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In einer verrufenen Gegend der Pariser Banliues wird die übel zugerichtete Leiche des jungen Polizisten Mathias Rivoallan aufgefunden. Auf der Beerdigung fassen seine Kollegen Franck, Aurore, Ouessem und Tony daraufhin den Entschluß, das Gesetz in die eigene Hand zu nehmen und es den Mördern mit aller Härte zu vergelten. Schnell finden die korrupten Cops heraus, dass sich die für die Tat verantwortliche Markudis-Bande derzeit im obersten Stock eines verlassenen Hochhauses im Norden von Paris verschanzt hat, woraufhin die Vier das Gebäude noch in der selben Nacht bis an die Zähne bewaffnet stürmen. Die Aktion verläuft allerdings anders als geplant, sodass sich das rachsüchtige Quartett alsbald in der Gefangenschaft der von den beiden Brüdern Adewale und Bola angeführten Bande befindet. Diese scheinbar ausweglose Situation soll sich jedoch schon kurz darauf als das geringste Problem aller Anwesenden herausstellen, als plötzlich die Zombie-Apokalypse über Paris hereinbricht und auch das Hochhaus in kürzester Zeit von einer Hundertschaft mordlüsterner Untoter belagert wird. Um überhaupt den Hauch einer Überlebenschance zu haben, legen die beiden Gruppen ihren bleihaltigen Konflikt vorerst bei, doch auch gemeinsam scheint den unaufhörlich vorrückenden Zombiehorden kaum Einhalt zu bieten sein...


Seit ein gewisser George A. Romero den nach Menschenfleisch gierenden Untoten im Jahr 1968 mit seinem unscheinbaren und für ein Minimalbudget entstandenen Klassiker Night of the Living Dead salonfähig machte, hat sich das Subgenre des Zombiefilms längst zu einer der populärsten Spielarten des Horrorfilms entwickelt. Der seitdem stattfindenden, fortwährend gleichen Reproduktion altbekannter Ideen sowohl im Low-Budget-Sektor als auch im Mainstream ist es derweil aber auch zuzuschreiben, dass sich der versierte Genrekenner bei der Ankündigung eines neuen Zombieflicks längst nicht mehr in euphorische Vorfreude versetzt sieht. So langsam scheint das Interesse der Fans an wankenden Wiedergängern allerdings wieder zu steigen, was sich zumindest anhand des letztjährigen Erfolges von Zombieland ebenso erahnen lässt wie an den überaus hohen Erwartungen, die vielerorts in das apokalyptische Zombie-Blutbad La Horde gesetzt wurden. Letzterer hielt mit seinem Produktionsland Frankreich zudem ein ganz besonderes Ass im Ärmel, schließlich konnten sich die Franzmänner in den letzten Jahren mit derart hochkarätigen Titeln wie High Tension, Inside oder Martyrs immer wieder für kaltschnäuzige, schonungslose und ultrabrutale Genrekost empfehlen. Auch der Umstand, dass mit Xavier Gens ausgerechnet der Regisseur des nicht minder brachialen Backwood-Splatterfilms Frontier(s) als Produzent für Die Horde in Erscheinung trat, ließ den frankophilen Gore-Gourmeten das Wasser nur noch mehr im Munde zusammenlaufen. Schon die ersten Minuten der verheißungsvollen Zombie-Schlachtplatte machen dann allerdings unmissverständlich klar, dass das nun Folgende den hohen Erwartungen nicht einmal ansatzweise gerecht werden wird.

Für ein verhältnismäßig geringes Budget von 2 Millionen Euro inszeniert, ist Die Horde das zumindest auf technischer Ebene überzeugende Regiedebut von Yannick Dahan und Benjamin Rocher, die sich hiermit ansonsten kaum mit Ruhm bekleckern können. So enttarnt sich der endzeitlich angehauchte Zombie-Actioner des jungen Regie-Doppels in seinen 98 Minuten schnell als inhaltlich derartig austauschbar und festgefahren, dass selbst der genügsame Anhänger des Genres schnell von einer regelrechten Woge an Déjà-vus erschlagen werden dürfte. Sicher, richtig umgesetzt kann auch der x-te Aufguss der immergleichen Thematik noch das nötige Fundament für einen überzeugenden Genrehit bilden, schließlich gibt es letzten Endes nur eine limitierte Anzahl an Möglichkeiten, wie sich die althergebrachte Storyline der Zombie-Invasion variieren lässt. Auch die Idee einer Gruppe rachsüchtiger Cops, die in einem abrissreifen Hochhaus an der Seite einer Verbrecherbande von den obligatorischen Untoten belagert wird, tönt zunächst durchaus vielversprechend, bieten sich in diesem Plot doch ausreichend Konflikt- und Gefahrenpotenzial an, um die Laufzeit schweißtreibend und denkwürdig über die Runden zu bringen. Genau damit tun sich die Herren Dahan und Rocher dann allerdings ungemein schwer und lassen Die Horde trotz einiger brauchbarer Ansätze schnell zum einfallslosen Standard-Programm verkommen.
 
