Review

„Tech Noir"

Als 1984 der vergleichsweise billig produzierte Science-Fiction-Film „The Teminator" in die Lichtspielhäuser kam, ahnte kaum jemand, welch enormen Impetus er für die Karrieren von Hauptdarsteller und Regisseur, vor allem aber für die filmhistorische Bedeutung des Werkes an sich haben sollte. Der ehemalige Bodybuilding-Superstar Arnold Schwarzenegger hatte mit der Barbaren-Schlachtplatte „Conan" (1982) einen Überraschungserfolg gelandet, wurde aber als Schauspieler von der breiten Öffentlichkeit kaum ernst genommen, geschweige denn, dass man ihm einen längerfristigen Erfolg zugetraut hätte.
Regisseur James Cameron war sogar ein gänzlich unbeschriebenes Blatt. Der spätere Blockbuster-Gigant (u.a. „Titanic", „Avatar") hatte lediglich das von Publikum und Kritik gleichermaßen geschmähte Low Budget Sequel „Piranha II: The Spawning" (1981) vorzuweisen, ein trashiger Tier-Horror-Streifen, bei dem Cameron ursprünglich nur für die Effekte vorgesehen gewesen war. Bei so viel vermeintlicher Tumbheit vor und hinter der Kamera war nicht allzu viel zu erwarten, zumal die ebenfalls von Cameron erdachte Geschichte um einen in der Zeit zurück gereisten Killer-Cyborg auch nicht gerade dazu angetan war, die Hoffnung auf etwas Großes zu schüren. Zu all diesen wenig ermutigenden Faktoren kamen dann schließlich noch die geringen Produktionskosten von 6,4 Million Dollar, so dass die übliche B-Picture-Tristesse praktisch vorprogrammiert schien.

4 Sequels mit einem globalen Einspiel von knapp 1,5 Milliarden $, einen eigens für die Universal Studios gedrehten 3D-Minifilm („T2 3-D: Battle across time") sowie eine TV-Serie („Sarah Connor Chronicles") später, könnte die Fehleinschätzung nicht krasser ausgefallen sein. „The Terminator" war zwar kein Blockbuster im eigentlichen Sinn, spielte aber das zwölffache seines Budgets wieder ein und mauserte sich bereits in den 1980er Jahren zum absoluten Kultfilm für hartgesottene Actionfans.
Wie immer bei solchen Überraschungscoups treffen mehrere sich gegenseitig begünstigende Faktoren zusammen. Da wäre zunächst das der Handlung zugrunde liegende Thema der Apokalypse durch einen Atomkrieg. Mitte der 1980er Jahre war der Kalte Krieg in einer seiner heißesten Phasen und das damit verbundene Wettrüsten schürte allerlei Untergangsängste. Die düster-nihilistische Ausrichtung des Films heizte diese geschickt und wirkungsvoll weiter an. Zudem gab es offenkundig eine breite Affinität zum Zeitreise-Topos (1), bot dieser doch mannigfaltige Fluchtmöglichkeiten aus dem tristen Alltag bzw. Gelegenheiten bestimmte aktuelle Missstände gewissermaßen rückwirkend zu reparieren.
„The Terminator" hat also ungeachtet des Primats harter Action durchaus auch noch eine keineswegs nebensächliche, philosophische Komponente, was ihn von den allermeisten Genre-Kollegen seiner Zeit unterscheidet und auch abhebt. Die jahrtausendealte Frage nach dem selbstzerstörerischen Wesen der Menschheit wird hier ebenso aufgeworfen, wie der Diskurs über noch breiter angelegte, existentielle Fragestellungen wie „Woher kommen wir?", „Wohin gehen wir"? und „Hätten wir vielleicht auch irgendwo, irgendwann anders abbiegen können?". Schließlich wird auch der in der Chaostheorie entwickelte Schmetterlingseffekt angesprochen, denn durch kleine Veränderungen in der Vergangenheit ergibt sich möglicherweise eine erheblich veränderte Gegenwart und Zukunft.

Es ist bezeichnend für die düstere Grundausrichtung des Films, dass es die den Planeten bereits beherrschenden Maschinen sind, die ihre starke Postion noch unangreifbarer machen wollen, indem sie planen den spärlichen Widerstand der wenigen überlebenden Menschen schon in der Vergangenheit zu eliminieren, und nicht etwa menschliche Helden, die den Atomkrieg vor seiner Entstehung zu verhindern versuchen. So soll die in der Zeit zurückgeschickte Kampfmaschine T800 (Schwarzenegger) die Mutter des Anführers John Connor töten, um dessen Wirken komplett auszulöschen. Connor gelingt es lediglich einen menschlichen Beschützer (Michael Biehn als Kyle Reese) hinterher zu schicken, der allerdings dem praktisch unzerstörbaren Kampfroboter hoffnungslos unterlegen ist, zumal er nur die Waffentechnik der 1980er Jahre nutzen kann.

