusammen mit sieben anderen aus einem unmenschlichen Gefangenenlager. In der weiten Wildnis von Tasmanien hoffen sie ihren brutalen Verfolgern zu entkommen. Sie ahnen nicht, dass sie für sich selbst die größte Gefahr darstellen. Von Verzweiflung und Hunger geplagt sehen die Flüchtlinge bald nur noch einen Ausweg: Kannibalismus.
Von Beginn an sollte man wissen, das dieser auf einer wahren Begebenheit beruhende Film kein kannibalenfilm im herkömmlichen Sinne ist, denn wer nun explizit in Szene gesetzte Härte erwartet, dürfte im Endeffekt eine eher herbe Enttäuschung erleben, denn ist dieses Werk doch nahezu vollkommen unblutig und ohne visuelle Härte ausgestattet, was aber dennoch keineswegs als Schwäche ausgelegt werden sollte. Vielmehr hat sich der Regissuer Jonathan auf der Heide bei der Erzählung dieser Geschichte auf die aufkommende Grundstimmung konzentriert, die beim Zuschauer doch ein recht hohes Maß an Tristesse und Beklemmung auslöst. Im Prinzip passiert eigentlich so gut wie nichts, es gibt keinerlei Action-Passagen zu begutachten, man wird lediglich mit der verzweifelten Flucht der Strafgefangenen konfrontiert, die sich fernab von jeglicher Zivilisation im australischen Urwald befinden. Und es sind gerade die hervorragend eingefangenen Bilder dieser "grünen Hölle", die hier für eine ungeheure Intensität sorgen, die sich ganz unweigerlich auch auf den Zuschauer überträgt. Man kann sich der beklemmenden Atmosphäre einfach nicht entziehen und kann förmlich die immer weiter ansteigende Hoffnungslosigkeit der Männer spüren, deren Hunger sich fast ins Unermessliche steigert, da der Urwald nichts Essbares hergibt, denn weder von Früchten geschweige denn von Tieren ist weit und breit etwas zu sehen, was das Überleben der Flüchtigen sichern könnte.
Vollkommen auf sich allein gestellt reift dann der furchtbare Entschluss in den Männern, das Mitglieder der Gruppe geopfert werden müssen, um das Überleben der anderen zu garantieren. Ganz bewust hat Jonathan auf der Heide hier auf explizite Gewaltdarstellungen verzichtet, lediglich die Tötungen werden ansatzweise ins Bild gerückt, ansonsten verlässt man sich insbesondere auf die vorherrschende Stimmung, die kaum bedrückender und schwermütiger sein könnte. Selbst als Zuschauer kann man die vorherrschende Tristesse fast körperlich spüren, wird man doch fast ausschließlich mit der farblosen Natur des Urwaldes konfrontiert, die eine schon äusserst deprimierende Wirkung erzielt, die sich auch im eigenen Sehverhalten niederschlägt. Das ganze Szenario schlägt dabei sehr stark auf das eigene Gemüt und man fühlt ein seltsames gefühl der Beklemmung, das sich fast wie eine zweite Haut über einen legt.
Hier kommt der Geschichte auch die extrem ruhige und bedächtige Erzählweise zu gute, die auf manch einen vielleicht einen vielmehr langatmigen Eindruck hinterlässt, jedoch in erster Linie dafür verantwortlich zeichnet, das das Geschehen seine ganze Intensität erst so richtig entfalten kann. Die kraftvollen Bilder, die zudem auch noch mit einem schwermütigen Score unterlegt sind, entfalten mit der Zeit ihre volle Wirkung und legen sich fast wie ein bleierner Schleier über den Betrachter, der sich der Faszination des Szenarios keinesfalls verschließen kann. Und das, obwohl sich die gesamte Härte des Geschehens einzig und allein in der eigenen Fantasie abspielt, was aber in vielen Fällen eine weitaus stärkere Wirkung haben kann, als wenn man eine gewisse Härte explizit in Szene setzt. Genau dieser Fall tritt bei "Van Diemen's Land" ein, denn selten habe ich einen Film über Kannibalismus gesehen, der im Prinzip ohne jegliche visuelle Härte eine solch starke Wirkung erzielen kann. Nicht ganz unbeteiligt sin daran auch die erstklassigen Darsteller, die den von ihnen dargestellten Charakteren genau das richtige Maß an Authenzität und Glaubwürdigkeit verleihen. Allein in der Mimik der Protagonisten kann man die schier hoffnungslose Situation ablesen, in der sie sich befinden, die Gesichter erscheinen vollkommen leblos und leer und in den Augen der Männer kann man die immer stärker werdende Hoffnungslosigkeit hervorragend ablesen.
Letztendlich ist "Van Diemen's Land" ein in allen Belangen überzeugender Film, der fast ausschließlich durch die Kraft seiner Bilder und die hervorragenden Darsteller einen äusserst nachhaltigen Eindruck beim Zuschauer hinterlässt. Trotz-oder gerade wegen seiner sehr ruhigen und bedächtigen Erzählweise wird dabei eine ungeheuer starke Intensität entfacht, die sich ganz automatisch auch auf den Betrachter überträgt. Auch wenn es sicherlich Leute geben wird die sich am bedächtigen Tempo der Geschichte stören werden, ist dies doch gerade die größte Stärke eines Werkes, das man sich keinesfalls entgehen lassen sollte, da man ansonsten einen stark nachhallenden Film verpasst, der sich förmlich in das Gedächtnis des Zuschauers einbrennt.
Fazit:
Jonathan auf der Heide hat mit "Van Diemen's Land" nicht unbedingt einen Film für das breite Mainstream-Publikum erschaffen, vielmehr dürfte die vorliegende Geschichte einer eher kleinen Zielgruppe zugänglich sein. Diese jedoch dürfte sich an einem intensiven und beeindruckenden Film erfreuen, der absolut faszinierend und einprägsam zugleich ist. Kraftvolle Bilder eines auf die Dauer deprimierend erscheinenden Schauplatzes legen sich auf das Gemüt des Zuschauers, der die ganze Laufzeit über ein starkes Gefühl der Beklemmung nie ablegen kann und grandiose Schauspieler sorgen für ein Filmerlebnis der höchsten Güteklasse. 8/10