Im Modehaus Contessa tragen sich schauderhafte Morde zu. Ein maskierter Killer geht um. Bald steht fest, das Modehaus steckt voller Intrigen, Drogen und übler Machenschaften. Inspektor Silvestri von der Polizei Roms tappt zunächst im Dunkeln…
Mario Bavas BLUTIGE SEIDE gilt als der Startschuss des Giallo-Kinos, sprich des italienischen Krimis mit Horrorelementen. Dessen Bestandteile waren stets 1.) ein psychopatischer (oft: Frauen-)Mörder, dessen Identität es zu erraten gilt, und 2.) blutige, optisch hochstilisierte Morde im Stich, Schlitz- und Würg-Bereich. Bava gilt als Wegbereiter für Großmeister Dario Argento und eigentlich des ganzen Slasher-Genres. Viele von Argentos Filmen, wie SUSPIRIA, ROSSO oder OPERA dürften ohne die Einflussnahme von Bava nicht möglich gewesen sein. Dies anzuerkennen ist wichtig, Bavas Werke einer Sichtung zu unterziehen aus filmhistorischer Sicht unumgänglich.
Dennoch steckt die große Giallo-Bewegung, die dieser Film nach sich zog, in BLUTIGE SEIDE noch merklich in den Kinderschuhen. Die Morde sind noch unblutig, die Optik noch die eines schrulligen Krimis á la Edgar Wallace, einzig der gesichtlose Meuchelmörder mit Trenchcoat, weißem Strumpf als Maske und Hut (er erinnert an den „Invisible Man“ im Ausgeh-Outfit) versprüht eine Spur von Grusel. Auch das Spiel mit den Farben (Räume werden je nach Stimmungslage in farbiges Licht getaucht) – eine Technik, die Argento bis zur Perfektion weiterentwickelt hat – ist hier nur im Ansatz vorhanden.
Ein paar ganz hübsche weibliche Darstellerinnen reißen da nur wenig raus, zumal der Plot auch alles andere als super spannend ausfällt. Leider eher im Gegenteil.
Was bleibt, ist ein schrulliger 70er-Jahre-Krimi. Eine Wertung, für die mich Giallo-Liebhaber bestimmt gerne steinigen würden. Wer Spannung, Suspense, blutige Morde und dichte Gänsehaut-Atmosphäre will, sollte vielleicht doch lieber zu VIER FLIEGEN AUF GRAUEM SAMT, PROFONDO ROSSO, TENEBRE, also den Frühwerken von Argento, oder zu A BLADE IN THE DARK von Bavas Sohn Lamberto greifen.
Fazit:
Für viele ein zeitloser Klassiker, für manch andere einfach nur langweilig, alt und ein etwas bunterer Krimi.