Review

Der  unbescholtene Familienvater Clyde Shelton wird Opfer eines nächtlichen Einbruchs und muss hilflos mitansehen, wie seine Frau und seine kleine Tochter von dem psychopathischen Kriminellen Darby vergewaltigt und brutal ermordet werden. Der zuständige, vom Ehrgeiz zerfressene Staatsanwalt Nick Rice hat kaum brauchbare Beweise, um Darby und seinen Komplizen verurteilen zu können. Um seine bislang hohe Verhaftungsrate nicht zu gefährden, geht er mit dem Haupttäter einen fadenscheinigen Deal ein, der ihn nach 3 Jahren aus der Haft entlässt, während sein Komplize - an den Morden gänzlich unschuldig - nach zehn Jahren in der Todeszelle hingerichtet wird.
Zeitgleich wird Darby, der Mann, der in jener Nacht die Frau und das Kind getötet hatte, bestialisch umgebracht...

Die Ausgangssituation von F. Gary Grays ("Verhandlungssache") neuestem Thriller erinnert an sattsam bekannte Rächerdramen, die in den 70ern mit Charles Bronson in "Ein Mann sieht rot" den Weg auf die Leinwände fanden, den selbst ernannten Rächer und die Selbstjustiz glorifizierten und in der jüngsten Vergangenheit mit "Death Sentence" dieser Linie konsequent treu blieben.

Doch "Gesetz der Rache" ist nur auf dem ersten Blick einer jener simplen "Death Wish"-Verschnitte, sondern erweist sich schon sehr früh als sehr komplexer Thriller, dessen Handlungsverlauf kaum durchschaubar, geschweige denn vorherzusehen ist.

Die Motivation des Rächers liegt wie in jedem anderen Film dieses Genre klar auf der Hand und ist nachvollziehbar - vor allem für Zuschauer, die selbst Frau und Kind haben und sich umso besser in die Situation hineinversetzen können.
Doch wo Filme wie die unzähligen Teile der "Death Wish"-Reihe konsequent den selbst definierten Regeln des Genres folgen, entwickelt sich "Gesetz der Rache" zu einem hundsgemeinen, wendungsreichen, raffiniert gestrickten Actionthriller, der in einem intensiven Katz- und Mausspiel zwischen dem rächenden Familienvater und dem gewieften Staatsanwalt gipfelt.

Nichts ist wie es scheint und nach und nach kommen Ermittler und Staatsanwalt dem Geheimnis des von Gerard Butler verkörperten Familienvaters auf die Spur: Clyde entpuppt sich als ein von der CIA ausgebildeter Taktiker, ein Organisator von Geheimoperationen und Mordkommandos. Er war der beste seines Fachs, seinen Gegnern stets einen Schritt voraus und hatte stets nur ein Ziel vor Augen: den Erfolg der Operation.
Als solches sieht er seinen Rachefeldzug an, geht mit taktischem Kalkül an sein blutiges Werk und zeigt  Staatsanwalt Rice (Oscar-Preisträger Jamie Foxx unterfordert) die Grenzen auf.

Anfangs sind es die Mörder seiner Familie, die aalglatten Verteidiger dieser Bestien, die auf äußerst einfallsreiche Art und Weise für ihre Taten bestraft werden. Doch als auch unschuldige Menschen dem blinden Rachegedanken Clydes zum Opfer fallen, wandelt sich der Rächer zum eiskalten, gewissenlosen Mörder, wobei der Zuschauer nur noch wenig Mitgefühl und Verständnis für ihn und seine Situation aufbringen kann.

Das ganze ist sehr wirkungsvoll und actionreich inszeniert und einen gewissen Einfallsreichtum möchte man Drehbuchautor Kurt Wimmer nicht absprechen, auch wenn er sich für seinen Thriller mehr als einmal bei anderen Filmen bedient hat:
die Folterszene ganz zu Anfang des Films ist zwar dezent inszeniert und das Grauen, dass folgen wird, findet fast ausschließlich in den Köpfen der Zuschauer statt.
Doch spätestens wenn die Kreissäge ertönt und später immer wieder die "Moral" durchblickt, die Lehre, die Clyde dem Staatsanwalt für die Zukunft mit auf den Weg geben will, fühlen sich geübte Zuschauer an "SAW" erinnert. Auch diverse Todesfallen - wie das zur Schußwaffe umfunktionierte Handy - lassen durchblicken, welchem "dreckigem" Vorbild hier teilweise nachgeeifert wird.
Das Duell zwischen dem vermeintlichem Täter, der seine Tat gesteht, und einem Mann des Gesetzes (hier der Staatsanwalt) ist bekannt aus "Das perfekte Verbrechen".
Und der geniale Plotttwist gegen Ende des Films ist genauso wie einer der Darsteller (Christian Stolte als Darby) aus dem US-Serienhit "Prison Break" entnommen.

Diese kleinen Leihgaben aus anderen Filmen dienen aber lediglich dazu, dem Zuschauer einen Film zu servieren, der einen vollkommen unerwarteten Handlungsverlauf nimmt und mit seinen überraschenden Wendungen und geschickt gelegten falschen Fährten, die eigentliche Thematik gekonnt variiert und dem Genre neue Impulse abgewinnt.

Doch bei allen Wendungen und Twists muss dem Drehbuchautor auch vorgeworfen werden, dass er vor allem gegen Ende seines Thrillers etwas übertreibt.
Ohne jetzt zu viel verraten zu wollen, aber der finale Anschlag von Clyde hat nun gar nichts mehr mit seinem Rachegedanken beziehungsweise seiner Lehre zu tun, die er vermitteln will, sondern macht aus ihm einen Terroristen und nimmt ihm somit jegliche Glaubwürdigkeit und anfänglich aufgebaute Charakterstärke.
Das daraus resultierende, konsequente Finale ist - hat sich der Zuschauer einmal mit den Twists angefreundet und sie durchschaut - sogar vorhersehbar und leider sehr enttäuschend, zumal der Film den Zuschauer mit einem bitteren Beigeschmack entlässt.
Denn - glaubt man dem Film - so ist Justitia keineswegs blind, sondern tatsächlich so korrupt und verkommen, wie Clyde sie kritisiert. Denn letzten Endes ist es die Judikative (die rechtsprechende Gewalt des Systhems), die zur Wiederherstellung der bürgerlichen Ordnung die Gesetze beugt und die verfassungsmäßigen Rechte eines Bürgers (auch eines Mörders wie Clyde) mit Füßen tritt und dies - im Falle des Staatsanwalts - legitimiert und folglich Selbstjustiz duldet, wenn es dem Allgemeinwohl zugute kommt.

F. Gary Grays Film ist von Anfang bis Ende unterhaltsam und sehr spannend und temporeich inszeniert, doch seine fragwürdige Aussage und das unglaubwürdige Finale verwehren "Gesetz der Rache" eine höhere Bewertung, als er vielleicht verdient hätte.

7/10

Details
Ähnliche Filme