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Als die Menschheit den Mond betrat, legte sich der Vampir Boya (Gordon Currie) für einen langen Schlaf zur Ruhe. Ein Vierteljahrhundert später wird er durch einen fehlgeleiteten Golfball unsanft geweckt. Der im Grunde friedliche Vampir irrt zuerst etwas ziellos umher, bis er plötzlich im Wagen des Taxifahrers Earl (Justin Louis) landet. Dieser hat derzeit arge Probleme mit den Schlägern des skrupellosen Verbrechers Stephen (David Cronenberg), die ihm immer wieder auflauern. Als Boya Earl kurz darauf hilft und die Männer in die Flucht schlägt, nimmt ihn dieser dankbar bei sich zu Hause auf. Dadurch lernt der Blutsauger auch die Kellnerin Molly (Helena Clarkson) kennen, die einen Donut-Laden betreibt, in dem Earl regelmäßig verkehrt. Anfangs ahnen die Beiden noch nichts von der wahren Natur ihres neuen Bekannten, was auch fürs Erste unwichtig ist, da sich die Verbrecher ebenso zurückmelden wie eine Exfreundin von Boya, die vor 25 Jahren von ihm sitzen gelassen wurde und alles andere als gut auf ihn zu sprechen ist...


Wer sich für Horrorfilme interessiert und sich demnach gelegentlich auch mal den einen oder anderen Vampirfilm zu Gemüte führt, der weiß, dass man sich auf diesem Sektor längst von den gängigen Konventionen entfernte, die noch vor einigen Jahrzehnten das charakteristische Bild eines Blutsaugers prägten. Die fiesen Gestalten mit den langen Eckzähnen sind schon lange keine aristokratischen Edelmänner mehr, die auf düsteren Schlössern hausen und mit Vorliebe Jungfrauenblut kosten. Stattdessen hat man auch dieses Subgenre einem neuen Zeitalter angepasst und stark modernisiert, Titel wie "Blade" oder "Underworld" beispielsweise präsentieren dem Zuschauer Vampire, die längst nichts mehr mit Dracula und Co am Hut haben.

Ebenfalls nicht so ganz typisch kommt der Blutsauger Boya aus der kanadischen Horrorkomödie "Blood and Donuts" aus dem Jahr 1995 daher, welcher menschlichem Blut schon lange abgesagt hat und sich stattdessen von Ratten und anderem Ungeziefer ernährt. Als er nach langer Ruhepause durch ein kleines Missgeschick eines Golfspielers wieder zu sich kommt, stolpert er prompt in das Leben der Donut-Verkäuferin Molly und des Losers Earl, die er fortan vor den Schergen eines Gangsterbosses beschützen muss. Zugegeben, das klingt alles außerordentlich skuril und lässt im Grunde auch auf einen sehenswerten Genre-Film hoffen, in dem sich Horror und Komik ausgleichend die Waage halten, doch Unterhaltung im Stil von "Fright Night" oder "From Dusk Till Dawn" ist es dann leider doch nicht, was Regisseurin Holly Dale hier ablieferte. Diese darf indessen auf keine all zu erfolgreiche Karriere zurückblicken und arbeitete nach "Blood and Donuts" beinahe ausschließlich für eher unbekannte TV-Serien.

