Review

Auf zu neuen Ufern!

„Eine ganz gewöhnliche Annihilation.“

Science-Fiction-Filme aus der DDR gibt es nicht viele, „Eolomea – Unheimliche Zeichen aus dem All“ aus dem Jahre 1972 ist einer davon. Regisseur Herrmann Zschoche („Leben zu zweit“) verfilmte eine Geschichte des Bulgaren Angel Wagenstein, die von Willi Brückner in Drehbuchform gebracht wurde. Koproduziert wurde der Film in der Sowjetunion und in Bulgarien.

„Das Bild des Sternenhimmels erregt mich noch immer!“

Irgendwann in der Zukunft: Bereits sieben Raumschiffe sind nicht von ihren Missionen zurückgekehrt. Als ein achtes Raumschiff verschwindet und als die Verbindung zur Raumstation „Margot“ abbricht, beraumt Professorin Maria Scholl (Cox Habbema, „Denn ich sah eine neue Erde“), die Leiterin der Station „Erde-Zentrum“, einen Krisenstab an, der über ein Verbot sämtlicher weiterer Raumflüge abstimmt. Diese wiederum will Professor Oli Tal (Rolf Hoppe, Tödlicher Irrtum“) unbedingt verhindern. Dieser empfing einst Signale aus dem Sternbild Cygnus, die als „Eolomea“ dechiffriert wurden. Heimlich arbeitet Tal an einer Kontaktaufnahme. Zusammen mit Kapitän Daniel Lagny (Ivan Andonov, „Männer auf Dienstreise“) und Prof. Scholl begibt er sich auf eine Reise zur „Margot“, in der Hoffnung, auch mehr Informationen über „Eolomea“ zu erhalten…

„Dieses ganze kosmische Abenteuer der Menschheit ist ein Schwachsinn!“

Ein psychedelischer Vorspann, kühn geschnittene Wechsel zwischen mehreren Handlungsorten und Zeitebenen, Zwischenschnitte, Rückblenden – oder Visionen? Es kann ein wenig dauern, bis man sich in Zschoches auf 70-mm-Material gedrehtem Film zurechtfindet, was die gelungenen, liebevoll mit Details versehenen Kulissen (z.B. ein Bahnfenster im Raumschiff mit Warnhinweis), Miniaturen und zeitgenössischen Spezialeffekte jedoch ebenso angenehm gestalten wie die beschwingte, sphärische und sehnsuchtsvolle Musik Günther Fischers. „Eolomea – Unheimliche Zeichen aus dem All“ ist international besetzt, ein für etwas Komik sorgender Roboter komplettiert das Ensemble.

„Die Toten sind lebendig und die Verrückten ganz normal!“

Daniel „Dan“ Lagny neigt zu kritischen Anmerkungen sowie fatalistischen Sprüchen und ist zwischendurch (oder wann auch immer) zurück auf der Erde von Luna-3. Sein Kollege Pierre (Petar Slabakov, „Goya oder Der arge Weg der Erkenntnis“) hat auf einem fremden Planeten schwarze Schattenwesen entdeckt und ist krank geworden, sein Körper ist übersät von schwarzen Flecken. In Richtung Sci-Fi-Horror entwickelt sich „Eolomea“ jedoch nicht, sondern verhandelt die Sehnsüchte und Ideale seiner Figuren, die dem Roboter Gewissensfragen stellen. Eine Silvesterfeier findet im All und zeitgleich auf der Erde statt, wobei selbst da verschleiert wird, in welchem Jahr „Eolomea“ denn nun eigentlich spielen soll. Zeit und Raum verschwimmen, einzig die Orientierung weniger Eingeweihter gen „Eolomea“ bleibt.

Das ist alles letztlich auch gar nicht so wichtig, denn in erster Linie ist Zschoches Kleinod eine Parabel auf den Alltagstrott im Sozialismus, dem junge Menschen notfalls auch ohne Möglichkeit zur Wiederkehr entfliehen wollen. Seltsamerweise scheinen dies die DDR-Zensoren nicht verstanden zu haben, jedenfalls wurde „Eolomea“ mit seiner Etablierung eines fremden Planeten als hoffnungsvollem Sehnsuchtsort und seinem Plädoyer für Ungehorsam durchgewunken.

Das macht „Eolomea“ zu einer sehenswerten, sowohl aus der Reihe üblicher Science-Fiction-Genrekost als auch des DEFA-Programms tanzenden Besonderheit, die insbesondere im Kino sicherlich ein echtes Erlebnis wäre – wenn auch dramaturgisch noch einige Luft nach oben ist. Fürs bundesdeutsche Privatfernsehen drehte Zschoche nach der „Wiedervereinigung“ Schoten wie „Natalie – Endstation Babystrich“. Ob sich damit seine persönliche Sehnsucht erfüllt hat, ist nicht überliefert. Die Ausnahmestellung „Eolomeas“ indes unterstreicht dies nur.

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