Nach einer kurzen Exposition kracht und knallt, spritzt und stirbt es sich zwar schon ganz ordentlich, zugegeben, doch kommt insgesamt nicht viel mehr als etwas heißer Luft und einer Vielzahl allzu wahllos eingestreuter Ballerorgien beim Zuschauer an, der sich in der nicht immer straff gehaltenen Zombie-Sause zudem mit der einen oder anderen Länge konfrontiert sieht. Dies wäre womöglich noch zu verschmerzen gewesen, wenn uns die Drehbuchautoren für die Dauer ihrer orierentierungslos durchs Dunkel tappenden Besinnungsphasen zumindest mit einigen sympathischen Charakteren versorgt hätten, doch in dieser Hinsicht fällt Die Horde dann leider vollends durch. Sowohl die Figuren der Cops, als auch die der Verbrecher sind ausnahmslos schablonenhaft angefertigte Abziehbilder wirklicher Charaktere, die sich durch permanent dämliche Sprüche und unsinnige Aktionen zudem schnell zum hauptsächlichen Störfaktor des Films mausern. Bis auf die interessante Nebenfigur eines waffenversessenen und nicht sonderlich zurechnungsfähigen Rentners entbehren die Charaktere allesamt jedweden Charismas, was die Suche nach einer Identifikationsfigur somit überflüssig werden lässt. Die Handlung hält sich derweil zu keinem Zeitpunkt mit derartig überflüssigem Ballast wie Innovationen oder Wendungen auf und führt seine unliebsamen Ballermänner schnurgerade von einer bleihaltigen Zombie-Hinrichtung zur nächsten, was Die Horde insgesamt mehr das Flair eines Videospiels á la Left 4 Dead als das eines dramaturgisch durchdachten Films verleiht.

All das wird für einen großen Teil des angepeilten Publikums glücklicherweise ohnehin nicht ins Gewicht fallen, so lange genug Eimer voller Kunstblut verschüttet werden, um einen über die sonstigen Schwächen hinwegsehen zu lassen. Dass das entsprechende Klientel goretechnisch dann auch einiges zu sehen bekommt, dafür spricht schon die Tatsache, dass Die Horde hierzulande ganze 6 Minuten einbüßen musste, um überhaupt einem erwachsenen Publikum zugänglich gemacht werden zu können. Eigentlich verwunderlich, denn obwohl das Werk ein brauchbares Spektrum blutigster Erschießungen und abgetrennter Gliedmaße bereithält, so muss sich sein Härtegrad im direkten Vergleich selbst dem rabiaten Splatter eines Land of the Dead geschlagen geben, welcher vor einigen Jahren noch unangetastet von der FSK durchgewunken wurde. Die Horde statuiert somit einmal mehr ein denkwürdiges Exempel unserer willkürlichen Zensurverhältnisse und erweist sich darüber hinaus nicht einmal als die erwartete Gore-Granate. Das wird auch von vereinzeltem CGI-Einsatz alles andere als wieder wett gemacht, der bei einigen ebenso übel aufstoßen dürfte wie die bescheidene, deutsche Synchronisation, welche die Glaubwürdigkeit der onehin nicht zu Höchstleistungen auflaufenden Schauspieler nicht sehr wohlwollend unterstreicht.  

Letzten Endes dürften es wohl vor allem die inzwischen sehr hohen Erwartungen ans französische Horrorkino sein, welche La Horde im Vergleich zu den bereits genannten Überfliegern regelrecht verblassen lässt. Doch auch fernab zu hoch gesteckter Vergleiche liefern die Regie-Neulinge Dahan und Rocher mit ihrem halbgaren Versuch eines klaustrophobischen Zombie-Schockers lediglich austauschbare Massenware mit dem inhaltlichen Anspruch eines Egoshooters ab, der zwar immer wieder kurzzeitig Unterhaltungswert aufblitzen lässt, diesen dann mit diversen Längen, stupiden Charakteren und einer steten Vorhersehbarkeit immer wieder kaschiert. Es bleibt daher zu hoffen, dass die Franzosen das Subgenre des Zombiefilms nach dem ebenfalls missglückten Mutants verlassen und sich wieder dem für sie geschaffenen Terrorkino widmen werden, denn da haben sie sich bisher stets als Meister ihres Fachs bewiesen.


La Horde
Frankreich 2009, 98 Min.
Freigabe: Ungeprüft
Regie: Yannick Dahan, Benjamin Rocher

Darsteller: Eriq Ebouaney, Jo Prestia, Jean-Pierre Martins, Aurélien Recoing, Claude Perron, Alain Figlarz, Laurent Demianoff, Yves Pignot, Antoine Oppenheim, Doudou Masta, Sébastien Peres, Cédric Boyer

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