Review

Zu den krudesten Ideen des Subgenres Naziploitation gehört die Vorstellung eines die Front begleitenden Bordellzuges mit willigen Frauen zur Hebung der Moral der kämpfenden Truppe - so zumindest dachte sich dies Alain Payet, ein französischer Regisseur Ende der Siebziger Jahre.

Dass diese Idee ohnehin eine reine Fiktion bleiben muss, da ein Zug grundsätzlich vorher zu verlegende Bahngleise benötigt und daher ohnehin keiner sich rasch ändernden Kampflinie folgen kann, außerdem gerade Bahngleise in Frontnähe von den jeweiligen Kriegsparteien ganz bewußt zerstört werden, um dem Feind die Nutzung dieser Infrastruktur zu verunmöglichen, all dies blieb dabei unberücksichtigt.

Herausgekommen ist ein weitgehend harmloses Filmchen, das im 2. Weltkrieg spielt und oben erwähnte Fiktion in Bilder umsetzen sich bemüht, mit freilich geringem Budget und den limitierten technischen Möglichkeiten der Siebziger Jahre.
Der Film, der aus 3 Versionen zusammengeschnitten und teilweise nicht synchronisiert und nicht untertitelt ist (worauf im Vorspann hingewiesen wird) enthält zudem ein wenig stock footage (Aufmärsche, Panzer) aus anderen Filmen. Mangels damaliger Verfügbarkeit von CGI-Effekten kann man ihm dies zwar nicht vorwerfen, dennoch hätte man sich bei bestimmten Dingen mehr Mühe geben können: So sind beispielsweise die Innenaufnahmen aus den "Waggons" in deutlich größeren Räumen gedreht als diese auf Schienen Platz gefunden hätten, außerdem fehlt das bahntypische Ruckeln und Schaukeln. Irgendein Marschlied, von dem nur ca. 20 Sekunden zur Verfügung standen, wurde zur Untermalung diverser Szenen x-fach aufgesampelt - eine akustische Tortur sondergleichen.

Die Herangehensweise an die Thematik 2. Weltkrieg ist in diesem französichen Film eine grundsätzlich andere als im deutschsprachigen Raum, was man sich stets vor Augen halten muß, wenn man dem Film zu folgen versucht. Eigentlich wird die Geschichte von Ingrid, der Chefin dieses fahrenden Bordells, erzählt. Ingrid (Monica Swinn) ist die Freundin irgendeines höheren Tiers (Frank Braña) und darf, nachdem sie ihre Eignung als Stripperin bewiesen hat, nun einige Hühner in jenem Zug beaufsichtigen. Dabei erlebt sie die eine oder andere unvorhergesehene Situation, aus der sie aber immer wieder gut herauskommt. Der Film besteht aus lose aneinandergereihten Szenen von im Zugbordell singenden (schlecht synchronisierten) NS-Knallchargen, diversen Soft-Sex-Szenen, die einer reichlich verklemmten Fantasie entspringen und selbstverständlich zu keiner Zeit explizit werden, sowie ein paar unbeholfenen "action"-Szenen, die das träge Geschehen voranbringen sollen (beispielsweise besoffene Wehrmachtssoldaten oder trashige Partisanen). Dazwischen ab und zu stock footage aus anderen Streifen. Das Meiste muß man sich dazudenken, eine Logik oder gar eine moralische Komponente sucht man in dieser braunen Klamotte vergeblich.

Überhaupt verzichtet der ganze Film auf Dramatik oder thrill, dafür gibt es neben oben Erwähntem einige dämliche und meist belanglose Dialoge und eben Ingrid, die sich in dieser Welt durchsetzen muß. Sie dominiert den ganzen Film, vom Casino-auftritt zu Beginn über beinahe jede Szene in diesem Streifen. Am Ende entschliesst sie sich, über einen Fluss zu den Amerikanern zu schwimmen und tanzt dann eben vor den begeisterten GIs. Wäre da nicht die belastete NS-Thematik, könnte man den Film - sehr frei interpretiert - auch "Ingrid - wie ich den Krieg überstand" oder "Ingrid - Lebensstationen einer Frau" betiteln.

Bei der deutschsprachigen Ausgabe (mir liegt die große Hartbox von X-Rated vor) passen Aufmachung und Film nicht recht zueinander. Da wäre als Allererstes der extrem reißerische Titel "Folterzug der geschändeten Frauen", der im französischen Original wesentlich dezenter und wahrheitsgetreuer "Spezieller Zug für die SS" (Train spécial pour SS) bzw. "Liebeszug für Hitler" (Train d'amour pour Hitler) lautet, da weder Folter noch Schändung gezeigt oder auch nur erwähnt wird. Weiters sind auf dem Cover verführerische Damen gezeichnet, die im Film überhaupt keine Entsprechung haben, dort agieren bestenfalls durchschnittliche bis teilweise wirklich häßliche Frauen... Erwähnenswert ist auch die amerikanische(!) Schlepptender-Dampfmaschine vor einem längeren Zug mit vierachsigen Wagen auf dem Cover... in realitas kriecht ein kleines französisches Maschinchen mit gerade mal 5 (hauptsächlich kurzen zweiachsigen) Wagen auf irgendwelchen Nebenstrecken herum... Weiters weist der Text am Rückcover auf "KZ-Insassinnen" hin, die unter Gewaltanwendung zu "Wehrmachtsnutten" ausgebildet werden. Tatsächlich aber wird im Film mehrfach darauf hingewiesen, daß es sich nicht um Nutten sondern um Freiwillige handelt, die als "Soldaten wie wir" zu gelten haben. Dies wird gleich zu Beginn im Offizierscasino, als auch später noch einmal erwähnt, z.B. als sich ein Hauptmann wortreich für die Annäherungsversuche seiner besoffenen Soldaten entschuldigt. Also genau das Gegenteil von dem, was auf dem Cover steht. Man könnte es auch dreisten Etikettenschwindel nennen...

Nein, der vermeintliche Folterzug hat bestenfalls einen gemütlichen Abend geschändet: 1/10.

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