Diese schon auf dem Papier völlig aussichtslose Situation wird durch ihre Visualisierung noch potenziert. Schwarzenegger wird nicht müde zu betonen, dass es seiner Idee und im Anschluss seiner Überredungskunst geschuldet war, dass er nicht als Kyle Reese, sondern als Terminator besetzt wurde. Wie dem auch sei, einen Löwenanteil am Erfolg und insbesondere am Kultstatus des Films ist definitiv auf Schwarzeneggers Darstellung zurück zu führen. Die geforderte mimische Reduktion kam seinem naturgemäß immer etwas hölzernen Spiel geradezu entgegen und fing das latent fremdartige der Figur perfekt ein. Hinzu kam seine auch damals bereits enorme Leinwandpräsenz sowie seine gewaltige, körperliche Erscheinung, die dem Killer-Cyborg eine übermenschliche Aura verlieh und im Verbund mit dessen eiskalter Brutalität und gnadenloser Präzision zu einem der bedrohlichsten Schurken der Filmgeschichte machte. Kaum vorstellbar, das der zunächst für die Rolle vorgesehene Lance Henriksen eine auch nur annähernd ähnliche Wirkung erzielt und den Film vergleichbar geprägt hätte (2).

Wenn Schwarzenegger das (dunkle) Herz dieser Techno-Variation des Film Noir ist, dann ist James Cameron definitiv seine (finstere) Seele. Von Beginn an erzeugt der Regisseur eine düster-bedrohliche Atmosphäre und zieht gekonnt die Spannungschraube an. Vor allem Schwarzeneggers erster Auftritt, als er nackt aus einer von Blitzen angekündigten Kugel steigt und sich in einem Akt drastischer Brutalität auf Kosten dreier Straßenpunks neu einkleidet, stößt den Zuschauer unvermittelt in ein zunächst völlig undurchsichtiges und überaus gewalttätiges Szenario. Lange Zeit bleibt völlig unklar, warum Schwarzenegger es auf die Ermordung Sarah Connor abgesehen hat. Gleiches gilt für seine nicht menschliche Herkunft.
Diese aus dem Horrofilm entlehnte Atmosphäre wird durch das Setting zusätzlich verdichtet. Der Films spielt praktisch durchgängig nachts in dunklen Hinterhöfen und Nebenstraßen der Millionenmetropole Los Angeles. Cameron nutzt die wenig einladenden Locations geschickt als unübersichtliche und undurchsichtige Drohkulisse in der sein Killeroboter noch zusätzlich und umso wirkungsvoller Angst und Schrecken verbreitet. Die Polizei hinkt permanent hinterher, hält später die von Reese vorgebrachte Geschichte für ein ausgeklügeltes Hirngespinst und wird vom T800 recht unsanft für ihre Ignoranz bestraft. Als Zuschauer wiederum kann man sich in beide Seiten hinein versetzen und versteht ganz genau, dass hier kein gemeinsames Vorgehen möglich ist, womit die Ausweglosigkeit des ganzen Szenarios umso deutlicher wird. Das stärkt natürlich dann die ohnehin schon überlegene Postion des Terminators nicht unerheblich und steigert seine Gefährlichkeit noch zusätzlich. Auf die Spitze getrieben wird dieses Konzept dann im Schlussakt, als das metallene Endoskelett selbst nach erheblichen Schäden unbeirrbar seiner Tötungsprogrammierung folgt und so unaufhaltsam wie unzerstörbar scheint.

Der von Cameron auch in der Folge gern eingesetzte Michael Biehn („Aliens", „Abyss") dient in dieser von Gewalt, Hoffnungslosigkeit und Zynismus geprägten Welt als positiver Bezugspunkt und Identifikationsfigur für den Zuschauer. Zwar hat Reese durchaus auch resignative Züge, ist aber im Kern der hemdsärmelige, zupackende Held wider Willen, der in einer im Prinzip ausweglosen Situation das Nötige tut und dabei über sich hinaus wächst. Sein unaufdringlicher „Junge-von-nebenan"-Charme bildet einen auffälligen Kontrast zu Schwarzeneggers brachialer Larger-than-life-Darstellung, was nicht nur die Wirkung beider Figuren verstärkt, sondern auch den Angst einflößenden Grundton des Films.
Linda Hamilton als Sarah Connor steht vor allem inhaltlich zwischen den beiden Kontrahenten aus der Zukunft und scheint zunächst den klassischen, weiblichen Opferpart zu übernehmen. Inzwischen kennt man natürlich Camerons Faible für starke Frauenfiguren, so dass Connors (zart) initiative Entwicklung während des Films wenig überraschend ist. Für den damaligen Erstseher war dies aber sicher keine zwingend erwartbare  Kausalität, filmimmanent macht es aber durchaus Sinn, da nicht als ebenbürtiger Gegner angelegt ist und hinsichtlich des Finales mehr Handlungsoptionen zur Verfügung stehen.