Das hier besprochene Werk birgt zahlreiche interessante Ansätze und hätte bei richtiger Handhabung sicherlich zu einem spaßvollen Vampirfilm der etwas anderen Art werden können. Unglücklicherweise entschieden sich die Verantwortlichen aber für eine Inszenierung, die sich einfach nicht so recht auf ein Genre einlassen kann und stets munter zwischen Horror, Komödie und Drama hin- und herspringt. Vor allem letzteres will aber so garnicht in den Kontext des Films passen. Detailliert wird dem Zuschauer das unglückliche Dasein und die innere Zerissenheit des Blutsaugers Boya vor Augen geführt, der mit seiner langen Matte und der Lederkluft derweil aussieht, als hätte er in den Drehpausen für eine Glam-Rockband der 80er gespielt. Die Fixierung auf das Leiden des Vampirs, sowie die Einbindung einer alten Liebe, die sich nun dafür rächen will, vor vielen Jahren von ihm verlassen worden zu sein, trifft den Nerv des sonstigen Films überhaupt nicht und schaden dem Tempo enorm. Grundsätzlich ist absolut nichts dagegen auszusprechen, wenn Horror- oder Vampirfilme versuchen, ihren düsteren Figuren einen Hintergrund oder gar Charakter zu geben, hier wirkt es jedoch nur deplatziert.

Auch der Humorgehalt des Films stimmt nicht ganz mit dem überein, was die Beschreibung verspricht. Richtige Lacher sucht man über die komplette Filmlänge vergebens, ansatzweise humorvolle Momente lassen sich gar an einer Hand abzählen. "Blood and Donuts" ist somit nicht die erhoffte Horrorkomödie, sondern vielmehr ein Drama, welches mit den Elementen eines Horrorfilms angereichert wurde. Vampirisches oder unheimliches Treiben bekommt der Zuschauer in diesem Werk auch nicht all zu oft zu sehen, stattdessen wird krampfhaft versucht, eine Handlung zu erzählen. Blöd nur, wenn die dann nicht halb so interessant ist, wie sie es wohl gerne wäre und die meiste Zeit über träge und ohne eindeutige Genre-Zuordnung abgespielt wird. Mit etwas schwarzem Humor, mehr Action- und Horroransätzen und einem etwas bissigeren Vampir in der Hauptrolle wäre hier jedenfalls wesentlich mehr drin gewesen.

An der technischen Seite des Films ist zur gleichen Zeit nicht viel auszusetzen. Dass der Streifen bereits 13 Lenze zählt, ist ihm natürlich anzusehen, was aber nicht gegen ihn spricht, genau so wie das offensichtlich geringe Budget. In dieser Hinsicht wurde das Bestmögliche aus dem Vorhandenen rausgeholt, so dass die Inszenierung für sich betrachtet ordentlich ausgefallen ist. Die Schauspieler machen ihre Sache weiterhin auch ganz ordentlich, auch wenn Gordon Currie als Vampir einfach drastisch fehlbesetzt wirkt. Mit seiner Mähne und den Klamotten, die vielleicht vor einigen Jahrzehnten mal angesagt waren, wirkt er aufs Gröbste fehlplatziert und hätte dringend von einem passenderen Akteur ersetzt werden müssen. Von ihm abgesehen, gibt es an den Darstellern allerdings nichts auszusetzen. Justin Louis spielt einen charismatischen Loser, während Helene Clarkson die weibliche Love-Interest auch annehmbar verkörpert. Horror-Nerds dürfen sich derweil auf einen Auftritt von Kult-Regisseur David Cronenberg freuen, der hier in einer Nebenrolle hier als fieser Verbrecherboss agiert.


Den Zuschauer will beim Betrachten von "Blood and Donuts" einfach nicht der Eindruck loslassen, dass dieser Film selbst nicht so recht wusste, was er nun eigentlich sein will. Das Werk vereint die Charakteristika eines Horrorfilms, eines Dramas und einer Komödie, wird aber die Anhänger keiner dieser drei Genres begeistern können. Es ist nichts Halbes und nichts Ganzes, was einem von alledem geboten wird, so dass der Streifen lediglich noch durch einen eigenen, ganz speziellen Charme geringfügig zu unterhalten weiß. Hätte man sich jedoch mehr aufs Wesentliche konzentriert und einen schwarzhumorigen Film für die Horrorfraktion gedreht, würde "Blood and Donuts" sicherlich ganze zwei oder drei Klassen besser dastehen als in seiner jetzigen Form.

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