Achtung die ganze Kritik ist ein SPOILER, nicht lesen vor erster Sichtung!
Michael Sheen hat ein Faible für historische Persönlichkeiten: erst Blair, und nochmal Blair, dann Frost und jetzt Clough (und bald wieder Blair). Sheen verschmilzt mit der Figur Brian Clough auf beeindruckende Art und Weise, das selbstsichere, zeitweilen arrogante Auftreten von Clough weiß er glaubwürdig zu vermitteln, seinen Hohn unterlegt er mit einem süffisanten Lächeln, wahlweise kann er aber auch mal ernst und entschlossen dreinblicken, z.B. wenn er auf die Frage, für wen er sich hält, mit ernstem Blick erwidert: "I'm Brian Clough". Bei aller Schauspielerei kann er sogar mit dem Ball jonglieren. In den weiteren Rollen glänzen Colm Meaney (auch toll: der kurze Schlagabtausch im Sportstudio zwischen Clough und Don Reavy) und Timothy Spall, Stephen Graham überrascht mit einer starken Performance als "Giftzwerg" Billy Bremner. Die Beziehung zwischen Clough und Taylor ist vllt. das Kernstück der Handlung, die beiden scheinen sich prima zu ergänzen, die Schwächen des einen sind die Stärken des anderen, Brian Clough scheint vor allem ein Talent darin zu haben, sich selbst zu inszenieren, Taylor ist der kompetente Mann im Hintergrund. Schöne Kulissen, authentische 70er-Jahre Optik und alte Originalmitschnitte versüssen zudem den Filmgenuß.
The Damned United fühlt sich gar nicht wie ein Biopic an, es ist vielmehr ein Drama, biographisch angehaucht mit ausgeklügelter Erzähltechnik. Das wird bereits durch die relativ kurze Laufzeit von 93 Minuten deutlich, die der Film veranschlagt, um die 44-tägige Odyssee Cloughs bei Leeds United zu erzählen. Rückblenden aus seiner Zeit bei Derby Conuty werden geschickt eingestreut, erzählen von dem Genie, aus einem abstiegsbedrohten Zweitligisten einen Champion zu formen, und Wahnsinn, ein Kündigungsschreiben einzureichen, um eine höhere Machtposition im Club zu bezwecken. Biopic-untypisch ist alleine die Person Brian Clough, ein arroganter, selbstverliebter, geschwätziger Typ, da bleibt nicht viel Spielraum zum Mitfühlen und Mitleiden, Clough ist kein Sympathieträger, anders als seine fiktiven und schweremütigen Pendants, dem blinden Pianisten, schizophrenen Mathematiker oder schwulen Bürgerrechtler. Clough ist einfacher gestrickt, ein Kindskopf, ein Draufgänger, der immer mal einen guten Spruch raushaut (mein Lieblingszitat: "I wouldn't say I was the best manager in the country. But I'm in the top one.") Will sagen, unter dem Aspekt eines Biopics ist The Damned United der kurzweiligste seiner Art. Man bekommt einen einzigartigen Einblick in den Alltag eines Fußballtrainers, sowohl an dessen guten wie auch an schlechten Tagen.
Am Ende wird die Figur dann doch recht liebevoll skizziert, die Selbsterkenntnis der eigenen Idiotie, die Aussöhnung mit Taylor und zu guter Letzt die Texteinblendung "Brian Clough remains the greatest manager the England team never had". Wobei das alleinestehend auch eine gewisse Diskrepanz zwischen dem was der Film bisher suggerierte, nämlich dass Clough ohne Taylor ein Niemand ist, und der Feststellung, dass Clough eigentlich einer der Besten war, birgt. Dass seine größten Erfolge eine Randnotiz bleiben, fand ich aber angesichts des flüssigen Erzähltempos und jeder Menge Charaktermomente ok, mehr hätte wahrscheinlich nur geschadet.
Der Film als solcher ist toll, keine Frage. Leider scheint er etwas inakkurat zu sein, wenn man Wikipedia Glauben schenkt. Seine Familie scheint jedenfalls nicht sehr erpicht gewesen zu sein. Der Film unterschlägt leider auch die Fehde zwischen Clough und Taylor, die unausgesöhnt bis zum Tod Taylors anhielt. Eine Texteinblendung hätte gereicht, war aber wohl nicht im Sinne eines harmonischen Ausklangs.
Fazit: Toller Cast, schöne Kulissen und viel britischer Charme.