Mit diesem Film schuf Mario Bava ein neues Genre, den Giallo, eine Mischung aus Krimi, Psychothriller und Slasherfilm mit drastischen Mordszenen an überwiegend schönen jungen Frauen. „Blutige Seide“ war auch einer der ersten Gialli, die ich gesehen habe und ist für mich bis heute nach wie vor der beste (was auch für Italos im Allgemeinen gilt). Das fängt bei der Optik an, geht über die durchdachte Geschichte bis hin zur unvorhersehbaren Auflösung.
Im Mittelpunkt steht ein Modehaus, und eines Nachts wird das Model Isabella auf dem Heimweg getötet. Das ruft die Polizei auf den Plan, welche fortan an dieser noblen Adresse ermittelt. Kurz darauf findet sich das Tagebuch von Isabella, in dem pikante Details über viele ihrer Kollegen stehen. Demzufolge haben mehrere Leute ein Interesse an diesem Buch, was den Täterkreis eher erweitert als einschränkt und den Zuschauer zum Mitraten animiert. Es werden viele falsche Fährten gelegt, und anfänglich sieht es so aus, als könnte Jeder aus dem Umfeld des Modehauses der maskierte Killer im Trenchcoat sein. Das Buch geht durch mehrere Hände, produziert Mitwisser und weitere Opfer sowie ratlose Ermittler, bis das Geheimnis für den Zuschauer nach ca. 1 Stunde gelüftet wird. Doch das Spiel geht weiter, denn der Täter ist noch lange nicht davongekommen.
Diese gut ausgetüftelte Handlung wird in satten Farben präsentiert, und die Lichtspiele sind noch besser und atmosphärischer als die in Argentos vergleichbaren Werken wie „Suspiria“. Mag sein, dass Einige das anders sehen, aber Bava hat Argento hinsichtlich der Optik definitiv stark beeinflusst. Auch im Hinblick auf die Täterkonstellation nimmt „Blutige Seide“ eine Vorreiterrolle ein, die oft in ähnlicher Form wieder verwendet wurde. Wer den Film zum ersten Mal sieht, wird bestimmt überrascht sein, und bei wiederholtem Ansehen faszinieren immer noch die Kostüme, Drehorte und spannenden Szenen, in denen der Killer auftaucht. Außerdem ist die Art zu Töten für damalige Verhältnisse ziemlich derb ausgefallen, und bei weitem nicht nur auf Stichwaffen beschränkt wie in zahlreichen späteren Gialli. Für diesen Prototyp des Genres gebe ich fette 9 von 10 Punkten.