Der stimmige Cast ist sicher eine der Stärken des Films, mindestens ebenso wichtig für die kultische Verehrung des Films in Fankreisen sind aber auch seine kompromisslose Härte und Stan Winstons Effekte bzw. sein Make-up-Design. In den wuchtig inszenierten Actionszenen - in erster Linie Feuergefechte und Verfolgungsjagden - setzt Cameron auf gnadenlose Brutalität und Geschwindigkeit. Der Terminator tötet brachial, schnell und naturgemäß ohne jeden Skrupel. Reihenweise trifft es dabei auch Unschuldige und Unbeteiligte, was dem Film in den USA ein R-Rating und in Deutschland eine ab-18-Beschränkung einbrachte. Von 1985 bis 2010 landete „The Terminator" aufgrund seiner vermeintlich zynischen Gewaltverherrlichung dann sogar auf dem Index, was seine Kultwerdung erst so richtig ins Rollen brachte.
Ikonographisch wurde auch Schwarzeneggers derangiertes Antlitz, bei dem das metallene Skelett unter der menschlichen Haut des T800 an mehreren Stellen sichtbar wurde. Dieses an Horror-Filme angelehnte Make-up machte Stan Winston praktisch über Nacht berühmt und begründete nicht zuletzt seine langjährige und höchst erfolgreiche (3 Oscars) Zusammenarbeit mit Cameron. Zwar waren die visuellen Effekte im Unterschied zum Sequel von 1991 („Terminator 2 - Judgement Day") - wohl vor allem budgetbedingt - etwas dünn gesät (3), mit dem metallischen Skelett des Terminators und dessen Auftritt am Ende des Films gelang Winston dennoch einer der nachhaltigsten Effekte mindestens des Science-Fiction-Kinos.

„The Terminator" war schon im Kino ein Hit - vor allem gemessen an seinen Produktionskosten -, die seltene Fusion aus Klassiker und Kultfilm stellte sich allerdings erst im Lauf der Folgejahre ein. Schwarzeneggers Aufstieg zum (Action-)Superstar dürfte dabei ebenso eine Rolle gespielt haben, wie der aus allen Poren dringende Mix aus Zynismus, Nihilismus und Pessimismus. Brad Fiedels synthetisch-wummerndes Titelthema sowie der markante Terminator-Spruch „I´ll be back" kamen zu höchsten popkulturellen Weihen und trugen ebenfalls ihren Teil dazu bei.
All dies kulminierte schließlich im Megaerfolg der ebenfalls von Cameron inszenierten Fortsetzung von 1991. Schwarzenegger stand im Zenit seiner Schauspielkarriere und machte den Killer-Cyborg spätestens mit „T2" zu einer der bekanntesten und populärsten Ikonen der Filmgeschichte. Die Grundlage für dieses Phänomen wurde aber bereits 7 Jahre früher gelegt. Nicht schlecht für ein günstig produziertes Science-Fiction-Filmchen, inszeniert von einem völlig unbekannten B-Regisseur und getragen von einem mimisch eher minder begabten, ehemaligen Bodybuilder.

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Anmerkungen:

(1) Produzent Steven Spielberg und Regisseur Robert Zemeckis landeten nur ein Jahr später mit „Back to the Future" (1985) einen globalen Superhit, der das Zeitreise-Thema mit einer humorvollen Coming-of-Age-Story verknüpfte und wie „The Terminator" sowohl zum Klassiker wie auch zum Kultfilm des 1980er-Jahre-Kinos avancierte.

(2)  Henriksen trat immerhin in einer Nebenrolle als Polizist auf, durfte dann aber „zur Belohnung" in Camerons nächsten SiFi-Hit „Aliens" (1986) doch noch als Cyborg ran, wobei er in der allerdings gänzlich anders angelegten Rolle eine ausgezeichnete Figur abgab.

(3)  Dennoch sind die kurzen Szenen der Kämpfe zwischen Menschen und Maschinen im Jahr 2029 angesichts des niedrigen Budgets überaus beeindruckend und wertig geraten.

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