Review

„Richtungswechsel"

Anlässlich der Fehlschläge der letzten Jahre tendierte die Wahrscheinlichkeit Cuba Gooding Jr. jemals wieder in einem halbwegs vernünftigen Film zu sehen geradewegs gegen null. Was der vor einer gefühlten Ewigkeit Oscarprämierte Mime an bodenlosen C-Granaten vornehmlich direkt in die Videotheken feuerte, war eine beherzte Einladung zum Fremdschämen und ließ einen ernsthaft an Verstand und Urteilsvermögen der Academy zweifeln. Man kann es wirklich niemand verdenken, wenn er einen großen Bogen um Wrong Turn at Tahoe macht, schließlich ist man mit dem guten Cuba einen kleinen Tick zu häufig falsch abgebogen.

Beißt man allerdings dennoch in den vermeintlich verwesenden Apfel, dann kommt es zu einer Geschmacksexplosion, die so keinesfalls zu erwarten war. Um es kurz zu machen, Wrong Turn at Tahoe ist eine B-Perle, wie man sie nur höchst selten in den verstaubten Regalen seines bevorzugten Filmverleihs entdecken darf. Ein kleiner, fieser Gangsterthriller, brutal, zynisch und beherzt kompromisslos.

Das Ausgangsszenario ist dabei nicht einmal sonderlich originell. Cuba Gooding spielt den Gelteintreiber und Auftragskiller Joshua, der seit Jahren nüchtern, sachlich und höchst effektiv die Drecksarbeit für seinen Boss Vincent (Miguel Ferrer) erledigt. Als Joshua von der geplanten Beseitigung Vincents durch den lokalen Drogendealer Frankie Tahoe (Noel Gugliemi) Wind bekommt, gerät eine Gewaltspirale in Gang, die ihre kleine Organisation zu verschlingen droht. Zumal die skrupellose Unterweltgröße Nino (Harvey Keitel) ebenfalls ihre Finger im ebenso dreckigen wie undurchsichtigen Spiel hat ...

Obgleich der Film eindeutig mit Gooding Jr. beworben wird, ist es in erster Linie Miguel Ferrer, der Wrong Turn at Tahoe zu einer absoluten Empfehlung macht. Knallhart, eiskalt und zum niederknien lakonisch, reißt er sämtliche Szenen an sich und spielt den übrigen Cast nonchalant an die Wand. Und das obwohl Cuba Gooding eine absolut glaubwürdige Vorstellung als Vincents rechte Hand abliefert und Harvey Keitel gewohnt souverän in seinen bewährten Gangstermodus schaltet.
Ferrers Galaauftritt ist allerdings nicht nur seiner Schauspielkunst, sondern vor allem auch den teilweise brillanten Dialogen geschuldet. Der ehemalige Stuntman Eddie Nickerson hat Vincent mit einer Reihe knackiger und staubtrockener Oneliner ausgestattet, wie man sie in einer solchen Dichte und Qualität schon gefühlte Ewigkeiten nicht mehr in einer B-Produktion genießen durfte. Eine durchaus reife Leistung für einen Drehbuchnovizen, dessen hauptsächliche Vorbereitung sich aus der Bewunderung für das Gangsterkino Scorseses und Tarantinos speist.

Regisseur und Alexandre Aja-Kumpel (High Tension, Hills have Eyes) Franck Khalfoun hat bereits mit dem spannenden und atmosphärisch dichten Horrorthriller P2 auf sich aufmerksam gemacht. Beides zeichnet auch Wrong Turn at Tahoe aus, mit dem Khalfoun die Glückstrefferbefürchtung souverän vom Tisch fegt. Trotz eines unaufgeregten Erzähltempos und dem Verzicht auf die auch im B-Kino inzwischen fest etablierte Stakattoschnipselei kommt nie Langeweile auf. Das liegt sicherlich auch an den zahlreichen und sauber inszenierten Actioneinlagen, die sich oft unvermittelt und eruptiv entladen und alles andere als zimperlich daherkommen.

Fazit:
Wrong Turn at Tahoe rückt den C-Gurkenking Cuba Gooding Jr. überraschend wieder ins Qualitätsrampenlicht. Der knackige Gangsterthriller kann nicht nur mit einem wendungsreichen Plot, sondern vor allem mit einer Reihe staubtrockener und sarkastischer Sprüche punkten. Miguel Ferrer gibt eine Galavorstellung als eiskalter und obercooler Gangsterboss und stiehlt den ebenfalls überzeugend aufspielenden Cuba Gooding Jr. und Harvey Keitel ein ums andere Mal die Schau.
Kompromisslos, hart und zynisch, ist Franck Khalfouns (P2) zweite Regiearbeit definitiv ein Geheimtipp. Zum „Wrong Turn" wird der Griff zu Cuba Gooding jr. diesmal jedenfalls nicht werden. Versprochen.

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